Ist der PR-Nachwuchs der Verlierer der Corona-Krise? Welche Fähigkeiten sind jetzt gefragt? Woran erkennt man miese Chefs? Kommpassion-Geschäftsführerin Jelena Mirkovic antwortet in unserem Karriere-Fragebogen.
Verändert die Corona-Krise den Arbeitsmarkt in PR und Kommunikation?
Mirkovic: Das muss man differenzierter betrachten. Sicher haben einige Unternehmen und Agenturen hier zwischenzeitlich verhaltener Neueinstellungen vorgenommen, vor allem, wenn man (s)einen Scherpunkt bei einer der stark betroffenen Branchen hat. Kommpassion hat einen starken Fokus auf Change- und Healthcare-Kommunikation, diese Bereiche sind derzeit sogar stärker nachgefragt. Meine Einschätzung ist, dass das Thema Kommunikation weiter an Relevanz zunehmen wird.
Sind Berufs-Einsteigerinnen und -Einsteiger sowie Young Professionals in der Kommunikation die Verlierer der Corona-Krise?Sie sind weder Gewinner noch Verlierer. In der Change- und Healthcare-Kommunikation, in der wir schwerpunktmäßig aktiv sind, geht es der Branche trotz Krise "ganz gut". Wir selbst haben derzeit gleich mehrere Stellen für Einsteiger ausgeschrieben. Insgesamt nehme ich wahr, dass die Zahl der Jobangebote in den letzten Wochen wieder leicht angezogen hat.
Welche Fähigkeiten/Qualifikationen sind wegen oder in Folge von Corona in der Kommunikation besonders gefragt?Die Krise beschleunigt die Veränderung. Profile von modernen Kommunikatoren sind immer integrierter und alles was "digital" ist, wird in diesen Profilen immer wichtiger.
Mit Blick auf den Nachwuchs/Young Professionals: Wo sehen Sie die größten Defizite?Wir haben in Zusammenarbeit mit dem HR-Arbeitskreis der GPRA-Agenturen und Lehrenden der Hochschulen einen gemeinsamen Qualifizierungsrahmen zum Berater- beziehungsweise Redakteurs-Profil in GPRA-Agenturen erarbeitet, der in Kürze vorgestellt wird. Enthalten ist auch ein sogenannter Kompetenzkreis für den Schwerpunkt Beratung. Wir sehen, dass der Nachwuchs mit durchaus guter Fach- und Methodenkompetenz die Hochschule verlässt. Bei der Weiterqualifizierung zum Berater kommen aber wesentliche Bereiche dazu: die Persönlichkeitskompetenz (beispielsweise Eloquenz, Innovationsfreude, Mut, Integrität) und die Selbstkompetenz (etwa Selbstständigkeit, Kritik-/ Reflexionsfähigkeit, Entschlusskraft) sowie die Sozialkompetenz (darunter Kommunikation, Kontaktstärke, Überzeugungskraft, Konfliktbereitschaft).
Eine Fähigkeit, die ein moderner Kommunikationsprofi unbedingt braucht, aber an der Universität nicht lernt: Frustrationstoleranz für eine höhere Resilienz.
Ihre wichtigste Lehre aus der bisherigen Corona-Zeit ist, wie unglaublich gut sich viele Menschen an Veränderungen anpassen können.
Unabhängig von Corona: Der schlechteste Rat, den Sie je bekommen haben, war: "Konzentriere dich auf deine Schwächen und versuche mit aller Kraft, an diesen zu arbeiten."
Ihr lehrreichster Fehler in Ihrer bisherigen Laufbahn war: Tausende. Es ist die Summe aller Fehler – sie passieren dauernd und bringen einen so viel weiter.
Die wichtigste Mentorin/der wichtigste Förderer in Ihrer Laufbahn war ... unser Agenturgründer Alexander Güttler – er ist ein großartiger Talente-Förderer. Ich kann mich sehr glücklich schätzen, dass ich auch nach 16 gemeinsamen Jahren immer noch so viel von ihm lernen, mit ihm entwickeln und mit ihm lachen kann.
Die wichtigste Frage, die Sie in jedem Bewerbungsgespräch stellen, lautet: "Du hast dich ja für das Gespräch mit unserer Agentur beschäftigt. Welche Empfehlung würdest du uns für unsere Kommunikation geben? Was können wir besser machen?"
Dieser Satz von Bewerberinnen/Bewerbern und/oder Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern nervt Sie am meisten:
Bei Bewerberinnen/Bewerbern: "Ich habe mir Ihre Website jetzt noch nicht so genau angeschaut."
Bei Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern: "Aber das haben wir immer so gemacht."
Einen miesen Chef/eine miese Chefin erkennt man an … Kontrollzwang und fehlender Sozialkompetenz.
Welches Buch sollten Kommunikationsprofis unbedingt gelesen haben und warum?
"Schnelles Denken, langsames Denken” von Daniel Kahneman. Denn: Ein guter Kommunikator muss wissen, wie das menschliche Gehirn funktioniert. Schließlich möchte er dort seine Botschaft platzieren.
Und: Am meisten beeindruckt hat mich in den letzten Jahren "Reinventing Organizations" von Frederic Laloux. Zunächst sieht es aus wie ein "neues Organisations- und Managementparadigma". Genau betrachtet, ist sein Organisationsmodell aber nicht neu, sondern es gründet vielmehr auf lange bekannten Prinzipien, Erkenntnissen und Erfahrungen, wie Organisation in einer zunehmend dynamischen Welt gelingen kann. Absoluter Kopföffner.
Welchen Film sollten Kommunikationsprofis unbedingt gesehen haben und warum?
"Miss Sloane – Die Erfindung der Wahrheit". Politische Kommunikation mit grandioser Story und fantastischer Hauptdarstellerin.
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