Laut einer Umfrage von FTI Consulting setzen 93 Prozent der Investoren weltweit KI-Tools zur Bewertung der Unternehmensreputation ein. Was diese Tools liefern, ist also für viele Unternehmen geschäftskritisch – aber nicht immer einwandfrei.
Die Kommunikationsberatung hat mit ihrem "KI-Reputationsmonitor", der unter Leitung von Managing Director Romina Gerhards zustande gekommen ist, erstmals untersucht, wie stark der KI-Chatbot Chat GPT das Bild von Dax40-Unternehmen und ihren CEOs beeinflussen kann. So weisen 83 Prozent der Dax40-Konzerne mindestens ein reputationskritisches Thema in der Darstellung bei Chat GPT auf. Bei diesen Themen handele es sich häufig um schwache Geschäftsergebnisse, Umweltfragen oder Rechtsstreitigkeiten. 40 Prozent der Konzerne seien gleich mit zwei, 20 Prozent sogar mit drei oder mehr Risikothemen belastet.
Anlass zur Sorge: Es handelt sich der FTI-Studie zufolge nicht immer um objektiv vorhandene oder graduell richtig erfasste Risiken. Der Chatbot neigt demnach dazu, komplexe Themen zu vereinfachen, Fakten mit veralteten Informationen zu vermischen und positive Narrative zu vernachlässigen. Fehleranfällig erweist sich die KI beispielsweise bei juristischen Auseinandersetzungen. FTI nennt den Fall eines rechtlich nicht verurteilten Akteurs, den Chat GPT fälschlich auf eine Stufe mit haftbaren Parteien stellt und dabei den Kontext und rechtliche Bewertungen ignoriert. "Fast jedes zweite Unternehmen wird mit Rechtsrisiken assoziiert, die oft verzerrt oder unzutreffend dargestellt werden", sagt Gerhards.
Das Reputationsrisiko der Unternehmen kann sich der Studie zufolge auch durch KI-Suchergebnisse für ihre jeweiligen CEOs erhöhen. 70 Prozent der Dax40-Vorstandschefs haben demnach ein risikobehaftetes KI-Profil, Chat GPT nennt bei einer Abfrage zur Person mindestens ein potenziell schädliches Thema. Dazu gehören gesellschaftliche Kontroversen, persönliches Fehlverhalten oder Managementversagen. In 55 Prozent der Fälle verknüpft Chat GPT Unternehmen mit potenziell kritischen Themen, indem der Chatbot beispielsweise Krisen, die es nicht mit dem Unternehmen verbunden hatte, personifiziert. Bemerkenswert ist auch, dass in etwa einem Drittel der Fälle Chat GPT mehr Risiken über den CEO als über das Unternehmen selbst liefert.
Unterschiede bei den KI-Suchergebnissen gibt es auch zwischen Branchen. Chemie und Automobil sind laut der Studie mit je 50 Prozent Risikoanteil besonders gefährdet, von Chat GPT mit Reputationsrisiken dargestellt zu werden, während der Technologiesektor mit 14 Prozent ein erheblich geringeres Risikoprofil aufweist. Für seinen "KI-Reputationsmonitor" hat FTI Consulting Chat GPT im Mai und Juni dieses Jahres zunächst systematisch zur Reputation jedes einzelnen Dax40-Unternehmens mit identischen Prompts befragt. Eine zweite Erhebungsphase fokussierte auf die Reputation der entsprechenden 40 CEOs. Die gewonnenen Daten wurden mittels einer qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet, wobei ein Kategoriensystem mit sieben Risikodimensionen zur Kodierung potenziell kritischer Aussagen angewandt wurde. Ergänzend erfolgte eine systematische Quellenanalyse. Konkret: Die Qualität der KI-generierten Antworten zu tatsächlich vorhandenen oder vermeintlichen Problemthemen von Unternehmen haben Studienautorin Gerhards und ihre Kollegen durch Einzelrecherchen und qualitative Analysen jeder reputationskritischen Aussage geprüft, etwa durch Abgleich mit Primärquellen, Expertenmeinungen und belastbaren Medienberichten.
Was machen nun jene 17 Prozent der analysierten Unternehmen, die in Chat GPT ohne Reputationsrisiken erscheinen, anders respektive besser? Laut FTI Consulting haben Konzerne wie Daimler Truck, Siemens und Hannover Re nicht einfach nur Krisen vermieden. Sie überlassen ihre Reputation nicht der Interpretation durch Algorithmen, sondern sie steuern sie. "Ihnen gemeinsam sind strukturierte, KI-optimierte Inhalte, starke ESG- und Branchen-Rankings und eine tiefgründige Medienberichterstattung", erläutert Gerhards.
Beispiel: Drei Viertel der Informationen in Chat GPT stammen aus Quellen wie Nachrichtenmedien, Corporate Websites und Investorenplattformen. Inhalte, die Kontext liefern, sind laut Gerhards für die KI-Modelle besser verständlich. Daraus können Unternehmen Schlüsse ziehen, etwa:
- Inhalte von Unternehmens-Websites fließen häufiger ein, wenn sie maschinenlesbar sind, also etwa in Form von FAQs aufbereitet wurden.
- Reine News-Meldungen sind aus reputationskritischer Sicht wenig wirkungsvoll, Media Relations sollten auf Einordungsmedien fokussieren.
- Floskeln werden von Chat GPT gefiltert, Purpose- und Vision-Statements sollten deshalb greifbar und inhaltlich belastbar formuliert werden.
"Für CEOs spielen zusätzlich Linkedin und Fachmedien eine wichtige Rolle. Eine aktive Präsenz über diese Kanäle zahlt direkt sowohl auf das eigene Image, aber vor allem auch auf das des Unternehmens ein", ergänzt Gerhards. Die Untersuchung von FTI Consulting zeigt, dass jene Dax40-CEOs mit den aktivsten Linkedin Accounts gewöhnlich auch das beste KI-image aufweisen.
Den "KI-Reputationsmonitor 2025" gibt es
hier.
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