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News / Lass es doch Chat GPT machen!
Emilio Galli Zugaro (Foto: Oliver Soulas)
21.03.2025   Kolumne
Lass es doch Chat GPT machen!
Wenn Laien am Werk sind und der Urschrei des Top-Managements erklingt. Eine Kolumne von Emilio Galli Zugaro.
Jenna Ramos, die PR-Chefin, die ich einmal im Monat zum Sparring treffe, erzählt, wie sehr sie sich auf unser Gespräch freue. Doch jetzt, als wir zusammensitzen, überwiegen bei ihr eher Müdigkeit und Entmutigung. Mich interessiert natürlich, was diese sonst recht gesetzte Person so aus der Fassung gebracht hat. Und lasse mir berichten.
 
Tobias, der neue Vertriebsvorstand, hat vor ein paar Tagen Sebastian zur Minna gemacht, einen Mitarbeiter von Jenna, der Tobias zuarbeiten soll. Die beiden hatten sich zum Kennenlerngespräch getroffen, der Konflikt begann nach ein paar unschuldigen Fragen von Sebastian.
 
Jenna legt Wert darauf, dass ihr Team das Geschäft fördert und Kommunikation nicht als art pour l’art positioniert. Das beginnt damit, die Strategie des Unternehmens zu verinnerlichen und den einzelnen Bereichen kommunikative Unterstützung zukommen zu lassen, damit sie ihre Ziele erreichen können.
 
Und so verstand Sebastian auch die Fragen, die er Tobias stellte: Welche Ziele verfolgst Du als Vertriebschef im Jahr 2025? Welche Stakeholder sind besonders wichtig für den Erfolg? Wie kann ich Dich und Deinen Bereich in diesem Jahr kommunikativ am besten unterstützen?

„Keine Zeit für Gelaber“
Tobias habe Sebastian unterbrochen und ihm gesagt, dass er keine Zeit für Gelaber habe. Und überhaupt: Er kämpfe darum, ein paar gute Verkäufer einzustellen, obwohl die Firma recht sparsam beim Stellenzuwachs sei. Und da würde ja schon auffallen, dass die Kommunikation eine Menge Leute hätte, deren Wertbeitrag offensichtlich bei null liege. Das Meeting abrupt beendend, gibt er dem verdutzten Sebastian noch mit auf den Weg, er solle seiner Chefin ausrichten, dass sie sich bei ihm melden solle.
 
In dem Gespräch mit Jenna macht es Tobias dann kurz: „Ich weiß gar nicht, womit Ihr Eure Zeit verbringt. Ich habe im Januar über die Strategie unseres Bereichs referiert. Du kennst meine Powerpoint-Charts: Anstatt mir nutzlose Kollegen vorbeizuschicken, solltet Ihr mit der Präsentation generative KI füttern, fünfzig Texte produzieren und übers ganze Jahr auf Social Media platzieren, intern wie extern. Promptet die KI so, dass fluffige Texte entstehen. Und seht zu, dass ich mehr Klicks kriege als die Vertriebler unserer drei Wettbewerber. Und außerdem: Überleg Dir mal, ob Du nicht einen Großteil Deines Teams einsparen kannst.“
 
Propaganda und Zivilisationszuckerguss
Klingt doch eigentlich ganz pragmatisch, säusele ich. Sie schaut mich an, als ob ich das Foto einer Raucherlunge wäre. Ich frage sie, ob sie die Haltung von Tobias denn verwundere: Das sei der Urschrei vieler Top-Manager nach Propaganda, den man doch noch überall vernehme. Egal, wie viel Zivilisationszuckerguss über den staubigen Reklamekuchen gekippt wird.
 
Dann provoziere ich sie: „Und wenn Sie ihn sechs Monate mal alleine laufen lassen? Sollen doch ein halbes Jahr lang seine Mitarbeiter mit KI die Stories generieren und dafür auch die reputative Verantwortung übernehmen. Da könnte man bestimmt viel lernen.“
 
Ramos unterbricht mich. Ganz so könne sie das nicht machen: zu viele Risiken. Aber eine Abwandlung davon ginge womöglich … vielleicht nicht ganze sechs Monate, aber sechs Wochen. Das Team von Tobias und ihres ließe man parallel laufen, anschließend würden die Ergebnisse ausgewertet. So was in der Richtung könne man sich überlegen.
 
Sie steht auf und gibt mir gedankenverloren die Hand. Es arbeitet in ihr.


Autor: Emilio Galli Zugaro hat kein Problem mit generativer KI, eher mit dem Verständnis von Kommunikation als Verkündungsdisziplin und „PR-opaganda“. Er freut sich, dass 2025 ein Heiliges Jahr ist: Da kann er reuig durch die Pforten des Petersdoms in Rom laufen und schon werden ihm alle Sünden erlassen, die er selbst in diesem Bereich begangen hat. Diese Kolumne ist von A bis Z erfunden, aber nicht realitätsfern …

 

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