Josef Joffe, die Warburg Bank, Cum Ex und die Frage, was "exzellente" PR leisten kann. Gedanken von Gast-Autor Hasso Mansfeld.
Neulich machte ein Brief des "Zeit"-Herausgebers Josef Joffe
auf Twitter die Runde. Daraus geht hervor, dass Joffe seinen langjährigen Freund, den Bankier Max Warburg, „angefleht" habe, in Sachen Cum-Ex-Berichterstattung „eine exzellente PR-Agentur einzuschalten". Als Joffe den Brief schrieb, war gerade eine große "Zeit"-Recherche über die Cum-Ex-Geschäfte der Hamburger Privatbank Warburg erschienen.
Da stellt sich natürlich die Frage: Was meint jemand wie Herr Joffe, was die Aufgabe von PR ist? Und wie ist der Begriff "exzellent" zu bewerten?
Die Causa sei "nicht juristisch", begründete Joffe seine dringende Empfehlung, schließlich seien die Geschäfte „seinerzeit legal“ gewesen. „Folglich ging es darum, um des guten Rufes willen die Öffentlichkeit zu überzeugen“, schreibt der Publizist, der sein Herausgeber-Mandat
nach dem Leak des Briefs nicht mehr ausüben wird.
Allerdings kann eine Agentur immer nur so gut sein, wie der Kunde es erlaubt. Aber wie definiert die Agentur ihre Exzellenz? Will sie eine Meisterin der Manipulation sein und besonders gut lügen? Oder hat sie den Anspruch, an der Aufklärung des Falls mitzuwirken?
Meines Erachtens ist die Aufklärung der einzige wirksame Hebel, den man in einer solchen Situation hat, ohne das Risiko einzugehen, die Sache am Ende noch viel schlimmer zu machen. Eine exzellente PR-Agentur muss daher zur Aufklärung beitragen – im Rahmen dessen, was der Kunde zulässt. Und auch die Agentur muss sich auf den Kunden einlassen.
Wir PR-Berater können ja nicht wie Wirtschaftsprüfer bei Firmenübernahmen eine Due Diligence durchführen und nachsehen, wo die verborgenen Risiken liegen. Wir sind darauf angewiesen, das zu glauben, was der Kunde uns sagt. Es geht nicht ohne dessen ernsthafte Mitwirkung. Bestehen daran berechtigte Zweifel, ist es besser, den Auftrag nicht anzunehmen.
Warburg ist ein besonders schwieriger Fall. Cum-Ex-Geschäfte werfen ein ganz schlechtes Licht auf alle, die sich darauf eingelassen haben, erst recht auf jene, die sie erdacht und durchgeführt haben. Denn gesellschaftlich vermittelbar sind die Geschäfte auf keinen Fall. Es geht schließlich um Gerechtigkeit, das Prinzip der Gleichbehandlung und das Gemeinwohl. Sie rufen völlig zu Recht große Empörung in der Öffentlichkeit hervor.
In einem solchen Fall ist die Aufgabe einer exzellenten PR-Agentur eher therapeutischer Natur. Sie muss dem Kunden dabei helfen, sich einer kritischen Selbstprüfung zu unterziehen. Der Kunde muss erkennen, wo er Fehler gemacht hat und in welche Situation er sich selbst manövriert hat.
Menschen machen Fehler. Wäre der Mensch nicht fehlbar, wäre er Gott. Der Fehler ist in uns Menschen angelegt, wir alle machen ständig Fehler, große und noch viel mehr kleine. Und da die Gesellschaft aus lauter Individuen besteht, besteht sie aus lauter Fehlerquellen und muss ständig befriedet werden. Wenn wir einander nicht verzeihen würden, würden Streit, Frustration und Aggression sich ständig vergrößern.
Es muss also Möglichkeiten geben, Abbitte zu leisten. Die katholische Kirche liefert uns ein gutes Beispiel dafür, das hier nicht aus theologischer, sondern aus soziologischer Perspektive wichtig ist. Die Abbitte ist dabei institutionalisiert: Auf Beichte, Reue und Buße folgt die Absolution. Allem voran steht der Reflexionsprozess.
Für den Agenturkunden bedeutet das: Er darf es sich nicht leicht machen, er muss sich intensiv prüfen und dann nachvollziehbar erklären, warum sein Handeln falsch war. Anschließend muss es ein Element geben, das der Öffentlichkeit zeigt, dass das Fehlverhalten ernsthaft bereut und darüber hinaus auch Buße getan wird. Aufgabe der aufklärenden Agentur wäre es, dem Kunden zu der Erkenntnis zu verhelfen, dass es nicht ohne Selbstreflexion und Fehlereingeständnis geht.
Eine exzellente PR-Agentur, die sich ernsthaft um Aufklärung bemüht, hätte Max Warburg also helfen können. Hätte er nur mal auf seinen Freund Josef Joffe gehört.
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