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Kathrin Zabel
04.06.2015   News
"Personen werden unter Generalverdacht gestellt"
 
Die Kritik am Lobbyradar des ZDF reißt nicht ab. Das Tool soll eigentlich mehr Licht ins Dunkel der politischen Interessenvertretung bringen. Stattdessen wird seine Substanz in Zweifel gezogen und eine fehlende Einordnung der Daten bemängelt. Auch Kathrin Zabel, stellvertretende Vorsitzende des Arbeitskreises Public Affairs der Deutschen Public Relations Gesellschaft (DPRG), attestiert dem Radar Defizite und sieht Verbesserungsbedarf.


Frau Zabel, welche Aussagekraft messen Sie dem Radar bei, das sich aus öffentlich zugänglichen Daten speist?

Ich sehe darin lediglich eine technische Verknüpfung von verschiedenen öffentlich zugänglichen Datenbanken. Ich halte die Aussagekraft für zumindest zweifelhaft, da allein durch die Verknüpfungen und ihre optische Aufbereitung vermeintlich dunkle Netzwerke konstruiert werden, die mit der Realität wenig zu tun haben. Wer mehrere berufliche Stationen in seinem Leben durchlaufen hat, unterhält nach dieser Darstellung ein vermeintlich größeres Netzwerk als jemand, der nur an einer Stelle tätig war. Kann man es ernsthaft jemandem vorwerfen, sich beruflich zu verändern? Folgte man dieser Logik, müsste jeder, der sich häufig neue Laufschuhe kauft, auch zwangsläufig ein hervorragender Marathonläufer sein.

Wie schätzen Sie die Befürchtung ein, dass der Leser die angebotenen Informationen in erster Linie zu Ungunsten der Personen auslegt und also die Daten zu deren Vernetzung vor allem einen Negativeffekt haben könnten?

Ich kann sie nachvollziehen: Die dargestellten Verbindungen werden weder überprüft, gewichtet und schon gar nicht erläutert. Es bleibt dem Nutzer überlassen, sich unkommentiert daraus ein Bild zu machen - wie auch immer dies dann aussehen mag. Es ist völlig unklar, nach welchen Kriterien die Personen ausgewählt und auf den "Radar" genommen wurden. Allein durch den Titel "Lobbyradar" wird suggeriert, dass alle hier aufgeführten Personen Lobbyisten sind, da sie ja ansonsten nicht in dieser Datenbank aufgeführt wären. Ob jeder Bundestagsabgeordnete, der hier aufgeführt ist, damit einverstanden ist, wage ich zu bezweifeln. Aufgrund der Aufmachung und der fehlenden Aufbereitung und objektiven Auseinandersetzung mit der Gesamtthematik "Transparenz im Lobbying" werden somit alle hier aufgeführten Personen unabhängig von ihrer Position und Funktion unter Generalverdacht gestellt.

Die Debatte um Transparenz im Lobbying wird bereits sehr lange - und bisweilen emotional - geführt. Wo stehen wir aus Ihrer Sicht?

Die Diskussion um Lösungskonzepte für mehr Transparenz in der Interessenvertretung ist schon viel weiter als es das Für-und-Wider um ein "Lobbyradar" unterstellt. Die DPRG unterstützt die Forderung nach mehr Transparenz in der Interessenvertretung im politischen Raum. Interessenvertretung ist ein wesentlichen Eckpfeiler unserer pluralistischen Demokratie und leistet im Prozess der politischen Willensbildung einen wichtigen Beitrag. Es sollten also Informationen und Aufklärung über grundsätzliche Abläufe und Willensbildungsprozesse im Vordergrund stehen, um das Vertrauen in die Politik und das Funktionieren unserer pluralistischen Demokratie zu stärken. Die Einführung eines verbindlichen Lobbyregisters kann dabei ein weiteres Element sein, welches mehr Transparenz über die handelnden Personen ermöglicht. Dieses Register sollte meiner Ansicht nach alle Interessenvertreter umfassen, wobei der Anwendungsbereich und die detaillierte Ausgestaltung noch zu definieren sind. Die Nennung von Kontaktdaten, thematischen Arbeitsschwerpunkten sowie die prozentuale Auflistung der Einkommensquellen von Interessenvertretungen können zu mehr Transparenz beitragen.

Kathrin Zabel ist stellvertretende Vorsitzende des Arbeitskreises Public Affairs der DPRG. Die Fragen stellte Uwe Förster via E-Mail.


 

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