Philipp Köster, Chef des Fußball-Magazins 11 Freunde, stört sich an einer aus seiner Sicht bedenklichen Entwicklung: „Weite Teile des Fußball-Establishments haben für unabhängigen Journalismus nicht einmal mehr Verachtung übrig.“
Philipp Köster gründete vor 25 Jahren 11 Freunde, das Magazin für Fußballkultur, das neuerdings im Spiegel Verlag erscheint. Seit der Gründung ist Köster Chefredakteur des Magazins, seit 2010 zudem Geschäftsführer.
In eigener Sache beschreibt der Journalist und Medienmanager eine "bedenkliche Entwicklung": "Weite Teile des Fußballestablishments haben für unabhängigen Journalismus nicht einmal mehr Verachtung übrig. Zeitungen, Zeitschriften, Nachrichtenportale sind aus der Perspektive vieler Funktionäre, Berater, Manager nur noch schnöde Abwurfplätze für platte PR-Botschaften. Kritische Nachfragen und unabhängige Berichterstattung sind unerwünscht. Wer hingegen kuschlige Erkundigungen vorbringt und brav die PR-Narrative weiterverbreitet, darf in die Küchen und Wohnzimmer der Stars und deren Plattitüden mit serviler Note („Gänsehaut!“) kommentieren."
Es gelte die Faustregel, dass Interviews umso gnadenloser geglättet, Zugänge stärker eingeschränkt, Fotos untersagt und strenge Leitlinien für Gespräche vorgegeben würden, je größer der Klub sei. Wer heute etwa mit Spielern ohne begleitenden Presseoffizier sprechen wolle, mache sich bereits verdächtig, subversiv zu handeln. Und wer allzu kritisch nachfrage, dem werde mitunter sogar spontan die zuvor vereinbarte Redezeit gekürzt.
Aus Philipp Kösters Sicht geht es am Ende um maximale Kontrolle, über eine in allen Facetten gesteuerte und glattgebürstete Außendarstellung. In den vergangenen Jahren seien die vereinseigenen Kanäle massiv ausgebaut worden, weil unabhängige Medien für diese Form der Berichterstattung nicht zu gewinnen seien. Dort gebe es weder kritische Nachfragen noch eine unabhängige Perspektive – kurzum keinen Journalismus, auch wenn die Vereine alles daran setzten, den Anschein zu erwecken.
Für den 11Freunde-Kapitän steht dahinter "die schon vielfach in Klubs und Agenturen gehörte Überzeugung, dass es eigentlich auch ohne die Medien ginge".
Köster hält den Diskurs, den Medien organisieren, für ein unverzichtbares Korrektiv und darüber hinaus sei dieser auch Garant für gute Unterhaltung. "Die entsteht nämlich nie am Reißbrett der Agenturen, sie benötigt zwingend den Austausch, die Verkantung, einen Funkenschlag mit der Realität." Von dieser Erkenntnis seien die Klubs, die Funktionäre leider weit entfernt.
Köster zieht einen ernüchternden Schluss, der zugleich wachrütteln soll: "Keine Sorge, liebe Freunde, der Fußball wird immer voller wunderbarer Geschichten stecken. Es wird dann nur keiner mehr da sein, der sie erzählen kann."
Autor: Marc Bartl (Dieser Text erschien zuerst bei kress.de)
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