Vor rund zehn Monaten trat Sabine Hückmann als Chefin von Ketchum Pleon an, nun macht sie einen harten Schnitt: Der angeschlagene Agenturriese gibt den Standort Berlin auf. 19 Mitarbeiter sind betroffen. Damit nicht genug: Auch anderswo müssen Leute gehen.
Der Betrieb in der Hauptstadt, wo Pleon einst eine absolute Macht in der politischen Kommunikation war, wird zum Jahresende eingestellt. „Der Berliner Standort hat seit vielen Jahren Schwierigkeiten. Es wäre nicht möglich gewesen, diesen wirtschaftlich weiterzuführen“, sagte Hückmann.
19 Mitarbeiter verlieren zum Jahreswechsel ihren Job. Darunter ist auch Anja Rechtsteiner, die erst Mitte April die Leitung des Berliner Büros übernommen hatte. Sie kam von Fischer-Appelt. Hückmann: „Ich bedauere diese Entscheidung zutiefst. Obwohl wir nicht dazu verpflichtet sind, werden wir allen Mitarbeitern eine Abfindung zahlen.“
Zusätzlich müssen in Düsseldorf , München, Stuttgart und Frankfurt am Main insgesamt knapp zehn Mitarbeiter gehen. „Wir müssen – wie viele andere Agenturen auch – unsere Strukturen anpassen. Das Geschäft ist hochgradig volatil geworden, Projekte brechen vom einen auf den anderen Tag weg. Kunden beenden nach vielen Jahren über Nacht die Zusammenarbeit. Wir waren im Neugeschäft zwar nicht unerfolgreich, aber das reichte leider nicht“, sagte Hückmann.
Weitere Abgänge
Hückmann zufolge haben Stephanie Altemöller und Britta Gaffrey die Agentur auf eigenen Wunsch verlassen. Beide verantworteten das Geschäft in Düsseldorf.
Bis auf Weiteres wird Michaela Menken, Chief Data and Analytics Officer, die Leitung des Büros in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt übernehmen. Unterstützt wird sie dabei von Lutz Reuter, Head of Creative Development.
Personalchefin Beatrice Winkler wechselt zum Diätunternehmen Weight Watchers, das sich mittlerweile WW nennt. Winkler steigt als „Director People“ in die Geschäftsführung für Deutschland und die Schweiz ein.
Ralf Kuttruff, der im April als Finanzchef von Häberlein & Mauerer kam, ziehe es aus familiären Gründen zurück nach München, wie es hieß. Nachfolger ist Oliver Welz. Er kommt von BBDO.
Wie Hückmann das Ruder rumreißen will
Der einstige Agenturprimus steckt seit Längerem in der Krise.
Bereits Anfang 2017 kündigte die Agentur 18 Mitarbeiter. Hückmann-Vorgängerin Victoria Wagner hatte zwar viel versprochen (
„Mein Ziel ist es, dass die Agentur wieder die Nummer eins in Deutschland wird"), verließ Ketchum Pleon aber nach nicht einmal zwei Jahren als CEO der Gruppe.
Zu ihrem Abschied sagte Wagner: „Nach Restrukturierung und Neuausrichtung, der Etablierung eines gemeinsamen, starken Executive Boards und Leadership Teams für die Gruppe, der Entwicklung unserer Strategie für die nächsten Jahre sowie der erfolgreichen Zusammenführung der drei Agenturen ist die Gruppe gut für die Zukunft aufgestellt. Daher verlasse ich die Agentur mit einem guten Gefühl und bin sicher, dass sich Ketchum Deutschland weiterhin erfolgreich entwickeln wird.“
Davon kann nicht die Rede sein. Im Umsatz-Ranking von Pfeffer für das Jahr 2017 rangiert die Agenturgruppe, zu der neben Ketchum Pleon auch Brandzeichen und Emanate zählen, mit 46,36 Millionen Euro Honorarumsatz auf Platz drei. 2016 waren es noch knapp 49 Millionen Euro.
Angesichts der neuerlichen Hiobsbotschaften scheint der Abstieg der einstigen Agentur-Ikone weiterzugehen. Hückmann,
die Anfang Februar an die Spitze gerückt war, gibt sich kämpferisch: „Es muss jetzt Schluss sein mit den Restrukturierungen.“
Die 53-Jährige will der Agentur ein schärferes Profil geben und die Zusammenarbeit mit den Schwesteragenturen aus dem BBDO- und Omnicom-Netzwerk vorantreiben. Daten sollen dabei eine wichtige Rolle spielen: „Wir sind eine strategische Beratung, die kreative Umsetzung anbietet. Die Analyse muss künftig bei allem, was wir tun, die Grundlage sein. Alles was messbar ist, muss gemessen werden.“ Digitale Kommunikation und die Arbeit mit Influencern nennt sie als weitere Grundlage.
Unternehmens- und Markenkommunikation sollen die Hauptpfeiler bleiben. Als Wachstumsbranchen bezeichnete sie den Energie-, den Industrie-, Technologie- sowie den Automotive- und Mobilitätssektor sowie Digital Health.
In den Bereichen Krise, Issues, Change und CSR sei die Agentur nach wie vor stark. Public Affairs zählt nun endgültig nicht mehr dazu – in dem Feld will Hückmann mit dem Berliner Büro der ebenfalls zur Omnicom-Holding gehörenden Agentur Fleishman-Hillard kooperieren.
Von Daniel NeuenExklusive und aktuelle Nachrichten aus der Kommunikationsszene gibt es jeden Mittwoch und Freitag in unserem Newsletter. Kostenlos abonnieren unter http://www.prreport.de/newsletter/