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Timo Lommatzsch (Foto: Segmenta Futurista)
05.03.2021   Wissen & Praxis
Schlachtfeld Social Media
Trolle, Campaigner, Friendly Fire: Wer Ihnen das Leben im digitalen Raum schwer macht und warum. Eine Typologie von Gast-Autor Timo Lommatzsch (Foto).
Es ist wichtig, zu verstehen, wer warum etwas postet, um entscheiden zu können, ob und wie Sie reagieren. Natürlich spielen viele Faktoren bei dieser Einschätzung eine Rolle. Stake­holder sind je nach Branche und Organisation unterschiedlich zu kategorisieren und zu bewerten. Die folgende Typologie soll ein Grundgerüst einer Social-Media-Stakeholder-Map sein.

Typ 1: Der enttäuschte Kunde
Grund der Interaktion: Das Produktversprechen wurde nicht gehalten/verstanden, schlechter Service, enttäuschte Erwartungen, Kommunikation wurde anders gewünscht.
Art der Interaktion: Er oder sie nennt die konkrete Ursache der Verärgerung. Meist ist der Lösungsansatz enthalten.
Mögliche Reaktion: Er oder sie will wahr- und ernst genommen werden. Wenn möglich: helfen, Problem lösen, Standpunkt und Fakten sympathisch und verständlich erklären. Unter Umständen Kommunikation in anderes Medium verlagern.

Typ 2: Der enttäuschte Stakeholder
Grund der Interaktion: Negative Erfahrung mit der Organisation. Erwartungen wurden nicht erfüllt.
Art der Interaktion: Er oder sie lässt Frust raus, sucht eventuell Gleichgesinnte, nennt die konkrete Ursache der Verärgerung. Meist ist der Lösungsansatz enthalten.
Mögliche Reaktion: Er oder sie will wahr- und ernst genommen werden. Faktisch und empathisch reagieren. Aber: „Problem“ oft nicht lösbar, da es sich meist nicht auf ein Produkt bezieht. In diesen Fällen sollten Sie sich nicht in lange Debatten verwickeln lassen. Je nach Relevanz können Sie die Kommunikation telefonisch oder bei einem persönlichen Treffen weiterführen.

Typ 3: Der enttäuschte Ex-Mitarbeiter
Grund der Interaktion: Freut sich, dass das Unternehmen angegriffen wird und will Öl ins Feuer gießen. Hat eventuell noch eine Rechnung offen.
Art der Interaktion: Stimmt negativen Kommentaren zu. Beleidigt/greift das Unternehmen und dessen Führung an.
Mögliche Reaktion: Je nach Kommentar ignorieren oder moderieren. Sonst themen- und faktenbezogen antworten, aber nicht bloßstellen.

Typ 4: Der Troll
Grund der Interaktion: Will stören, provozieren, meckern und endlos streiten. Sucht Aufmerksamkeit durch Reibung.
Art der Interaktion: Provokation, Beleidigung, Rabulistik. Sucht den wunden Punkt, der Reaktionen provoziert.
Mögliche Reaktion: Ignorieren oder moderieren.

Typ 5: Der Campaigner
Grund der Interaktion: Will eine Kampagne vorantreiben und eine Reaktion oder Handlung der Organisation erreichen.
Art der Interaktion: Benennt vermeintliche Verfehlungen, stellt klare Forderungen, will emotional Druck ausüben.
Mögliche Reaktion: Der Campaigner will nicht diskutieren und Ihre Sicht verstehen, sondern sein Kampagnenziel erreichen. Daher bringen Social-Media-Diskussionen wenig. Konflikt muss auf anderer Ebene mit der Organisation des Campaigners gelöst werden.

Typ 6: Der Beifallspender
Grund der Interaktion: Dieser User äußert sich im Internet aktivistisch, ändert aber sein eigenes Handeln nicht. Oft politisch oder gesellschaftlich motiviert, aber meist nicht nachhaltig am Thema interessiert. Sieht die Interaktionen (manchmal unbewusst) als Form der Unterhaltung.
Art der Interaktion: Verteilt viele Likes, kommentiert selten mehr als fünf Worte, kopiert Statements anderer.
Mögliche Reaktion: Ignorieren oder moderieren. Besser ist es, den Fokus auf die Treiber und Initiatoren zu legen.

Typ 7: Der Social-Media-Experte
Grund der Interaktion: Will seine „Expertise“ zeigen und demonstrieren, „dass die meisten Unternehmen Social Media immer noch nicht verstehen“.
Art der Interaktion: Er kritisiert Ihre Kommunikation.
Mögliche Reaktion: Ignorieren/moderieren. Nicht in Diskussionen ziehen lassen.

Typ 8: Der positive Stakeholder
Grund der Interaktion: Möchte helfen, gießt aber zuweilen unabsichtlich Öl ins Feuer, da er sich persönlich angegriffen fühlt und emotional reagiert.
Art der Interaktion: Greift andere Kommentatoren an, entkräftet Argumente, verteidigt die Organisation.
Mögliche Reaktion: Wenn nötig: Moderierend eingreifen und Schärfe aus der Diskussion nehmen. Unter Umständen das klärende Offline-Gespräch suchen. Manchmal aber auch: Unterstützende Fakten liefern.
 
Dieser Artikel stammt aus der PR-Werkstatt "Schutzschild gegen Shitstorms". Die Werkstatt gibt es als Print-Ausgabe und E-Paper in unserem Online-Shop.

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