Strategie schlägt Strukturen
CSR als Kommunikationsaufgabe Vertrauen und Reputation sind zentrale Parameter für langfristigen Unternehmenserfolg. Basis ist ein verantwortungsvoller Umgang mit Menschen und Ressourcen – subsumiert unter dem Terminus „Corporate Social Responsibility. Den Kommunikationsabteilungen fällt dabei eine entscheidende Rolle zu. Diese richtig zu interpretieren, bleibt im Alltag eine Herausforderung. Von Bijan Peymani
Viele Unternehmen haben verinnerlicht, dass sie ihr Handeln begründen und täglich aufs Neue legitimieren müssen. Eine zentrale Funktion übernehmen dabei die Kommunikationsabteilungen als Transmissionsriemen nach innen und außen. Mehr noch sind sie aber als Moderatoren und Mediatoren gefordert. Denn das Thema CSR steht im Alltag im Spannungsfeld von Widerständen der Betroffenen und bisweilen überzogenen Erwartungen von Stakeholdern. Ohne strategische Vorgabe durch die Firmenleitung und deren Rückendeckung muss jeder Kommunikator bei dem Versuch scheitern, Corporate Communications und Corporate Responsibility zu verzahnen.
Prinzipiell ist denkbar, CSR organisatorisch an die Unternehmenskommunikation anzubinden. In der Praxis hat sich aber durchgesetzt, das Thema in einem eigenen Fachbereich neben der Kommunikationsabteilung zu betreuen – etwa bei Otto in Hamburg und Rewe in Köln. Stellvertretend für seine Kollegen wirbt Otto-Chefsprecher Thomas Voigt dafür, CSR-Belange „unabhängig von der Frage ihrer kommunikativen Verwertbarkeit“ voranzutreiben. Andernfalls, so Voigt, würde dies „eine falsche Optik auf das Thema“ richten. Otto genießt den Vorteil, dass sich das Unternehmen unter seinem Eigner und Aufsichtsratschef Dr. Michael Otto schon sehr früh Nachhaltigkeit befasst hatte, als sich weder PR noch Medien ernsthaft dafür interessierten. Resultat: ein Reputationsvorsprung.
Die Aufgabe der Kommunikation in diesem Set beinhaltet unter anderem, die kommunikativ relevanten Fragen der Nachhaltigkeit zu formulieren, wie Voigt abstrahiert: „Wir tun dies etwa in Form einer ,Risikoinventur’. Das heißt, wir prüfen alle kritischen Themen daraufhin ab, ob sie für das Unternehmen reputationsrelevant sind.“ Rewe-Chefsprecher Martin Brüning sieht umwelt- und sozialverantwortliches Handeln heute als eine Art Grundleistung an.
Und die hat jede Organisation zu erbringen. Den strukturellen Aufbau hält Brüning hier für zweitrangig: „Entscheidend ist, dass alle im Haus zueinander loyal sind und die gleichen Ziele verfolgen.“ Dann, so Brüning, sei es für ihn letztlich egal, „ob ich hier die disziplinarische Verantwortung für zehn Nachhaltigkeitsmanager mehr oder weniger habe“. Aber der PR-Chef, der beim Thema CSR nicht aktiv seine Rolle einfordere, sei fehl am Platz.
Für Berater Matthias Biebl ist dies „Chance und Herausforderung zugleich, sich aus einer – meist bequemen – Nische im Unternehmen heraus zu begeben“. Biebl trug einst bei Danone Verantwortung für die Bereiche Kommunikation, Nachhaltigkeit, Qualität und Recht. Heute führt er die Agentur „rlvnt“ in Hannover. Auch Biebl betrachtet die Verankerung von CSR als einen Top-down-Prozess, der ohne einen starken Kommunikator aber nicht gelingen könne.
„Wer bei diesem Thema Richtlinienkompetenz für sich beanspruchen möchte, muss zeigen, dass er unternehmerisch und in großen Zusammenhängen denken kann“, so Biebl. Aus einem etablierten Machtgefüge heraus werde es für jeden PR-Mann allerdings schwer, eine derartige Kompetenz aufzubauen. „Leichter tut sich, wer als Externer in ein Unternehmen wechselt und dort ein entsprechendes Mandat der Geschäftsleitung erhält.“ So etwa bei der Rewe Group. Hier ist das gesamte Top-Management – auch Sprecher Brüning – auf Nachhaltigkeitsziele incentiviert. Und doch muss eine unternehmerisch sinnvolle CSR-Position aus den verschiedenen internen und externe Ansprüchen zusammengesetzt werden. Daher räumt auch Deutsche Post-DHL-Sprecher Christof Ehrhart ein, die Suche nach Kompromissen sei „ein wesentlicher Bestandteil meiner Aufgabe“.