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News / Geiz ist geil
Emilio Galli Zugaro (Foto: Oliver Soulas)
24.01.2025   Kolumne
Geiz ist geil
Wenn der Kommunikationsabteilung die Rotstift-Berater im Nacken sitzen ... Eine Kolumne von Emilio Galli Zugaro.
Heute möchte Jenna Ramos, die PR-Chefin, die ich einmal im Monat zum Sparring treffe, nicht über die Kommunikation an sich reden. Denn sie muss sich mit einer Truppe an smarten und Corp-Com-unbeleckten Senior Consultants von Smith & Wesson herumschlagen, der führenden „20-Prozent-Kosten-runter-geht-immer“-Beratung, die nun auch in Ramos‘ Unternehmen ihre wertvollen Dienste erledigt. Nicht ganz gratis.

Sie hat Fragen zu einem Gerücht, das sie vernommen habe. Es gebe da eine Dame an der Spitze der Kommunikation einer anderen Firma, die den Ruf habe, mehrere solcher Sparrunden unversehrt überstanden zu haben, seit mehr als einem Dutzend Jahren. Ob ich etwas darüber wüsste?

Revolutionäre Budget-Politik
Ja, erinnere ich mich mit einem Schmunzeln. An eine Frau, deren Courage nicht so sehr darin bestand, den neunmalklugen Beratern zu widerstehen, sondern sich und ihre Kommunikationsarbeit rigoros messen zu lassen. Mit einem KPI, der für das ganze Unternehmen galt und dessen Korrelation mit guter Medienarbeit und interner Kommunikation sie mal nachgewiesen und festgeklopft hatte: dem Net Promoter Score.

Das ermöglichte ihr eine revolutionäre Budget-Politik: Auf ihrem Zettel hatte sie nur die Personalkosten und die Medieninhaltsanalyse, ohne die der besagte KPI nicht zu berechnen war. Sonst standen keine Ausgaben darauf: keine Budgets für Kampagnen, Presse­konferenzen, Pressespiegel und Townhalls. Und Schnickschnack wie tumbe Advertorials sowieso nicht. Dabei eine Personaldecke, die zahlenmäßig klein, aber qualitativ hoch war.

Alle kommunikativen Leistungen wurden von der Holding und vor allem den Business Units bestellt und bezahlt. Also von denen, die das Geld im Hause verdienen. Ihnen musste die PR-Chefin exquisite Beratung liefern, welche Kommunikation für welche Strategie am geeignetsten ist. Und je besser die Qualität der Beratung war, desto mehr wurde ihr Team in Anspruch genommen und desto höher wurde dessen Standing.

Daran prallte Smith & Wesson ab. Die Medieninhaltsanalyse als einzig größeren Kostenblock konnten sie nicht berühren, sonst würde die Messung der Kommunikation nicht mehr möglich sein. Und die, die die Mär „You can’t manage, what you can’t measure“ in die Welt gesetzt hatten, waren mit ihren eigenen Waffen geschlagen. Bei der Personaldecke, die immer unter dem Durchschnitt der Peers lag, war auch nichts zu holen.

Ein gesunder Dopamin-Schub
Jenna Ramos unterbricht mich. Sie wisse nicht, ob sie diese Geschichte weiter hören wolle.

Ich schweige.
 
Die Pause nutzt Ramos, um in sich zu gehen. Dann teilt sie ihre Gedanken. Da war ihr zum Beispiel noch im Ohr, was ihr Team letztens gesagt habe: Man beschäftige sich in der Kommunikationsabteilung doch vor allem mit Operativem und weniger mit Strategischem, also kaum mit der Stakeholder Governance, für die sich Ramos als betriebsinterne Hüterin sah.

Vielleicht könne sie ja die Chance beim Schopf packen, ihren Bereich so aufzustellen, dass dessen Wert für das Unternehmen zunimmt und dass das Risiko für die Stabilität ihres Teams und die Förderung von Talenten minimiert. Ob wir das nicht beim nächsten Mal vertiefen wollen?

Die Vorstellung, die Suits von Smith & Wesson unverrichteter Dinge davonziehen zu lassen, würde Ramos wohl einen gesunden Dopamin-Schub geben. Ist ja auch nicht schlecht.


Tipp: Diese Kolumne erschien zuerst im PR Report 6/2024.
 
Kolumnist: Emilio Galli Zugaro hat auf seinen beruflichen Stationen manchmal Dopamin-Schübe
genossen, wenn er unbeleckten Beratern den Wert von Unternehmenskommunikation erklären durfte. Heute holt er sich die Glückshormone von Freunden und Familie. Was in dieser Kolumne steht, ist von A bis Z erfunden, aber nicht realitätsfern …

 

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