Wie können Unternehmen die Gen Z erreichen? Wie unterscheidet sich diese Generation von anderen? Michelle Müller, Head of Consulting bei der Schweizer Beratung und Agentur Zeam, gibt Antworten.
Das 17. LPRS-Forum des Leipziger PR-Vereinsnetzwerks stand in diesem Jahr unter dem Motto „Comms Next Gen – Kommunikation für und von jungen Generationen“. Im Interview mit den LPRS-Mitgliedern Nick Hoffmann und Adrian Liehr verrät Michelle Müller, die diesjährige Keynote-Speakerin des Forums, warum das Generationenkonzept sinnvoll ist und was Unternehmen bei der Ansprache junger Zielgruppen noch lernen können.
LPRS: Worin siehst du die größten Unterschiede zwischen den Generationen Babyboomer, Millennials und der aktuellen Gen Z?
Müller: Für mich sind es die Lebenswelten, in der die Menschen aufwachsen – dadurch wird eine Generation auch definiert und gemeinsam geprägt. Da wäre beispielsweise bei jungen Menschen der Fakt, dass sie schon immer mit der ganzen Welt verbunden waren und durch das Internet und Social Media „True Digital Natives“ sind. Sie sind dadurch anders aufgewachsen als andere Generationen. Wenn diese jungen Menschen jetzt in den Arbeitsmarkt kommen, nehmen sie die aktuelle Situation als gegeben und als Selbstverständlichkeit wahr. Alles, was vorher passiert ist, ist kein Teil ihrer Lebenswelt.
Euer Unternehmen berät seine Klienten dabei, wie man die Gen Z besser ansprechen kann. Was sind typische Probleme und Herausforderungen, woran hakt es bei den Unternehmen am meisten?
Die Unternehmen, die zu uns kommen, sind grundsätzlich offen für das Thema. Das ist gut. Trotzdem müssen wir manchmal erst das Bewusstsein schaffen, dass es in der Kommunikation zwischen den Generationen Unterschiede gibt. Dazu kommt, dass wir im Team alle zwischen 17 und 26 Jahre alt sind. Bei Zeam geht es darum, dass immer junge Menschen involviert sind, auch aus Gründen der Authentizität. Wenn die anfängliche Skepsis überwunden ist, machen wir aber eigentlich ganz gute Erfahrungen. Oftmals sind die Entscheidungsträger:innen dann überrascht, da sie einige Dinge mit dieser jungen Außenperspektive nun völlig anders sehen. Ein häufiges Problem ist jedoch das Employer Branding: Dann fragen sich die Unternehmen, warum sie keine Bewerbungen von jungen Leuten bekommen, obwohl die Rahmenbedingungen beispielsweise zu den Bedürfnissen junger Menschen passen. Da klappt oft die Brücke zu dieser Generation nicht, beziehungsweise werden die Unternehmenswerte nicht richtig kommuniziert. Das betrifft die Lebenswelt, die Sprache und die Kanäle der jungen Generation. Zum Teil sind sie auch auf den falschen Plattformen unterwegs oder trauen sich nicht, darin einzutauchen. Diesen Part wollen wir übernehmen und dabei helfen, die Inhalte in die Sprache der Gen Z zu übersetzen.
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Aus welchen Unternehmensbereichen kommen eure Kunden in der Regel?
Das kommt auf das Projekt an. Wir arbeiten einerseits im Marketing-, andererseits im People & Culture-Bereich. Manchmal ist es ein Head of Marketing oder auch jemand aus der Social-Media-Abteilung. Diejenigen, die uns ansprechen, kommen oft aus höheren Managementpositionen, die Umsetzung erfolgt dann aber zum Beispiel mit jemandem aus dem Employer Branding. Wir fokussieren uns auf den DACH-Raum, haben aber vereinzelt auch Aufträge in französischer Sprache. Gerade in der Schweiz mit vier verschiedenen Landessprachen merkt man kulturelle Unterschiede je nach Sprache. Das ist auch ganz spannend zu sehen.
Es gibt auch immer wieder Kritik am Generationenkonzept. Einige Stimmen sind der Meinung, die Unterschiede lägen eher im jeweiligen Lebensabschnitt begründet. Wie stehst du dazu?
Gewisse Themen kann man sicher auf den Lebensabschnitt zurückführen. Aber gerade das angesprochene Thema der Digital Natives ist etwas, das es so bislang in keiner anderen Generation gab. Wenn man in einer anderen Zeit aufwächst, wird man auch anders geprägt und nimmt Sachen anders wahr. Die Work-Life-Balance ist zum Beispiel etwas, das von den Millennials sehr stark erkämpft wurde und von der jüngeren Generation heute schon als gegeben angesehen wird. Man merkt, es gibt schon eindeutig Unterschiede. Aber klar – man kann nicht alles nur in Generationen denken. Wir haben auch in unserer Generation Zukunft Studie mit dem Marktforschungsunternehmen Link gesehen, dass das Arbeitsklima in allen Generationen der wichtigste Faktor bei der Entscheidung für oder gegen einen Arbeitgeber ist. Wie das Arbeitsklima dann nachher aussieht, ist dann aber wieder unterschiedlich. Viele junge Menschen fühlen sich auf dem Arbeitsmarkt nicht wirklich ernst genommen – das mag es auch früher schon gegeben haben. Aber können wir uns sowas heutzutage immer noch leisten? Daher finde ich es wichtig, diese Unterschiede zu machen und nicht einfach zu sagen: Ihr seid noch jung, wartet einfach mal ab, bis ihr älter seid. Ich finde es schade, wenn so etwas dann als Ausrede angeführt wird, um sich nicht mit jungen Menschen auseinanderzusetzen.
Zum Abschluss: Was sind die drei Punkte, auf die Unternehmen bei der Ansprache der Gen Z achten sollten?
Ganz sicher die Plattformen, auf denen man unterwegs ist. Dann natürlich das Format, also die Art und Weise, wie man kommuniziert – und die Sprache. Aber da gibt es auch noch weitere Aspekte, die da reinspielen. Und noch ein ganz wichtiger allgemeiner Punkt ist für mich, dass man sich auch nicht immer selbst davon abgeholt fühlen muss. Sondern dass man sich Leute an Board holt, die verstehen, wie man die junge Generation anspricht.