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News / Chat GPT: Müssen wir jetzt alle umschulen?
Daniel Neuen (Foto: Hojabr Riahi)
11.08.2023   Kolumne
Chat GPT: Müssen wir jetzt alle umschulen?
Handwerk hat angeblich goldenen Boden. Aber wie sieht es im KI-Zeitalter mit der Kommunikation aus? Gedanken von Daniel Neuen, Chefredakteur des PR Reports.
Vor einigen Wochen machte auf Twitter/X (ja, ich schaue noch immer mehrmals täglich rein) ein Foto aus Antwerpen die Runde. Darauf zu sehen war die Baustelle eines Eckhauses, deren Gerüste mit einem großen Plakat verhüllt waren. Und auf dem in großen Lettern prangte: „Hey Chat GPT, finish this building ...“
 
Das Ganze war initiiert von der belgischen Zeitarbeitsfirma Impact. Sie ist auf Handwerksberufe spezialisiert und erklärte dazu auf ihrer Webseite: „Auch wenn das Potenzial der KI enorm ist, sind die Fähigkeiten der Handwerkerinnen und Handwerker unersetzlich. Daran sollten wir öfter denken.“
 
Es geht um Sie
Mit dieser Aktion traf Impact voll den Zeitgeist. Gingen viele lange davon aus, dass die Automatisierung vor allem die Menschen in den Fabriken, Supermärkten und Fahrzeugführerhäusern arbeitslos machen könne, scheinen durch Chat GPT plötzlich (auch) andere Berufe bedroht.
 
„Diesmal sind die Leute in den Büros betroffen, die mit Abitur und Studium, mit Karriereplan und Assistenz, mit Anzug und Kostüm“, wie Sascha Lobo schrieb. Mit anderen Worten: Es geht um Sie, liebe Leserinnen und Leser.
 
Bevor Sie nun auf Kranfahrerin, Fliesenleger, Installateurin oder Dachdecker umschulen, sollten Sie erst einmal den Zukunftscheck in unserer aktuellen Ausgabe lesen. Darin gehen wir der Frage nach, welche Aufgaben sich in der Kommunikation im KI-Zeitalter besonders stark verändern. Und welche es künftig vielleicht gar nicht mehr braucht. Wir waren dabei vorsichtig, denn mit Prognosen ist das ja immer so eine Sache. Aber für mich ist klar: Wir reden bei KI nicht über einen Hype, Chat GPT ist nicht das neue Second Life oder das nächste Clubhouse.
 
Eine Erkenntnis unseres Job-Zukunftschecks lässt sich wie folgt herunterbrechen: Alle, deren Kernaufgabe es ist, andere Menschen im persönlichen Austausch zu überzeugen und zu beraten, müssen sich wohl wenig Sorgen machen, dass ihnen KI den Job stiehlt. Passend dazu ein weiteres Fundstück aus dem Netz. Auf Linkedin witzelte ein Kommunikationsprofi: „Um PR-Manager durch KI zu ersetzen, müssen die Menschen genau beschreiben, was sie kommunizieren und erreichen wollen. Wir sind sicher.“
 
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Und um mich geht es auch
Natürlich kann sich auch der Journalismus dem technologischen Wandel nicht entziehen. Es geht also auch um meine Kolleginnen und Kollegen und um mich selbst – auch wenn ich, Sascha Lobo folgend, nur sehr selten im Büro Anzug trage und selbst ans Telefon gehe.
 
Wahrscheinlich wird die Technologie uns in der Redaktion künftig einige Aufgaben abnehmen: das Kürzen, Zusammenfassen oder Umschreiben von Texten, Überschriften vorschlagen und mehr. Sie wird uns Impulse und Denkan­stöße geben. Ich wäre nicht traurig.
 
Basis des Zukunftschecks in diesem PR Report waren viele, viele Gespräche mit führenden Köpfen aus Unternehmen und Agenturen: fragen, diskutieren, austauschen, auch spekulieren. Da kamen etliche Stunden des Zuhörens und des ­Dialogs zusammen. Das war der Teil, der Spaß gemacht hat und bei dem ich mir nur schwer bis gar nicht vorstellen kann, dass diese Aufgabe künftig Chatbots übernehmen könnten.
 
Dann folgte die Arbeit: all meine Recherchen in ein lesbares Stück zu verwandeln. Dafür gingen noch einmal etliche Stunden drauf. Chat GPT habe ich dabei nicht verwendet. Schreiben kann ein mühsamer Prozess sein, aber er hilft (zumindest mir), die eigenen Gedanken zu ordnen. Auch wenn die KI in derselben Zeit wahrscheinlich eine ganze Bibliothek vollgeschrieben hätte.
 
Autor: Daniel Neuen ist Chefredakteur des PR Reports
 

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