Was war Ihr lehrreichster Fehler? Welcher Satz von Bewerberinnen und/oder Mitarbeitern nervt am meisten? Wo hat der Nachwuchs Defizite? Ernst Primosch vom Bureau of Communication (BoC) antwortet im Karriere-Fragebogen.
Verändert die Corona-Krise den Arbeitsmarkt in PR und Kommunikation?
Primosch: Ja. Davon ist auszugehen. Der Bedarf an guter Kommunikation nimmt zu. Gleichzeitig kommen viele Agenturen an ihre Leistungsgrenzen, weil man sich in der Krise von zu vielen Erfahrenen getrennt hat oder der gut ausgebildete Nachwuchs fehlt. Die wenigen guten Kommunikatoren, die am Arbeitsmarkt verfügbar sind, sollten sich aber bei ihrem nächsten Jobwechsel nicht nur fragen, wo sie die beste Work-Life-Balance und das beste Gehalt bekommen, sondern vor allem, wo sie weiterhin am Puls der Zeit ausgebildet und gefördert werden, um so für die Zukunft fit zu bleiben.
Sind Berufs-Einsteigerinnen und -Einsteiger sowie Young Professionals in der Kommunikation die Verlierer der Corona-Krise?
Für viele waren es keine leichten Jahre, weil der Lernprozess in einem realen Team viel einfacher ist. Erschwerend kommt hinzu, dass viele ManagerInnen - ganz branchenunabhängig - auch nicht in der Lage sind, digital zu führen und zu motivieren.
Welche Fähigkeiten/Qualifikationen sind wegen oder in Folge von Corona in der Kommunikation besonders gefragt?
Es sind vor allem digitale Fähigkeiten und soziale Kompetenzen. Teamplayer und engagierte Mitarbeiter sind gefragt, die sich mit ihrem Job und ihren Aufgaben wirklich identifizieren.
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Tipp: Ernst Primosch ist zu Gast beim
PR Report Camp 2021. Auch in diesem Jahr findet die wichtigste Groß-Veranstaltung für den Nachwuchs und für Young Professionals komplett digital statt: vom 2. bis 5. November. Mit dabei sind viele renommierte Top-Profis aus Agenturen und Unternehmen, die in Ask-me-Anything-Sessions gelöchert werden können. Auch Ernst Primosch.
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Mit Blick auf den Nachwuchs/Young Professionals: Wo sehen Sie die größten Defizite?
Es gibt Defizite in der Selbstwahrnehmung. Der Nachwuchs ist teilweise brillant, aber oft nicht auf dem Gebiet, auf dem er es sein möchte. Bis Young Professionals ihre eigentliche Berufung herausgefunden haben, vergeht oft wertvolle Zeit auf dem Karriereweg. Das heißt, als Young Professional sollte man sich so früh wie möglich über seine Stärken und Schwächen klarwerden. Da hilft auch mal ein offenes Gespräch mit Kolleginnen und Kollegen oder den Vorgesetzten. Diese Kultur wird in Deutschland leider nicht so offen gelebt, wie in anderen Nationen. Dabei müsste es im Interesse aller Teammitglieder sein, hier transparent und ehrlich zu sein, denn nur so ist man gemeinsam erfolgreich.
Eine Fähigkeit, die ein moderner Kommunikationsprofi unbedingt braucht, aber an der Universität nicht lernt, ist eindeutig Empathie! Die kann man sogar an der Uni verlernen. Auch Dialektik, womit die Logik der Sprache und nicht die Rhetorik gemeint ist, wird kaum gefördert. Dabei ist die Beherrschung von Dialektik absolut wichtig in der zwischenmenschlichen Kommunikation. In unserem Berufsbild ist sie somit sogar essenziell.
Ihre wichtigste Lehre aus der bisherigen Corona-Krise ist, dass Zuversicht viele Probleme erst gar nicht entstehen lässt. Aus fachlicher Sicht wiederum sollten die Anforderungen in Sachen Krisenmanagement an Unternehmen auch für die Politik gelten. Es war erschütternd, zu sehen, wie in der Pandemie kommunikativ dilettiert wurde. Da ist vieles ungewollt zu Bruch gegangen.
Unabhängig von Corona: Der schlechteste Rat, den Sie je bekommen haben, war: Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.
Ihr lehrreichster Fehler in Ihrer bisherigen Laufbahn war, zu verharren und meiner inneren Stimme nicht zu folgen.
Die wichtigste Mentorin/der wichtigste Förderer in Ihrer Laufbahn war: Das kann ich nicht an einer einzelnen Person festmachen, denn ich hatte das wirklich große Glück, von vielen großartigen Menschen lernen zu dürfen.
Die wichtigste Frage, die Sie in jedem Bewerbungsgespräch stellen, lautet:
Es sind zwei: 1. Wie stellen Sie sich ihr Leben vor und wie glauben Sie, passen wir da hinein? 2. Was würden Sie tun, um diesen Job zu bekommen?
Dieser Satz von Bewerberinnen/Bewerbern und/oder Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern nervt Sie am meisten: "Ich bin mir noch nicht sicher."
Einen miesen Chef/eine miese Chefin erkennt man an ... der Wortwahl.
Welches Buch sollten Kommunikationsprofis unbedingt gelesen haben und warum?
"Masse und Macht" von Elias Canetti für das Verständnis von Massenphänomen, das "Egoistische Gen" von Richard Dawkins, um den Zusammenhang zwischen Memen und Marken zu verstehen, und "Archetypen" von C.G. Jung, um die Macht von Archetypen einsetzen zu können.
Welchen Film sollten Kommunikationsprofis unbedingt gesehen haben und warum?
"Wag the Dog", "Thank you for Smoking" und "Mad Men". Das sollte für die richtige Berufswahl reichen.
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