Lediglich ein Drittel der Kommunikationsfachleute in Europa verfolgt die aktuelle Diskussion über Communication Technology (CommTech) aufmerksam. Das zeigt der European Communication Monitor (ECM), der von einem Forscherteam unter Leitung von Ansgar Zerfaß durchgeführt wurde.
Laut der Studie glaubt nur eine nur eine kleine Mehrheit (bis zu 55,2%), dass der Einsatz digitaler Technologien, Tools und Software-Services den Kommunikationsberuf, die Kommunikationsabteilungen oder -agenturen, für die sie arbeitet, und die Art und Weise, wie sie persönlich arbeitet, verändern wird. Allerdings gibt es große Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern, ohne dass eine klare regionale Tendenz erkennbar wäre.
Bei der Bewertung der CommTech-Risiken ist ein Drittel aller Befragten der Meinung, dass die Digitalisierung der Kommunikationsfunktion Nachteile für die Kommunikation mit den Stakeholdern, die Beratung des Top-Managements beziehungsweise anderer interner Klienten oder für die eigenen Arbeitsabläufe mit sich bringt. Die Zurückhaltung auf der individuellen Ebene korrespondiert mit einem moderaten Digitalisierungsgrad auf der Mesoebene von Kommunikationsabteilungen und -agenturen. Nur sehr wenige (6,2%) dieser Einheiten haben all ihre Kernaktivitäten digitalisiert und berichten über eine sehr fortgeschrittene Nutzung von CommTech. Abgesehen von diesen Innovatoren hinken viele in der Praxis hinterher und werden von den Befragten als Außenseiter, Nachzügler oder Spätzünder eingestuft.
Die größten Herausforderungen bei der Einführung von CommTech sind dem ECM zufolge nicht technologische Fragen (zum Beispiel die Leistungsfähigkeit der Software) oder menschliche Aspekte (zum Beispiel fehlende digitale Kompetenzen der Kommunikatoren), sondern Faktoren, die auf Defizite innerhalb der jeweiligen Organisationen hinweisen. Oft sind die Kommunikationsaufgaben und -prozesse nicht auf die Digitalisierung vorbereitet (38,5%). Als häufigste Hindernisse werden unflexible Strukturen und Kulturen, mangelnde Unterstützung durch IT-Abteilungen und ähnliche strukturelle Barrieren genannt (44,7%).
Im Rahmen des ECM 2022 wurden 1672 Kommunikationsverantwortliche in 43 europäischen Ländern zu aktuellen Themen befragt. Die Studie wird jährlich von der Euprera, dem europaweiten Verband der Kommunikations- und PR-Wissenschaftler, und dem EACD als internationalem Verband der Kommunikationsdirektoren (European Association of Communication Directors) durchgeführt. Der ECM 2022 beschäftigt sich vor allem damit, ob und wie sich zwei viel diskutierte Entwicklungen in Gesellschaft und Organisationen auf die Kommunikationsbranche auswirken: Vielfalt, Gleichstellung und Inklusion sowie der Trend zu einem empathischen Führungsstil. Die Gehaltsentwicklung in der Branche, strategische Themen sowie die Merkmale exzellenter Kommunikationsabteilungen wurden mit einer detaillierten Analyse für 22 Länder unter die Lupe genommen.
Weitere ausgewählte Ergebnisse:
- Vielfalt, Gleichstellung und Inklusion prägen öffentliche Debatten weltweit – aber nur jeder zweite Kommunikationsprofi in Europa verfolgt die globalen Trends und Diskussionen in diesem Bereich.
- Ein empathischer Führungsstil von Führungskräften in Kommunikationsabteilungen und Agenturen hat einen signifikant positiven Einfluss auf Engagement, Einsatzbereitschaft und psychische Gesundheit der Teams.
- Qualität in der Kommunikationsberatung ist aus verschiedenen Gründen schwer erreichbar; entsprechende Standards für Berater, Kunden oder beides werden von drei von vier Befragten befürwortet.
Der vollständige Ergebnisbericht steht
hier zur Verfügung.
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