Kritische Berichterstattung in Deutschland wird offenbar immer schwieriger. Jetzt sehen sich sogar Unternehmen selbst gezwungen, sich einen Kodex für ihre Medienarbeit aufzuerlegen. "Unternehmen dürfen einzelnen Medien nicht aufgrund erfolgter oder zu erwartender kritischer Beichterstattung mit Werbeentzug oder anderen Nachteilen drohen oder Zugang zu Informationen vorenthalten", ist einer der Grundsätze, die der Arbeitskreis "Corporate Compliance" im
Institute for European Affairs (INEA) jetzt aufgestellt hat.
In einem Bericht über den
"Kodex für die Medienarbeit von Unternehmen" im
"Manager Magazin" (Ausgabe 3/2015) sagt der Vorsitzende des Arbeitskreises und INEA-Chairman Jürgen Gramke: "Unternehmen können heute in einem Ausmaß redaktionelle Berichterstattung kaufen, wie das früher völlig undenkbar war. Und sie machen davon Gebrauch."
In der
Online-Kurzversion des Berichts äußert sich auch Tilmann Kruse, Chefjustiziar von Gruner + Jahr und Presseratssprecher. Seiner Meinung nach werde der Trennungsgrundsatz zwischen Werbung und Journalismus auch deshalb immer öfter ausgehebelt, weil die Landespressegesetze und der Pressekodex heute wirkungslos seien, denn sie bezögen sich nur auf die Medienunternehmen. Gramke wolle den Kodex dem Wirtschaftsmagazin zufolge in den kommenden Wochen an die Fraktionschefs der im Bundestag vertretenen Parteien, das Bundesjustizministerium und den Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) schicken.
In dem INEA-Arbeitskreis sind unter anderen der Europäischen Rechnungshof, Wirtschaftskammern, Staatsanwaltschaften, Anwälte und 26 Unternehmen, darunter die Deutsche Bank die Allianz und E.on, vertreten. Der Kodex ist eine Empfehlung des Arbeitskreises und als solche zunächst als Selbstverpflichtung zu verstehen.