Bellaflora: Flower Power im Garten
Projekt: Kommunikation für Flower Power, das Nachhaltigkeitsprogramm von bellaflora
Aufgabe: Verständnis und Akzeptanz bei Mitarbeitern und Kunden gewinnen; das Interesse der Öffentlichkeit auf ökologisches Gärtnern im Privatbereich lenken
Kunde: bellaflora Gartencenter GmbH, Leonding
Agentur: senft & partner, Wien
Rund 85 Prozent der österreichischen Haushalte verfügen über eigenes Grün – in Form eines Gartens, eines Balkons oder einer Terrasse. 78 Prozent dieser Haushalte pflanzen Gemüse und Kräuter zum eigenen Verzehr. Keiner dieser Gärtner wird damit zum Selbstversorger, aber die allermeisten betrachten ihren essbaren Garten als gesunde Bereicherung des Speiseplans. bellaflora, mit 26 Niederlassungen Österreichs größtes Gartencenter, führt seit jeher den Claim „Die grüne Nummer 1“. Durch die strategische Ausrichtung auf Nachhaltigkeit erfüllt das Unternehmen diesen Anspruch heute stärker denn je: Als erstes und bisher einziges Unternehmen in Österreich listete bellaflora zu Beginn der Gartensaison 2013 alle chemisch-synthetischen Pestizide aus und ersetzte sie durch ökologische Pflanzenschutzmittel. Ein Jahr später, im Frühjahr 2014, erfolgte die gleiche Umstellung im Bereich der Dünger. Schon im Herbst 2014 kündigte das Unternehmen den nächsten nachhaltigen Meilenstein an: den Ausstieg aus dem Torfhandel.
Aufgabenstellung
Der Ausstieg aus dem Handel mit chemisch-synthetischen Herbiziden und Pestiziden war für bellaflora einerseits eine große Chance – die Chance, das nachhaltige Grundverständnis der „grünen Nummer 1“ verstärkt in der Öffentlichkeit zu positionieren. Andererseits barg dieser Ausstieg auch ein erhebliches Risiko. Niemand konnte vorhersagen, ob die Konsumenten diesen Wechsel mittragen oder sich bei anderen Händlern mit den gewohnten Produkten versorgen würden. Das Risiko eines Umsatzrückganges ging die Geschäftsführung im Sinne der nachhaltigen Entwicklung des Unternehmens bewusst ein.
Um dies zu verhindern und wenn möglich sogar Wachstum in diesem Segment zu erzielen, wurde sowohl intern als auch extern ein intensives Kommunikationsprogramm umgesetzt. Die interne Kommunikation fokussierte vor allem darauf, die eigenen Mitarbeiter zu überzeugen und sie durch Schulungen auf den zu erwartenden Beratungsaufwand vorzubereiten. Die externe Kommunikation richtete sich vorrangig an alle bestehenden Kunden mit dem Ziel, sie für die Umstellung zu gewinnen und möglicherweise zu Botschaftern des Programms zu machen. Gleichzeitig sollte die breite Öffentlichkeit auf die Bedeutung nachhaltigen Gärtnerns hingewiesen und somit neue Kundengruppen für bellaflora interessiert werden. Als Partner in wissenschaftlichen Fragen kooperierte das Unternehmen mit der unabhängigen Umweltschutzorganisation Global 2000 sowie der Universität für Bodenkultur in Wien.
Umsetzung
Da die individuelle Umstiegsbereitschaft der bellaflora-Kunden für das Gelingen des Projekts entscheidend war, fokussierte bellaflora auf deren starke Einbindung. Die Kommunikation dazu lief zweigleisig, über klassische Medien wie Print und Hörfunk sowie über verschiedene Online-Plattformen. Besondere Bedeutung kam in diesem Umfeld der Medienarbeit sowie dem Kundenmagazin zu, das viermal jährlich mit einer Auflage von rund 240.000 Exemplaren erscheint. Die Corporate Website von bellaflora sowie der Facebook-Account waren – ebenso wie ein intensiviertes Newsletter-Angebot – zentrale Informationsdrehscheiben.
An allen 26 Standorten wurden Informationsveranstaltungen abgehalten. Sowohl bei der Pestizid- als auch bei der Düngerumstellung organisierte bellaflora eine österreichweite Rücknahmeaktion: Alle Restbestände, unabhängig vom Kaufzeitpunkt oder Händler, konnten im Aktionszeitraum bei bellaflora zur sicheren Entsorgung abgegeben werden.
Auf den Faktor Emotionalisierung setzte bellaflora mit aufsehenerregenden Straßenaktionen. Anlässlich der Umstellung auf ökologische Pflanzenschutzmittel organisierte die Gartencenter-Kette Österreichs erste Gemüsedemo: Als Karotten, Tomaten, Erbsen und Zwiebel verkleidete Promotoren wanderten durch die Wiener Innenstadt und skandierten „Occupy Balcony“, „Freiheit für Beete“ oder „Mein Lauch gehört mir“. Das Echo der Passanten und der Medien war enorm. Dieser Erfolg konnte 2014 mit dem ersten großen Hummelflug zu Wien wiederholt werden. Da ökologisches Gärtnern wesentlich zum Schutz der Bienen beiträgt, organisierte bellaflora anlässlich der ersten Wiener Bienenschutzkonferenz ein „Bienenballet“. Zu den Tönen des für Bläser adaptieren Hummelflugs von Rimski-Korsakow schwirrten als Bienen verkleidete Promotoren durch das Wiener Zentrum informierten über Bedeutung, Gefährdung und Schutz der Nützlinge.
Die Aktivitäten im Überblick:
Medienarbeit anlässlich der Umstellung auf ökologischen Pflanzenschutz, Ökologisches Düngen und den Ausstieg aus dem Torfhandel Kundenmagazin für alle Clubmitglieder: Nachhaltiges Gärtnern als redaktionelle Grundausrichtung Social Media: bellaflora betreibt eine Facebook-Seite sowie einen Youtube-Channel, wo laufend über das Nachhaltigkeitsprogramm informiert wird Website: auf der Website von bellaflora wurde ein eigenes Kapitel Nachhaltigkeit eingerichtet. Der erste Nachhaltigkeitsbericht von bellaflora erschien ausschließlich online. Mittlerweile hat das Unternehmen hier auch drei Ratgeber veröffentlicht, die von den Usern sehr gut angenommen werden: ein Pflanzenschutzratgeber, ein Düngeratgeber und ein Rasenratgeber. Newsletter: Die Anzahl der registrierten Newsletterempfänger betrug im September 2014 bereits 70.000. Bettinas Forum: hier können User rund um die Uhr online Fragen an eine Gartenexpertin stellen oder bereits beantwortete Fragen nachlesen. Videos werden zur viralen Verbreitung von Straßenaktionen genutzt. Darüber hinaus gibt es Erklärvideos und Testimonials von Experten. Live Events: An den 26 Standorten wurden mehrmals Informationsveranstaltungen mit unterschiedlichen Schwerpunkten abgehalten. Über die Straßenaktionen erreichte bellaflora sehr unterschiedliche Konsumentengruppen, die die Aktionen ihrerseits über ihre Social Media Kanäle teilten. Auch die Rücknahmeaktionen brachten viele Menschen in die Filialen.
Ergebnisse
bellaflora hat mit „Flower Power“ ein gesellschaftlich relevantes Thema aufgegriffen und damit nachweislich Verhaltensveränderungen bei den Konsumenten erzielt. In Österreichs Privatgärten werden heute weniger chemisch-synthetische Pestizide und Dünger eingesetzt als vor zwei Jahren. Dieser Erfolg ist möglich geworden, weil die Kommunikationsarbeit Kunden und Interessenten überzeugt hat.
Die Kommunikationsarbeit von bellaflora zeichnet sich durch ein umfassendes Verständnis aus. Zum Einsatz kommen alle Varianten von owned, shared und paid media. Die Zusammenarbeit aller Agenturen wird gefördert, um die Mittel effizient einzusetzen. Alle Kommunikationsaktivitäten sind engmaschig vernetzt unterstützen sich gegenseitig.
Der Umstieg auf ökologische Pflanzenschutzmittel führte schon im ersten Jahr zu einer Umsatzsteigerung in diesem Segment um 16 Prozent.Das Medienecho im ersten Halbjahr 2013 lag bei 57,5 Mio; im Vergleichszeitraum 2014 bei 112,6 Mio.Die Anzahl der Facebook-Fans stieg seit 2013 um 49 Prozent. Die Anzahl der Mitglieder im Kundenclub stieg seit 2013 um 15 Prozent auf 310.000.
„Flower Power“ siegte 2013 beim Österreichischen PR-Staatspreis in der Kategorie „Corporate PR“.
Die Autorinnen
Birgit Gusenleitner ist Leiterin Marketing und Unternehmenskommunikation bei bellaflora, Österreichs größtem Gartencenter. Susanne Senft ist geschäftsführende Gesellschafterin der Wiener PR-Agentur senft & partner PR mit Fokus auf den Bereichen Bauen, Wohnen, Leben.