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Höttges bei Jung & Naiv (Screenshot: Jung&Naiv/Youtube)
15.02.2022   Wissen & Praxis
Telekom-Chef Tim Höttges ist der Beste vor der Kamera
In einer Analyse der Social-Media-Auftritte der Dax-CEOs liegt Höttges vorn. Was andere sich von ihm abschauen können.
Bühne frei. Und das weltweit. Über Videos auf digitalen Kanälen können CEOs heute ihre Zielgruppen direkt erreichen. Was Bewegtbilder besonders wirkungsvoll macht: Mit ihnen lassen sich Inhalte durch nonverbale und stimmliche Mittel deutlich verstärken – in Zeiten rasanter Veränderungen wichtiger denn je. Zudem beeinflusst die Reputation der Vorstandsvorsitzenden das Image von Unternehmen signifikant – je nach Studie bis zu 64 Prozent.
 
Nutzen die 40 Dax-CEOs die Chancen, die ihnen Videos bieten? Diese Frage beantwortet der Bundesverband für Medientraining in Deutschland (BMTD) mit dem ersten wissenschaftsbasierten „CEO Digital Video Index“. Eine achtköpfige Jury aus Medientrainerinnen und -trainern (Cornelia Klaila, Katrin Prüfig, Janine Stolpe-­Krüger, Manfred Baumann, Ulrich Grünewald, Stefan Klager, Oliver Niebuhr und Ingo Bosch) bewertete dabei von jedem CEO ein Video. Und zwar jeweils das Video, das im Jahr 2021 in Social Media am meisten angesehen wurde.
 
Dabei wurden drei Ebenen der Kommunikation detailliert ­betrachtet:

1. Visuelle Ebene: Blick, Mimik, Gestik, Kopf- und Körperhaltung, Erscheinung der Person und Setting.
2. Sprachliche Ebene: Ausdruck, Prägnanz der Formulierungen, Struktur, spannende Erzählung.
3. Akustische Ebene: Tonhöhenumfang, Sprechtempo, Pausen, Länge der Sätze und Sinneinheiten, hörbarer Punkt am Satzende, besondere Betonungen.
 
Sieger Timotheus Höttges, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Telekom, erreichte dabei 232,8 von 300 maximal möglichen Punkten. Dahinter folgen Leonhard Birnbaum von Eon und Martin Brudermüller von BASF.
 
Was macht Höttges gut?
Sich der Youtube-Sendung „Jung & Naiv“ zu stellen, ist für den Lenker eines börsennotierten Konzerns mutig. Denn Tilo Jung, der Gründer dieses Formats, mimt einen naiven Fragesteller, hakt jedoch hartnäckig mit profundem Wissen nach, wenn ihm Antworten zu schwammig sind. Dabei ist dessen thematische Bandbreite immens und schwer antizipierbar: Höttges muss sich beispielsweise fast zwei Stunden lang Fragen zu Staatstrojanern, zur NSA, zur Corona-Warn-App, zu Guantanamo und zu den Uiguren in China stellen. Dennoch formuliert er die meisten Antworten sehr konkret und bildhaft, zudem veranschaulicht er Aussagen wiederholt mit Anekdoten und beherrscht das Storytelling. Seine variable Gestik, Mimik und Sprechweise lassen ihn engagiert, glaubwürdig und somit überzeugend wirken. Passend zum Format verzichtet Höttges auf Krawatte und Anzug, lässt sich unkonventionell von der Seite filmen, toleriert zwei sehr große Mikrofone auf dem Tisch und das generell von Jung verwendete „Du“.

Was könnte Höttges besser machen?
Auffallend ist sein Spiel mit den Fingern oder seiner Atemschutzmaske. Meta-Studien belegen, dass solche „Übersprungshandlungen“ meist als nervös oder unsicher interpretiert werden. Es hilft, eine Grund- oder Ruheposition wie eine Hand auf der anderen liegend zu automatisieren, um diese auch bei langen Formaten beizubehalten. Ab und zu presst Höttges seine Stimme zudem etwas, sein früher häufiger hörbares „ähm“ kommt durch und er gestikuliert vor dem Gesicht. Negativ besetzte Wörter sollte er in der Antwort besser nicht wiederholen, sonst bleiben sie umso mehr beim Publikum hängen. Ein Beispiel dafür ist der Begriff „Staatstrojaner“.

Was können andere sich abschauen?
Offensichtlich besteht beim breiten Publikum eine Sehnsucht nach glaubwürdig vorgetragenen Aussagen (Auszug aus einem Youtube-Kommentar: „nicht glattgebügelt“). Höttges hat mit einem stimmigen Mix aus Inhalt, Körpersprache und Sprechweise nicht nur die siebenköpfige Jury überzeugt, sondern auch zahlreiche Kommentatoren unter dem Video. Wer sehen möchte, wie ein Dax-CEO mutig und authentisch Aussagen trifft – „ich war naiv“, „die Corona-App ist ein Rockstar“ – und kritische Aussagen gekonnt weglächelt, sollte sich diesen Auftritt anschauen.

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