Die Personalberater Thomas Lüdeke und Philip Müller über KI, den angespannten Arbeitsmarkt und den Umbau in Kommunikationsabteilungen.
1. Der Arbeitsmarkt wird enger
Jetzt sind Eigeninitiative und Flexibilität gefragt: Der Kommunikationsmarkt schien lange Zeit von der gesamtwirtschaftlichen Lage entkoppelt, bei Ausbruch der Corona-Pandemie erfuhr er sogar eine Sonderkonjunktur. Mittlerweile haben Einstellungsstopps und Entlassungen auch in mancher Kommunikationsabteilung Einzug gehalten.
Kommunikationsprofis können diesen Entwicklungen begegnen, indem sie sich auf Branchen (etwa Energie und Pharma) und Funktionen (wie Public Affairs) fokussieren, in denen es noch Bedarf gibt. Und indem sie sich intensiv mit zukunftsträchtigen Entwicklungen wie KI auseinandersetzen. Klar ist: Je angespannter der Markt, desto mehr Flexibilität und Kompromissbereitschaft sind gefragt. Das kann auch bedeuten, deutlich aus der bisherigen Komfortzone heraustreten zu müssen.
2. In der zweiten Reihe wird umgebaut
In großen Kommunikationsabteilungen finden sich oft noch starre Zuständigkeitsbereiche mit großen Headcounts und statischen Berichtswegen, etwa für die interne und externe Kommunikation. Dieser Zuschnitt wird aufgrund von Sparzwängen, Effizienzbemühungen und Flexibilitätsbestrebungen zunehmend hinterfragt.
Silos weichen dynamischeren, projektbezogenen Set-ups mit flacheren Hierarchien. Wenn eine neue Gesamtleitung ins Unternehmen kommt, legt sie bevorzugt bei den „Regionalfürstinnen und -fürsten“ Hand an. Für Menschen, die den klassischen Rollenzuschnitt gewohnt sind, heißt das Umdenken – was Selbstverständnis, Titel, Headcount, Führungsanspruch, Karrierepfade und womöglich auch die Höhe des Gehalts angeht.
3. Unternehmen nehmen Public Affairs stärker selbst in die Hand
2025 wird erneut ein Jahr der radikalen (geo-)politischen Umbrüche – Trump ist zurück im Oval Office, in Deutschland wird gewählt, Krisen und Kriege spitzen sich zu. Zum Erhalt ihrer Licence to operate und zur Durchsetzung ihrer Interessen suchen Unternehmen verstärkt den direkten Austausch mit zentralen politischen Stakeholderinnen und Stakeholdern und bauen dafür ihre Public-Affairs-Kapazitäten aus – ergänzend oder sogar alternativ zu dem, was sie bisher in die Hände von Verbänden gelegt haben. Kandidatinnen und Kandidaten mit Schwerpunkten in den Bereichen Governmental Relations, politische Kommunikation und Corporate Affairs haben also grundsätzlich gute Karten.
4. KI ist im Arbeitsalltag angekommen – und wird ihn weiter verändern
Der Hype um Künstliche Intelligenz ist einem pragmatischeren Umgang gewichen. Kommunikationsabteilungen befassen sich intensiv damit, neue Technologien so strategisch einzubetten und operativ zu implementieren, dass sie effizienter arbeiten können, ohne ihre Glaubwürdigkeit zu beschädigen. Das ist angesichts der Gemengelage aus Haftungsfragen, Datenschutzbestimmungen, ethischen Überlegungen, rasantem technologischen Wandel, Akzeptanzbedenken, Kosteneffizienz und so weiter eine Herausforderung.
Kommunikationsprofis tun gut daran, sich an diesen Überlegungen zu beteiligen und sich mit neuen Entwicklungen auseinanderzusetzen: Im Jahr 2025 könnten das nicht zuletzt digitale Agenten und der Wertschöpfungsaspekt von KI sein. Es gibt zudem ein paar Soft Skills, die losgelöst von jeglichen Trends essenziell sind: Veränderungsbereitschaft, Abenteuerlust, Experimentierfreude und Frustrationstoleranz. Führungskräfte brauchen zudem die Fähigkeit, auch jene mitzunehmen, denen es schwerfällt, sich auf den Weg zu machen, damit sie nicht zurückbleiben.
5. Personal und Kommunikation rücken näher zusammen
HR-Arbeit wird immer erklärungsbedürftiger. Es gilt Management-Entscheidungen wie Abbau und Umbau zu kommunizieren, ebenso die Umsetzung neuer gesetzlicher Vorgaben. Zudem wollen und müssen Personalverantwortliche kommunikativ positioniert werden. Um Top-Kräfte zu gewinnen, braucht es ein konzertiertes Employer Branding.
Die Wahrheit ist aber auch: So sinnvoll der Schulterschluss ist – nicht alle Beteiligten werden ihn suchen. Grabenkämpfe und Aufbau von Parallelstrukturen (etwa indem CHROs eigene Kommunikationseinheiten formen) wird es weiter geben.
6. Haltungskommunikation wird anspruchsvoller – und stärker hinterfragt
Erschien die Kommunikation von Haltung lange eher situationsgetrieben, unterliegt sie zunehmend den professionellen Prüfsteinen für Unternehmenskommunikation: Passt das Thema zur betriebswirtschaftlichen Strategie, matcht die Haltung mit den Werten des Unternehmens?
Der vielerorts zu verzeichnende gesellschaftliche und politische Backlash bei Diversity, Klimaschutz und Nachhaltigkeit lässt Unternehmen noch kritischer hinterfragen, zu welchen Themen sie sich positionieren sollten und zu welchen nicht. Kommunikationsprofis müssen sich darauf einstellen, dass der Gegenwind zunimmt. In Zeiten knapper Ressourcen könnten sich zudem mehr Unternehmen entscheiden, ihre Kräfte auf die Kommunikation von Restrukturierung, Kulturwandel und Absatzkommunikation zu konzentrieren.
Autoren: Thomas Lüdeke und Philip Müller sind Managing Partner der PRCC Personalberatung
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