Wird Künstliche Intelligenz zum Job-Killer? Eine KI-Expertin von der Universität Hamburg hat frohe Kunde für PR-Profis. Oder doch nicht? Von Daniel Neuen
Erinnern Sie sich noch an den PR Report aus dem Februar 2016? Okay, wahrscheinlich nicht. Mehr als sieben Jahre ist es her – was ist nicht alles passiert in der Zwischenzeit.
Ich dagegen erinnere mich ziemlich gut. Titelthema war ein
Interview mit dem damaligen Volkswagen-Kommunikationschef Hans-Gerd Bode zum Dieselskandal. So turbulent ging es zu dieser Zeit im Wolfsburger „House of Cars“ zu, dass ich Blut und Wasser schwitzte, ob wir zwischen Druck- und Erscheinungstermin von den sich teilweise überschlagenden Ereignissen bei dem Autoriesen noch überholt würden. Unterm Strich ging alles gut – und mit der Resonanz auf das Interview waren wir sehr zufrieden.
Wer sich Sorgen machen mussEher wenig Rückmeldung gab es auf einen anderen Artikel in besagter Ausgabe. „Die PR-
Roboter kommen“, lautete die Überschrift. Und die Unterzeile: „Nehmen Computer PR-Profis die Arbeitsplätze weg? Wer sich Sorgen machen muss und wer nicht“. Auf sechs Seiten ging es um Digitalisierung, Daten und – ja, wirklich! – Künstliche Intelligenz.
Falls Sie nun denken, der Neuen erzählt das nur, um sich auf die Schulter zu klopfen, weil der PR Report das Thema KI schon damals behandelte, haben Sie ein bisschen recht. Zur Wahrheit gehört aber erstens, dass unsere Berichterstattung schon damals keine echte Pioniertat war, auch wenn die KI-Debatten damals nicht vergleichbar sind mit der Aufregung von heute.
Und zweitens muss ich einräumen, dass ich eine Prognose aus dem Artikel für echt unwahrscheinlich gehalten habe: „Wer sich Sorgen machen muss? Allen voran Redakteure. Erstellung und Verbreitung von Pressemitteilungen, aber auch komplexere Formen der Informationsübermittlung werden Schritt für Schritt von Computern übernommen.“
Das sieben Jahre alte Zitat stammt von Christiane Schulz, zu der Zeit Deutschland-Chefin der Agentur Weber Shandwick, heute in gleicher Funktion bei Edelman. Klar, maschinengenerierte Texte zu Aktienkursen und Sportergebnissen waren schon damals keine Zukunftsmusik mehr. Aber zumindest ich brauchte erst meine späteren Aha-Erlebnisse mit Chat GPT, um zu erkennen, dass Schulz richtig lag.
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Spulen wir vor ins Jahr 2023. Ende April war ich auf dem Deutschen PR-Tag in Hannover. Um KI ging es dort unter anderem in der Session mit Hartwin Möhrle, heute als Berater tätig und früher Geschäftsführer der Agentur A&B One, und Michaela Regneri, KI-Expertin von der Universität Hamburg. Zwangsläufig kam dabei die Frage auf, wie Kommunikationsprofis angesichts der technologischen Sprünge in Zukunft beschäftigungsfähig bleiben.
Regneris Botschaft: Macht, was Ihr am besten könnt. Gute Kommunikation, mit und zwischen Menschen. Tut das, was KI nicht kann: KI geht nicht in Resonanz mit Menschen. Sie verkauft keine Stimmungen. Sie bildet kein Verständnis.
Frohe Kunde für die meisten Beziehungs- und Reputationsmanagerinnen und -manager. Und damit wohl auch für den in manchem Branchendiskurs
totgesagten Pressesprecher. Aber eine eher weniger gute Nachricht für viele, die hauptsächlich an den "Werkbänken" der Kommunikationsbranche sitzen – oder?
Kurze Whatsapp-Nachfrage bei Christiane Schulz: Wie denkt sie heute, im angebrochenen KI-Zeitalter, über das Thema von 2016? Ihre Antwort: „Das Jobprofil von Redakteuren wird sich verändern. Sie werden mit den Tools arbeiten. Sie müssen sie richtig ,füttern‘ und dann vor allem fachlich fit sein, um den Text, den die Maschine ausspuckt, zu überprüfen.“
Ob Schulz wieder richtig liegt? Und Regneri? In sieben Jahren werden wir den Check machen. Spätestens.
Autor: Daniel Neuen ist Chefredakteur des PR Reports
Wie Sie selbst schon heute KI nutzen können, um schneller, besser und kreativer zu arbeiten, erfahren Sie in einem mehr als 20-seitigen Special im neuen PR Report und auf 16 Seiten in der neuen PR-Werkstatt. Lesen Sie darin:
„Uns steht eine Revolution bevor“
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Mit der Maschine sprechenSo schreiben Sie gute Prompts
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