Eine bekannte Schauspielerin macht vor, wie man mit der Brückentechnik aus der Defensive kommt und auch unter Druck die Kontrolle behält.
Was nützen die besten Botschaften, wenn die Fragen in die „falsche“ Richtung gehen? Es handelt sich um ein gängiges Problem.
Dem „Stern“ beschrieb Medienprofi Maria Furtwängler, wie mies sie sich während des Interviews mit Claus Kleber im „Heute Journal“ vom 12. Juli 2017 gefühlt hat: „Ich war total perplex von Klebers Reaktion. Wir hatten davor noch nett miteinander geflachst. Und dann ging das Interview los und ich wusste überhaupt nicht, wie mir geschieht. (...) Ich dachte die ganze Zeit, dass er mich einfach nur noch nicht richtig verstanden hat und ich das noch mal erklären muss.“
Anlass für das Interview war eine von Furtwängler initiierte Studie. Fazit: In der deutschen Film- und Fernsehlandschaft sind Frauen deutlich unterrepräsentiert. Claus Kleber fragte Maria Furtwängler, ob sie eine Agenda habe und sie ihr Publikum umerziehen wolle, sprach von einer „Geschlechterproporz-Geschichte“. Der „Stern“ versah das Kleber-Interview mit dem Prädikat „Peinlichkeit des Sommers“. Der erläuterte später im Deutschlandfunk, seine journalistische Aufgabe sei es gewesen, „eine Gegenhaltung“ einzunehmen. Die wenigsten werden damit so brillant umgehen, wie Furtwängler es getan hat.
So behalten Sie die KontrolleNiemand ist vor Schock und Orientierungslosigkeit gefeit. Aber es gibt eine Technik, um schnell aus der Defensive zu kommen und die Kontrolle zu behalten: die Brückentechnik. Es geht nicht darum, Fragen zu ignorieren. Indes müssen Sie sich von dem Anspruch lösen, jede ausführlich zu beantworten. Ein Interview ist kein Quiz.
Sie müssen Ihre Botschaften schnell und aktiv ansteuern. So bleibt Ihnen mehr Zeit, um sie mit Beispielen, persönlichen Erfahrungen und Zahlen zu belegen. Wer das Timing beherrscht, ruhig bleibt und inhaltlich überzeugt, kann über seine Antworten das Interview steuern. Das hat Furtwängler in dem Kleber-Interview vorgemacht.
Damit Ihre Antwort zur Frage passt, müssen Sie eine kurze Verbindung bauen. Brücken-Formulierungen wecken Aufmerksamkeit beim Publikum für die folgende Botschaft und helfen Ihnen, weil Sie mit den Standardformulierungen Ihr gestresstes Hirn entlasten und Denkblockaden überwinden können.
Die Brückentechnik besteht aus drei Schritten:
1. Anschluss an die Frage
2. Brücke
3. Botschaft mit Beispielen, Erfahrungen, Zahlen, Fakten
Um zu verdeutlichen, wie schnell Sie mithilfe dieser Gliederung zur eigenen Botschaft kommen können, nehmen wir aus unserem Beispiel zwei Kleber-Fragen. Als Einstieg ins Interview mit Furtwängler fragte Kleber: „Haben Sie eine Agenda?“
1. Anschluss: "Nein, ..."
2. Brücke: "... wichtig war uns, ..."
3. Botschaft: "... wir wollten mit fundierten Fakten ..."
Kleber-Frage: „Wollen Sie das Publikum umerziehen?“
1. Anschluss: "Nein, wir können ja nichts entscheiden, ..."
2. Brücke: "... aber was wir erreichen wollten, war ..."
3. Botschaft: "... mithilfe der Studie einen fundierten Diskussionsbeitrag ..."
Die Brückentechnik bietet einen weiteren Vorteil: Wenn Sie unterbrochen werden, ist das Wichtigste bereits gesagt. Nicht immer funktioniert ein simples „Nein“ als Antwort auf eine kritische Frage. Wichtig ist, dass Ihr Einstieg in die Antwort nicht aggressiv oder arrogant wirkt. So könnte es gehen:
"Ich teile die Einschätzung nicht ...
"Das sehe ich anders ..."
"Das mag auf den ersten Blick so erscheinen ..."
"Das ist noch unklar ..."
"Das ist nicht ganz richtig ..."
"Für eine abschließende Antwort ist es noch zu früh ..."
"Noch haben wir nicht alle Fakten ..."
Falsch wäre auch, die negative Aussage des Moderators zu wiederholen: „Nein, das ist natürlich keine Geschlechterproporz-Geschichte.“ Wer diesen Köder schluckt, verschenkt die Wirkung seiner Antwort. Als Brücke zur Botschaft können neutrale Formulierungen dienen:
"Aus unserer Sicht ist Folgendes wichtig: ..."
"Für uns stellt sich die Situation so dar: ..."
"Worauf wir uns konzentrieren, ist ..."
"Unsere Ergebnisse zeigen ..."
"Entscheidend ist ..."
"Das bedeutendere Thema aus unserer Sicht ist ..."
"Was wir von unseren Kunden hören, ist ..."
"Denken Sie bitte auch daran, ..."
"... und deshalb kommen wir zu dem Schluss, dass ..."
"Was wir wissen, ist Folgendes ..."
Tipp: Bei diesem Text handelt es sich um einen Auszug aus unserer PR-Werkstatt „Der Interview-Navigator – Routenplaner für einen professionellen Auftritt in den Medien“ von Bernhard Messer (
als Print-Ausgabe oder E-Paper).
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