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News / „Eine Lehrstunde für uns alle“
Eugenia Lagemann (Foto: Fischer-Appelt)
17.12.2025   Wissen & Praxis
„Eine Lehrstunde für uns alle“
Zum 60. Geburtstag des PR Reports haben wir renommierte PR-Profis nach Meisterleistungen der Kommunikation gefragt. Eugenia Lagemann schreibt über Taylor Swift.
Kaum eine Künstlerin bewegt derzeit emotional, medial und wirtschaftlich so viele Menschen wie Taylor Swift. Was mit Country-Pop begann, ist heute eine globale Bewegung, eine Marke, ein kulturelles Phänomen. Doch was Swift so außergewöhnlich macht, ist nicht nur ihr musikalisches Talent, sondern ihre beispiellose Kommunikationsstrategie. Sie ist ein Meisterstück strategischer Selbstvermarktung und eine Lehrstunde für uns alle, die wir Kommunikation gestalten.
 
Taylor Swift hat früh verstanden: Menschen folgen Geschichten, nicht Produkten. Ihre Karriere ist durchzogen von sorgfältig inszenierten, aber immer authentisch wirkenden Erzählungen. Ob Trennung, Freundschaft, Selbstermächtigung oder ihre Verlobung, sie gibt persönlichen Erfahrungen eine universelle Lesbarkeit. Ihre Lyrics sind Miniaturen emotionaler Wahrheiten, die ihre Community tief berühren. Diese emotionale Resonanz erzeugt nicht nur Nähe, sondern Loyalität.
 
Verständnis für Plattformlogiken
Dabei ist Swift nicht passiv, sondern eine aktive Regisseurin ihres Narrativs. Sie nutzt dabei Affekte, insbesondere Nähe, Nostalgie und Empowerment, strategisch. Jede Albumveröffentlichung, jedes Statement ist Teil einer größeren Storyline. Ihre „Eras Tour“ ist dafür ein Paradebeispiel: Sie inszeniert nicht nur ein Konzert, sondern eine Retrospektive ihrer künstlerischen Epochen und das mit hoher symbolischer Dichte und emotionaler Anschlussfähigkeit. Ihre Konzerte sind nicht nur Shows, sondern Erlebnisse, die durch Interaktion mit ihren Fans geprägt sind.
 
Swift versteht Plattformlogiken wie kaum eine andere. Sie weiß, wann und wie sie Inhalte auf Instagram, Tiktok oder Youtube streut, um maximale Wirkung zu erzielen. Besonders bemerkenswert ist ihre Fähigkeit, Nähe zu erzeugen, ohne die Kontrolle zu verlieren. Sie spielt mit Intimität, ohne privat zu werden – eine hohe Kunst in einer Welt, die Authentizität oft mit Schonungslosigkeit verwechselt. Sie bezieht ihre Fans in Instagram-Posts mit ein und ermuntert sie, das „Taylorverse“ mitzugestalten.
 
Ihre Fanbasis – die „Swifties“ – behandelt sie nicht als Zielgruppe, sondern als Mitgestalter:innen. Exklusive Hinweise, geheime Botschaften in Songtexten, versteckte Details in Musikvideos: Swift versteht Community-Building als interaktives Spiel. Das Ergebnis ist ein kollektives Gefühl der Teilhabe und ein fast schon religiöser Zusammenhalt.
 
Was Marken von Swift lernen können
Taylor Swift ist zugleich CEO, Kreativdirektorin und Markenbotschafterin ihrer selbst. Sie hat zentrale Rechte an ihrer Musik zurückerobert, eine eigene Dokumentation produziert, strategische Partnerschaften mit Unternehmen wie Apple oder Ticketmaster verhandelt – und dabei stets kommuniziert, warum sie tut, was sie tut. Diese Transparenz macht sie vielleicht angreifbar, aber vor allem glaubwürdig.
 
Marken können von ihr lernen, wie man emotionale Bindung aufbaut, ohne Authentizität dem Zufall zu überlassen. Ihre Kommunikation zeigt: Haltung, Storytelling und Community-Bindung sind keine Add-ons, sondern integraler Bestandteil strategischer Markenführung. Swift beweist, dass Klarheit in der Botschaft, Mut zur Emotion und langfristiges Denken die Bausteine einer erfolgreichen Kommunikation sind.
 
Taylor Swift ist mehr als ein Star. Für mich ist sie ein Meisterstück dafür, wie strategische Kommunikation im digitalen Zeitalter funktioniert. Sie zeigt, wie man Affekte nutzt, ohne manipulativ zu wirken. Wie man Nähe schafft ohne Beliebigkeit. Und wie man als Marke lebt, atmet und inspiriert. Wer verstehen will, wie Kommunikation heute wirkt, sollte durchaus öfter mal in Swifts Songtexten lesen. Oder besser: zuhören. 
 
Tipp: Legendäre Kampagnen, ikonische Marken, mächtige Narrative und Worte, die die Welt bewegten: Unser Special zu den größten Meisterleistungen der Kommunikation lesen Sie im PR Report 5/2025. Wir zeigen darin auch, welche zeitlosen Lehren sich daraus für die Praxis ableiten lassen.

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