"Grafik-Grundkenntnisse bei Kommunikatoren sind praktisch"
Claudia Roitzsch, Senior Grafikerin bei zwonull media, war beim LPRS - Leipziger Public Relations Studenten e.V. im Rahmen eines "Adobe InDesign"-Workshops zu Gast. Als ausgebildete Mediatechnikerin und Grafikerin gab sie allen Teilnehmern Einblicke in die Welt der grafischen Darstellung von Content und half bei der Ideenentwicklung und der Gestaltung neuer grafischer Produkte für den Verein.
Frau Roitzsch, Sie sind ausgebildete Medientechnikerin. Schaut man sich die aktuellen universitären Kommunikationsstudiengänge an, fällt auf, dass die allerwenigsten die Medientechnik als Teildisziplin vermitteln. Was denken Sie, wie wichtig sind technische Fähigkeiten bezüglich InDesign, Illustrator und Co. für den Kommunikator von heute?
Claudia Roitzsch: Nach meiner Meinung sind die Grundkenntnisse in den Programmen vor allem sehr praktisch. Es ist immer ein Vorteil, wenn die Begrifflichkeiten, die verwendet werden, auch dem Kommunikator verständlich sind und er weiß, wie das entsprechende System funktioniert. Wenn ein Kommunikator dann sogar selbst kleine Umsetzungen mit dem jeweiligen Hauptprogramm machen kann, ergibt sich eine ganz neue Qualität der Zusammenarbeit. Der Kommunikator ist dann auch in der Lage mit Kommunikationsagenturen auf gestalterischer Ebene zu sprechen.
Denken Sie, dass gerade in Anbetracht der zunehmenden Digitalisierung und der auch damit verbundenen Forderung nach Crossmedialität, derlei Fähigkeiten in Zukunft noch wichtiger werden?
Das denke ich auf jeden Fall! Die Digitalisierung betrifft sowohl die PR-Branche, als meine auch. Meine Prognose ist, dass es immer digitaler wird. Sie als PR-Praktiker müssen sich gemeinsam mit Kommunikationsagenturen im Vorfeld Gedanken machen, wie man die Kommunikationsziele in welchen Kanälen vermitteln kann und wie sie sie miteinander vernetzen können. Anschließend muss darüber nachgedacht werden, wie das Ganze aussehen und auch gemeinsam genutzt werden soll. Wo also Synergieeffekte genutzt werden können. Die Digitalisierung ist enorm wichtig und wir arbeiten derzeit verstärkt in diesem Bereich.
Ihr Arbeitsumfeld umfasst die Projektplanung und -koordination inhaltlicher und grafischer Konzeptionen. Dabei nimmt die grafische Umsetzung einen nicht zu unterschätzenden Teil ein. Können Sie mir verraten, was bei der Erstellung eines visuellen Contents unbedingt zu beachten ist?
Zunächst ist eine ausführliche Auseinandersetzung mit den Inhalten notwendig, die kommuniziert werden müssen, und eben auch den Zielgruppen, die damit angesprochen werden sollen. In vielen Projekten gibt es oftmals schon verschiedenen Vorgaben und Vorprojekte, die wir uns anschauen müssen. Was wurde wie bisher umgesetzt? Woran kann man anknüpfen und wo liegen eventuell Verbesserungspotenziale? Dabei ist die Abstimmung mit dem Kunden natürlich besonders wichtig. Letztendlich muss die visuelle Abbildung dem Kommunikationsziel entsprechen.
Ich persönlich bevorzuge einfache, verständliche Grafiken und versuche weniger “Großkling-Versprechungen” zu entwickeln, sondern den Inhalt und die Struktur so eindeutig wie möglich zu vermitteln. Manchmal ist es aber nicht möglich, etwas in nur drei Worten zu sagen, vor allem, wenn der Inhalt sehr komplex ist. Dann muss man sich überlegen, ob man aus drei vielleicht doch lieber sechs Wörter macht, bevor man zu viel kürzt oder gar eine Metapher wählt, die in die Irre führt und man nicht mehr erkennt, worum es sich handelt oder man im schlimmsten Fall nicht mehr ernst genommen wird.
zwonull Media bietet eine Vielfalt von Dienstleistungen von klassischen Printprodukten über Social Web-Konzepten bis hin zu Suchmaschinenoptimierung an. Damit kümmert sich als die Agentur sowohl um die klassischen als auch um die sog. „neuen“ Medienkanäle ihrer Kunden. Was hat sich für in den letzten sechs Jahren, seitdem Sie dort arbeiten, verändert? Ist im digitalen Zeitalter noch etwas von Ihrer Grafikarbeit auf Papier geblieben?
In den sechs Jahren hat sich schon sehr viel verändert. Wir hatten bereits darüber gesprochen, dass sich die zunehmende Digitalisierung enorm auf unsere Arbeitsprozesse auswirkt. Wir erarbeiten zwar momentan viel weniger Printprodukte, sie sind aber nach meiner Meinung nicht ausgestorben. Gewisse Produkte, wie Kataloge und Produktbroschüren, werden weiterhin benötigt und dementsprechend auch hergestellt. Das Gleiche gilt für die klassische Visitenkarte. Es ist immer schön, etwas aus Papier in der Hand zu haben, etwas was man weiterreichen und auch mitgeben kann, vor allem bei persönlichen Begegnungen. Auf Crossmedialität wird aber auch im Printbereich geachtet, etwa in Form eines QR-Codes, über den weiterführende Informationen zu einem bestimmten Thema aufgerufen werden können. Im Flyerbereich dagegen merkt man eine deutliche Veränderung. Das wird viel weniger gemacht. Man muss sich halt genau überlegen, welches Ziel man hat und welches Medium dafür geeignet ist – auch Fragen nach Ressourcen spielen dabei eine Rolle. Ich persönlich finde, dass es nicht schlecht ist, wenn immer mal wieder ein anderes Produkt zur Ansprache verwendet wird.
Erlauben Sie mir eine persönliche Frage: Wenn Sie Ihren berufliches Alltag grafisch darstellen müssten, wie würde dies aussehen?
Ich stelle mir ein Netz mit einigen festen Punkten vor. Es ist keine einzelne Grafik, sondern eher eine Animation, die sich ständig verändert und sich eben auch weiterentwickelt. Die festen Punkte suche ich mir selbst, aber da gibt es auch unsichere Faktoren und Fragezeichen.
Interview: Mihaela Stoyanova, Bachelor Kommunikations- und Medienwissenschaft