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News / Brauchen wir eine Karenzzeit für Seitenwechsler?
Hermann-Josef Tenhagen (Foto: Finanztip)
21.04.2021   News
Brauchen wir eine Karenzzeit für Seitenwechsler?
„Finanztip“-Chefredakteur Hermann-Josef Tenhagen fordert, dass Top-Journalisten und -Journalistinnen erst nach einer Abkühlphase in die PR gehen sollten.
Der Wechsel von Sven Afhüppe als Global Head of Political Affairs zur Deutschen Bank sorgte für Gesprächsstoff in der Branche. Viele spekulierten darüber, wie sich die Macht- und Einflusssphären bei dem Konzern künftig sortieren werden.
 
Hermann-Josef Tenhagen geht über das hauspolitische Klein-Klein hinaus und hat eine grundsätzliche Forderung: Der Chefredakteur von „Finanztip“ plädiert dafür, dass Top-Journalistinnen und -Journalisten bei Wechseln in die Wirtschaft oder in die Politik eine Karenzzeit einhalten. „Es ist ein Problem, wenn Menschen in Führungspositionen von Medien, die Kenntnisse des Innenlebens und der publizistischen Strategien haben oder diese gar mitbestimmen, ihr Insiderwissen verkaufen“, sagt Tenhagen.
 
Prinzipiell sei es legitim, dass sich Unternehmen oder Politik journalistische Kompetenz ins Haus holen. Aber die Übergänge sollten nicht nahtlos erfolgen, sondern nach einer Abkühlphase von mindestens einem Jahr. „Medienhäuser sollten selbst ein Interesse daran haben, intimes Wissen zu schützen, etwa durch arbeitsrechtliche Regelungen und ein Übergangsgeld für ihre wichtigsten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Solche Karenzen werden ja vor Wechseln zu direkten oder vermeintlichen Konkurrenten oft auch erzwungen.“
 
Tenhagen plädiert für eine freiwillige Selbstverpflichtung der Medien, die für Mitglieder der Chefredaktion, Journalistinnen und Journalisten mit Einblick in strategische Entscheidungen von Medienhäusern sowie die Leitung von Investigativteams gelten solle.
 
Drehtür-Effekt
Lars Rademacher nennt Tenhagens Forderung „begrüßens- und bedenkenswert“. Es gebe auch zwischen Journalismus und PR einen Drehtür-Effekt, der potenziell fragwürdig sein könne, sagt der Vorsitzende des Deutschen Rats für Public Relations.
 
Der oberste PR-Ethikwächter sieht indes praktische Hürden: „Für welche Hierarchieebenen genau sollte eine solche Karenzzeit gelten? Da sehe ich ein Abgrenzungsproblem. Und ist ein Übergangsgeld wirklich durchsetzbar? Da könnten zum Beispiel auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk schwierige Diskussionen zukommen“, sagt Rademacher. „Und eigentlich wäre es zu begrüßen, dass es weniger Frontenbildung und mehr Durchlässigkeit in der Gesellschaft gibt.“
 
In der Politik müssen amtierende und ehemalige Mitglieder der Bundesregierung eine Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Diensts anzeigen. Die Karenzzeit dauert 18 Monate nach Ausscheiden aus der Regierung. Ein Regierungsgremium kann die Beschäftigung für ein Jahr, in Ausnahmen bis zu 18 Monate, untersagen. In der Karenzzeit haben Regierungsmitglieder Anspruch auf Übergangsgeld.
 
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