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Überzeugte die Kritiker: Das Präventionsprojekt „Trainer Plus“
26.02.2015   News
Gejagt, gestärkt, gemeistert
 
Jägermeister Seit Jahren wächst der Druck auf Hersteller alkoholischer Getränke, ihrer besonderen gesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden. Auch die Mast-Jägermeister SE geriet für ihre bunte und laute Vermarktung bei jungen Zielgruppen zunehmend in die Kritik. 2009 entschied sich das Unternehmen zu einem Kurswechsel. Zusätzlich zu einem strengen Marketing-Kodex, der weit über die Selbstverpflichtungen der Branche hinausgeht, entstand in Kooperation mit der Humboldt-Universität zu Berlin das Präventionsprojekt „Trainer Plus“. Mit Transparenz und messbaren Ergebnissen gelang, was unerreichbar schien: Jägermeister überzeugte viele Kritiker und gilt heute als beispielhaftes Unternehmen in der Branche.


Aufgabenstellung

Als das Wolfenbütteler Familienunternehmen 2009 Verantwortung zum wesentlichen Bestandteil seiner Vermarktung erhob, war das Misstrauen groß. Unternehmen aus der Alkoholindustrie stehen unter besonders kritischer Beobachtung, wenn sie sich im Bereich der Corporate Social Responsibility (CSR) engagieren. Am Anfang steht kein Vertrauensvorschuss, sondern ein Glaubwürdigkeitsdefizit: Die Ernsthaftigkeit der Bemühungen wird bezweifelt.
Schnell war klar: Die Formel „Mit Verantwortung zum Erfolg“ würde ein leeres Versprechen bleiben, wenn das Unternehmen nur an seiner Wahrnehmung und nicht an der substanziellen Wirkkraft der Maßnahmen arbeiten würde. Gesucht war daher ein messbares und somit nachweislich wirkungsvolles CSR-Engagement. An Stelle einer oberflächlichen Kampagne sollte das Unternehmen auf Basis von beispielhaftem, nachhaltigem Handeln aus der Kritik manövriert werden und seine Glaubwürdigkeit als verantwortungsvoller Spirituosenhersteller zurückgewinnen.

Umsetzung

In einem ersten Schritt wurde gemeinsam mit Mitarbeitern aus den Unternehmensbereichen Vertrieb, Marketing, Kommunikation und Promotion ein weitreichender Marketing-Kodex entwickelt. Der Kodex umfasst Leitplanken für die tägliche Arbeit, die eine verantwortungsvolle Produktvermarktung gewährleisten sollen. Um eine größtmögliche Praxisrelevanz zu erzeugen, folgten national und international Trainings und Compliance-Schulungen der Mitarbeiter und Vertriebspartner und ein hochrangiges, marketingunabhängiges Kontrollgremium.
Der Schwerpunkt des Kodex ist der besondere Schutz von Minderjährigen. Daher umfasst die zweite Säule der CSR-Strategie eine Initiative zur Prävention von Alkoholmissbrauch unter Jugendlichen. Eine oberflächliche Plakatkampagne wäre jedoch ungeeignet gewesen, um dem eigenen Anspruch eines messbaren, wirkungsvollen Beitrags gerecht zu werden. Gleichzeitig sollte die Präventionsmaßnahme keinen Anlass zum Vorwurf geben, dass sie der „Markenbildung durch die Hintertür“ dienen würde. Konsequenz: Die Marke Jägermeister durfte zu keinem Zeitpunkt bei den Jugendlichen in Erscheinung treten. Aus Sicht des Unternehmens gehört die Konzeption und Umsetzung eines Präventionsprojekts ohnehin in die Hände von Experten und nicht in die eines Alkoholherstellers. Die Interaktion mit den Jugendlichen musste daher ausschließlich über einen neutralen und unabhängig von Jägermeister agierenden Projektpartner erfolgen.
Wegen der bis dato bestehenden öffentlichen Kritik an der Vermarktungsstrategie zögerten jedoch viele, mit Jägermeister zu kooperieren. Die Lösung: Mittels klarer vertraglicher Zusagen, die die vollständige Unabhängigkeit des Partners garantierten, konnte auch diese Hürde überwunden werden. In Zusammenarbeit mit der Humboldt-Universität zu Berlin wurde 2010 über eine Drittmittelförderung das Forschungs- und Präventionsprojekt „Trainer Plus“ ins Leben gerufen. Die Projektleitung übernahm der Gesundheitspsychologe Matthias Jerusalem.
„Trainer Plus“ wendet sich an Jugendtrainer aus Sportvereinen und bildet diese zu zertifizierten Präventionsexperten aus. Dabei lernen sie, wie sie im Trainingsalltag die Persönlichkeit der Jugendlichen gezielt stärken können, um einem frühzeitigen Konsum von Alkohol vorzubeugen und damit das Risiko für einen späteren übermäßigen Alkoholkonsum zu verringern. Denn gerade in der Pubertät werden die Weichen gestellt für das spätere Trinkverhalten. Entscheidend: Die Wirksamkeit der Maßnahme wurde durch die Forscher fortlaufend evaluiert. Die begleitende Öffentlichkeitsarbeit sah zudem eine klare Rollenteilung vor: Jägermeister sprach ausschließlich über die Beweggründe seiner Präventionsbemühungen, während die Forscher alleinig für inhalt-liche und methodische Fragen zuständig waren. Trotz vielversprechender Ergebnisse nach dem ersten und zweiten Projektjahr verzichtete Jägermeister bewusst auf eine breite externe Kommunikation, um die Glaubwürdigkeit des Projekts nicht zu gefährden. Kommuniziert wurde nur sehr spitz und gezielt bei politischen Entscheidungsträgern, Verbänden und NGOs.


Ergebnisse

Ziel war es, Jägermeister auf Basis beispielhaften, nachhaltigen Handelns aus der öffentlichen Kritik zu manövrieren. Die Strategie ging auf: Die Präventionsinitiative „Trainer Plus“ gilt heute in der Branche als vorbildliche CSR-Maßnahme und ist das größte Projekt zur Alkoholprävention im Jugendfußball.
Von 2010 bis 2013 wurden in drei Schulungswellen 1.239 Jugendtrainer in über 100 Workshops für ihre Vorbildwirkung sensibilisiert
Mehr als 10.000 erreichte Jugendliche
Die Absicht der teilnehmenden Jugendlichen, Alkohol zu trinken, wurde um 25 Prozent gesenkt
Verzerrte positive Einschätzungen zu Alkohol verringerten sich um 15 Prozent
Die Jugendlichen wurden nachweislich darin gestärkt, auch bei Gruppendruck standhaft zu bleiben und auf Alkohol zu verzichten
2014 belegte der öffentlich zugängliche wissenschaftliche Forschungsbericht der HU Berlin die Wirksamkeit des Ansatzes.
Dieser Erfolg wird fortgesetzt: Mit neuen Vereinen ging „Trainer Plus“ 2014 in die zweite Runde. Auch an anderer Stelle folgten den Worten des Kodex Taten, beispielsweise in Bezug auf die strikte Trennung von Sport und Alkohol. Ausgerechnet Jägermeister, das 1973 das Trikotsponsoring im deutschen Fußball erfunden hatte, zog einen Schlussstrich unter jeg- liches Sportengagement und baute deutschlandweit sämtliche Produkt-Werbebanden auf über 700 Fußballplätzen ab.
Die Jägermeister CSR-Strategie beweist: Das „eingebaute Glaubwürdigkeitsdefizit“ von Alkoholherstellern kann überwunden werden. Transparente Kooperationen mit seriösen Partnern, fortlaufende wissenschaftliche Evaluation und behutsame Kommunikation sind der Schlüssel zum Erfolg. Anders als noch vor wenigen Jahren ist Jägermeister heute nicht mehr in der medialen Schusslinie, wenn es um mangelhafte Selbstregulierung oder unverantwortliche Produktvermarktung gegenüber Jugendlichen geht. Statt als Negativ-Beispiel gilt der Hersteller von Spirituosen heute wieder als angesehener Gesprächspartner von Politik und Medien.
Foto: Mast-Jägermeister SE

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