Kommunikationschef Christian Buggisch erklärt, warum Datev auf der Social-Media-Plattform nicht mehr aktiv ist und was dieser Schritt mit Elon Musk zu tun hat.
Anfang August hat Datev „Bye, Bye Twitter“ (heute X) gesagt. Warum ziehen Sie sich von der Plattform zurück? Christian Buggisch: Wir schauen uns bei allen Kanälen regelmäßig unsere Kennzahlen an. Und die zeigen seit längerer Zeit ein klares Bild: Der Aufwand ist zwar gering, aber Twitter lohnt sich für uns nicht mehr, weil wir unsere Ziele und Zielgruppen nicht mehr erreichen.
Was genau sagen Ihre Kennzahlen?Die Zahl der Twitter-Follower – mögliche Profilleichen eingerechnet – stagniert, während sie auf anderen Kanälen weiter wächst. Wichtiger sind Impressions: Da gab es einen Rückgang von rund zwei Dritteln im vergangenen Jahr. Auch die Klicks auf Links haben sich halbiert.
Wen haben Sie via Twitter erreicht?Auf dem Unternehmensprofil @Datev hatten wir intensiv Kontakt mit Multiplikatoren, aber auch mit Kunden. Es gab Zeiten mit Serviceanfragen in nennenswerter Zahl. Und es gab Zeiten, in denen unsere Beschäftigten Twitter intensiv genutzt haben, das somit ein guter Kanal auch für die interne Kommunikation war. Das alles hat sich vor allem zu Linkedin verlagert. Auf Facebook sind wir nach wie vor erfolgreich, ebenso auf Instagram. Wir prüfen den Einstieg bei Tiktok und Twitch, um besonders junge Zielgruppen zu erreichen.
Machen die X-Alternativen Threads, Mastodon und Bluesky Sinn für Datev?Wir schauen uns alles an.
Hat Ihr Rückzug mit der Übernahme von Twitter durch Elon Musk zu tun?Zum Teil schon. Die Kennzahlen haben zwar schon vor der Übernahme eine Tendenz nach unten gezeigt, aber danach gab es noch mal einen Knick.
Was stört Sie besonders an Twitter/X seit der Übernahme durch Musk?Aus meiner persönlichen Sicht gab es fragwürdige Entscheidungen. Blaue Haken verifizieren nichts mehr, sondern stehen für gekaufte Reichweite. Ohne eigenen Account geht fast nichts mehr. Die Zahl sichtbarer Tweets pro Tag wurde begrenzt. Das Rebranding ist fragwürdig und dilettantisch. Aber nüchtern betrachtet ist es aus Datev-Sicht egal, ob sich funktional an einer Plattform etwas ändert. Wichtig ist: Erreichen wir unsere Ziele und Zielgruppen? Und das tun wir nicht mehr. Ob es da einen Zusammenhang mit dem neuen Eigentümer gibt, ist schwer, verlässlich zu sagen.
Datev hat mehrere Profile auf Twitter/X. Nicht auf allen Accounts haben Sie Ihre Aktivitäten eingestellt.Stillgelegt sind die Profile des Unternehmens, der Pressestelle und unseres CEOs. Die Accounts unserer Informationsbüros in Brüssel und Berlin, die sich vor allem an politische Zielgruppen wenden, laufen weiter. Denn die Kollegen können X für ihre Arbeit noch zielführend nutzen.
Warum haben Sie die Profile nicht komplett gelöscht?Wir beobachten die Entwicklung weiter. Wenn sich diese so fortsetzt, werden wir unsere Profile komplett schließen.
Manche warnen davor, ein Profil zu löschen, um zu verhindern, dass andere einen Account unter dem Namen eines Unternehmens eröffnen und damit potenziell Schaden anrichten könnten.Das sollte kein großes Problem sein. Gegen Markenrechtsverletzungen gehen wir vor, auch in solchen Fällen.
Unter welchen Voraussetzungen würden Sie die Datev-Accounts wieder enteisen?Wenn es bei X eine überraschend positive Entwicklung gibt und wir auf der Plattform wieder unsere Ziele erreichen können. Dafür müsste sich aber auch das Umfeld ändern. Die Aktivitäten rechter Trolle und Meinungsmacher haben messbar zugenommen. Auch da liegt ein Zusammenhang mit dem Eigentümerwechsel nahe, wobei die Kommunikationskultur lange vorher schwierig war. Andererseits finde ich es schwierig, das mit ethisch-moralischen Maßstäben zu bewerten. Auch andere Plattformen haben fragwürdige Eigner oder Praktiken.
Macht Twitter/X für Sie, Ihr Unternehmen oder Ihre Kunden noch Sinn? Ihre Meinung würde uns interessieren.
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