Drei Arten von Editorials, die es verdienen, gedruckt und gelesen zu werden.
In vielen Kundenmagazinen ist das Editorial ein Ort des Schreckens, weiträumig umblättert von Lesern, die eines nicht wollen: Einen Morgenappell von bis zu drei Anzugträgern in Krawatten, deren Ghostwriter es geschafft haben, die Adjektive „innovativ“, „kreativ“, „nachhaltig“, „erfolgreich“ möglichst häufig mit den Nomina „Zukunft“, „Herausforderungen“, „Markt“ zu verbinden.
Ein solches Plattitüden-Bingo hat einen kurzfristigen und einen langfristigen Effekt: Beim ersten Mal blättert man schnell um. Im Wiederholungsfall ignoriert man womöglich das gesamte Heft.
Manche Vorstände belassen es bei saisonalen Betrachtungen („Fühlen Sie auch bereits den Frühling kommen?“), allgemein gehaltenem Selbstlob („wie schon in der Vergangenheit“, „einmal mehr eine Erfolgsgeschichte“) oder sie fordern mit ihren Lebensweisheiten den Dalai Lama heraus („Menschen mit Leidenschaft für das, was sie tun, fühlen sich glücklich und erfüllt.“).
Dabei gibt es mindestens drei Arten von Editorials, die es verdienen, gedruckt und gelesen zu werden.
1) Da ist zum einen der „Heft-Navi“, beim „Spiegel“ „Hausmitteilung“ genannt. Der Chefredakteur lobt sein Team, indem er dessen Arbeit und Vorgehensweise genauer beschreibt. Der Leser wird auf einer kurzen Reise durch das Heft aufmerksam gemacht auf besondere Leistungen und lernt die Redaktion besser kennen.
2) Häufiger sind Editorials der Ort für den „Leitartikel“, einen längeren Kommentar zum wichtigsten Thema seit dem letzten Erscheinen. Leitartikel in Kundenzeitschriften sollten sich weniger mit dem Unternehmen beschäftigen als mit den politischen, ökonomischen oder ökologischen Rahmenbedingungen, denen es ausgesetzt ist.
3) Moderne Unternehmen setzen zuweilen auf die „Kolumne“, den gedruckten Vorläufer des Blogs. Die Chefredaktion erzählt in sehr persönlich gehaltenem Ton, was sich rund um die Redaktion und das Unternehmen zuletzt getan hat. Zwei Bedingungen muss eine solche Kolumne erfüllen: Sie muss ehrlich (wiewohl gerne etwas selbstironisch) und relevant sein (also Erfahrungen aufbereiten, die auch die Leser kennen). Belanglosigkeiten werden auch im Blogger-Stil nicht attraktiver.
Tipp: Dieser Text ist ein Auszug
aus der PR-Werkstatt "Kundenzeitschriften". Darin beschreibt der renommierte Experte Peter Linden, wie Unternehmen selbst Magazine machen können und welche Fehler sie dabei vermeiden sollten. Linden, ehemaliger Redakteur der „Süddeutschen Zeitung“, coacht seit mehr als 20 Jahren Autoren und Texter: an Journalistenschulen und Universitäten sowie inhouse bei öffentlichen Einrichtungen und Unternehmen.
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