Welche Folgen haben Krieg und Krise für den PR-Arbeitsmarkt? Was ist der größte Fehler, den Young Professionals machen können? Woran erkennt man einen miesen Chef? Oseon-Gründer Tapio Liller antwortet im Karriere-Fragebogen.
Krieg, Krise, Inflation, die drohende Rezession und noch nicht überwundene Pandemie: Welche Folgen hat das alles absehbar für den Arbeitsmarkt in PR und Kommunikation, besonders für Berufs-Einsteigerinnen und -Einsteiger sowie Young Professionals?Wir leben in einer Zeit rapiden Wandels – politisch, gesellschaftlich, in der Wirtschaft und technologisch. Der Wandel will gestaltet werden, und das ist auch eine große kommunikative Aufgabe. Daher mache ich mir um die Einstiegs- und Karrierechancen von jungen PR-Leuten keine Sorgen. Wer neugierig ist und bereit, laufend Neues zu lernen, wird erfolgreich sein.
Welche Fähigkeiten/Qualifikationen sind vor dem beschriebenen Hintergrund besonders gefragt?Die wichtigste Fähigkeit für Kommunikatoren ist der wache und weite Blick auf die Welt. Menschen mit vielfältigen Interessen sind in der PR gut aufgehoben. Sie sollten immer eine gewisse kritische Distanz zu ihrem jeweiligen Betätigungsfeld bewahren, um gut beraten zu können. Alles andere – neue Kanäle, Technik, Tools und Methoden – muss man alle paar Jahre ohnehin neu lernen oder adaptieren.
Der größte Fehler, den Berufsanfänger/Young Professionals in der Kommunikation machen können, ist ... zu erwarten, dass ihnen der Erfolg zufliegt. Wer vorankommen will, muss schon früh bereit sein, die Komfortzone zu verlassen, das kalte Wasser suchen, hineinspringen und sich warmschwimmen. Damit man nicht untergeht, sind dafür gute Vorgesetzte und Mentor:innen wichtig. Sie sollten aktiv auf junge Kolleg:innen zugehen und Unterstützung anbieten, Chancen aufzeigen und ihr Wissen teilen. Berufsanfänger:innen sollten nach Umfeldern suchen, in denen sie gefördert und gefordert werden.
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Tipp: Was braucht es, um in der Kommunikation erfolgreich zu sein? Auch in diesem Jahr gibt es die wichtigste Groß-Veranstaltung für den Nachwuchs und für Young Professionals: vom 2. bis 4. November findet das PR Report Camp statt – digital und vor Ort in Berlin. Mit dabei sind viele renommierte Top-Profis aus Agenturen und Unternehmen. Auch von Oseon. Kostenlos für Studierende, Volos und Trainees! Jetzt anmelden!
_______________________________________________________________________________Mit Blick auf den Nachwuchs/Young Professionals: Wo/bei welchen Kompetenzen sehen Sie die größten Defizite?In der Regel zeigen unsere Nachwuchskräfte große Leistungs- und Lernbereitschaft, da können wir nicht klagen. Gelegentlich sehe ich aber, dass Einsteiger:innen sich schwertun, anspruchsvollere Aufgaben mit dem nötigen Biss und Durchhaltewillen anzugehen. Dabei wächst man genau an diesen Jobs und lernt dazu. Und was immer wieder intensiver Schulung bedarf, ist die Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge verständlich auf den Punkt zu bringen.
Nach den Erfahrungen durch zweieinhalb Jahre Pandemie: Brauchen Kommunikationsabteilungen und -Agenturen/-Dienstleister noch Büros – und wenn ja wofür?Ich kann nur für Agenturen sprechen. Für die sind Büros auch Orte, an denen so etwas wie Agenturkultur entsteht, ein Gefühl der Zusammengehörigkeit, ein Teamgeist. Für viele Tätigkeiten sind Büros nicht notwendig und waren es im Grunde seit der universellen digitalen Vernetzung auch nie. In Zukunft werden hybride Aufstellungen die Regel sein. Die Tools sind da, die Prozesse und die Kultur der Zusammenarbeit in einer hybriden Arbeitswelt werden sich aber noch entwickeln müssen.
Die wichtigste Frage, die Sie in jedem Bewerbungsgespräch stellen, lautet: Vielleicht nicht die wichtigste, aber eine wichtige lautet: "Welche Innovation hat dich zuletzt richtig begeistert und weshalb?" So finden wir heraus, ob jemand zu unserem Beratungsschwerpunkt "Zukunftsthemen" passt.
Eine Bewerberin/ein Bewerber fragt Sie: "Warum werde ich bei Ihnen beruflich glücklich?" – was antworten Sie?Wir schaffen bei Oseon die beste Agentur für überzeugte Agenturleute. Das heißt, bei uns gibt es die Themen- und Aufgabenvielfalt des Agenturgeschäfts mit und für Zukunftsthemen und zugleich die organisatorischen wie sozialen Rahmenbedingungen, dass jede und jeder bei uns gern und lange bleiben will. Wir fördern unsere Leute und achten sehr auf ein psychologisch sicheres und gesundes Arbeitsklima. Außerdem machen wir als inhabergeführte Agentur viele Dinge unkompliziert möglich, die anderswo erstmal mit einem "hm, schwierig…" quittiert würden.
Wenn Sie heute 25 Jahre alt wären, würden Sie ... aus heutiger Sicht fast als Spätstarter bei einer inhabergeführten Agentur anfangen und sehr genau drauf achten, wie die Kolleg:innen mit- und übereinander sprechen. Das ist der beste Indikator für eine gesunde Teamkultur.
Mit dem Wissen von heute: Nach welchen Kriterien würden Sie Ihren ersten Arbeitgeber auswählen?Nach Themen und Kunden, die mich interessieren, nach der Chemie mit direkten Vorgesetzten und den Erfahrungen von jungen Mitarbeitenden, die ihre ersten zwei, drei Jahre schon hinter sich haben. Die wissen wirklich, was Sache ist.
Der schlechteste Rat, den Sie je bekommen haben, war: "Machen Sie sich bloß nicht selbstständig." Glücklicherweise habe ich ihn ignoriert.
Einen miesen Chef/eine miese Chefin erkennt man an ... zur Schau gestelltem Chef-Dünkel und der Neigung zum Micromanagement.
Welches Buch sollten Kommunikationsprofis unbedingt gelesen haben?"Erzählende Affen" von Samira El-Ouassil und Friedemann Karig. Ein sehr umfassender Ritt durch die Geschichte und Soziologie des Menschen als erzählendes Wesen.
Welche Netflix-Serie sollten Kommunikationsprofis unbedingt gesehen haben?Die Apple TV+-Serie "Ted Lasso", weil sie zeigt, wie wichtig es ist, jemanden jenseits seines Jobs als Mensch zu sehen und anzuerkennen, dass eben nicht immer alles superhappytoll sein kann. Und trotzdem ist die Serie sehr lustig.
Welchem Social-Media-Kanal sollten Kommunikationsprofis unbedingt folgen und warum?Inzwischen finde ich, es lohnt sich mehr, den unendlichen "Zeit"-Podcast "Alles gesagt" von und mit Jochen Wegner und Christoph Amend zu hören, als sich täglich neuen Aufregern auf Social Media hinzugeben. Das entschleunigt sehr.
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