Drei bizarre Ideen von deutschen Vorzeige-Unternehmen. Und was Elon Musk und Tesla von einem bayerischen Mittelständler lernen können.
Der Irrglaube, Kommunikation sei nicht so wichtig und/oder könne eigentlich jeder, stirbt nicht aus. Jüngstes Beispiel: Tesla. Medienberichten zufolge hat der E-Autobauer seine PR-Abteilung in den USA aufgelöst.
Wieder so eine geniale Idee von Elon Musk Superstar? Oder Wahnsinn, der seinesgleichen sucht? Weder noch. Auch in Corporate Germany haben CEOs und Gründer bisweilen bizarre Einfälle. Drei Beispiele.
1. Siemens: Als Chefkommunikator Stephan Heimbach 2016 seinen Dienst in München quittierte, sorgte die Personalie für Gesprächsstoff. Auch, weil CEO Joe Kaeser sich höchst selbst zum Interimsboss der rund 1.800-Frau-und-Mann-starken Kommunikation aufschwang. Was immer damals dahintersteckte – Kaeser sorgte für Spott und sendete ein fatales Signal: Dass ein CEO die Kommunikation eines Dax-Konzerns einfach so nebenbei erledigen könne. Geht natürlich nicht. Weiß auch Kaeser, der nach ein paar Monaten Interregnum Clarissa Haller holte.
2. Merck: Auch in Darmstadt gab es 2016 eine eigentümliche Personalie: Merck setzte damals Isabel de Paoli als PR-Chefin ein. Eine blitzgescheite Aufsteigerin – aber aus dem Strategiebereich, keine gelernte Kommunikatorin. Nach einem halben Jahr gab der Konzern bekannt, dass de Paoli auf den Posten des Chief Strategy Officers wechseln würde. Man könnte sagen: Das Experiment wurde abgebrochen. Mit Constantin Birnstiel kam ein erfahrener PR-Profi.
3. Zalando: Der Onlinehändler dachte in seinen wilden Anfangsjahren, er könne sich Kommunikation sparen. Die Folge: Journalistinnen und Journalisten fanden Zalando teils „zum Kotzen“, und nach einem kritischen ZDF-Bericht war das Image auf Jahre im Eimer. Erst langsam dämmerte es den Gründern, dass es doch nicht so schlecht wäre, in Kommunikation zu investieren und Medien nicht als Feinde zu sehen.
Ob bewusst oder unbewusst: Die genannten Beispiele sind entweder Ausdruck von Geringschätzung, von Respektlosigkeit oder von Naivität – oder von allen dreien zusammen. Geringschätzung gegenüber Medien und Öffentlichkeit. Respektlosigkeit gegenüber der Ausbildung, der Erfahrung und dem Wert von Berufs-Kommunikatorinnen und -Kommunikatoren. Und Naivität gegenüber den möglichen Folgen einer solchen Haltung. Jedes Unternehmen ist auf belastbare Vertrauensbeziehungen zu seinen Interessengruppen angewiesen. Da braucht es Profis, die sich mit PR auskennen. Ein twitternder CEO und begehrte Produkte reichen nicht.
Holger Engelmann weiß das. Der Chef von Webasto musste im Januar eine bis dahin einzigartige Krise managen: Bei dem bayerischen Mittelständler gab es die ersten Corona-Fälle in Deutschland. Seitdem kennt die halbe Republik Webasto als die Firma, die vorbildlich gegen das Virus gekämpft hat. Einen entscheidenden Beitrag leistete die Kommunikation. Deshalb wurde PR-Chefin Nadine Schian bei den PR Report Awards 2020 als „Kommunikatorin des Jahres“ geehrt. Herzlichen Glückwunsch!
Webasto-Chef Engelmann bezeichnete die Auflösung der PR-Abteilung
im ausführlichen Interview im neuen PR Report übrigens als „abwegigen Gedanken“. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Ihr
Daniel NeuenPS: Wie so viele haben wir in diesem besonderen Jahr einiges anders gemacht. Das PR Report Camp fand erstmals voll digital statt – allen Unterstützern und den 1.700 Teilnehmenden dieser intensiven Woche vielen Dank. Und wir haben einen
Podcast über Beruf und Karriere gestartet. Hören Sie doch mal rein!