"Es dürfen einfach keine Fehler passieren"
Beim jüngsten PR-Salon des Studentenvereins LPRS war CNC-Partner Harald Kinzler zu Gast. Dabei erzählte er, warum er vom Investmentbanker zum Kommunikationsberater wurde und erklärte, welche Rolle Digitalisierung in der Finanzkommunikation spielt.
Bevor Sie 2012 Kommunikationsberater wurden, haben Sie viele Jahre lang als Investmentbanker gearbeitet. Warum sind Sie in die Kommunikationsberatung gewechselt?
Harald Kinzler: Ich fand es faszinierend, einen komplexen Sachverhalt in eine kurze und präzise Geschichte umzuwandeln. Als ich mich damals mit der Rolle des Kommunikators beschäftigt habe, fand ich den Hebel enorm, den Kommunikation haben kann. Ich war beeindruckt, wie sehr die Entwicklung des Aktienpreises auch davon abhing, wie man die Performance des Unternehmens erzählt. Neben der Performance an sich ist nämlich entscheidend, wie man sie an den Markt kommuniziert.
Sie haben viele Börsengänge sowie Mandate im M&A-Bereich begleitet. Vor welchen Herausforderungen stehen Unternehmen im Bereich der Finanzkommunikation am häufigsten?
Eine wichtige Herausforderung ist die Formulierung der Geschichte und der Argumente – also der Kernbotschaften. Es ist sehr herausfordernd, aus einer komplexen Sachlage eine einfache Geschichte zu machen. Der zweite Punkt ist der Prozess selber. Neben der Unsicherheit, unter der man arbeitet, spielt der Zeitdruck eine große Rolle. Zudem arbeitet man als Berater für Kunden, die noch einen Day Job neben der Sondersituation haben. Das macht die Arbeit sehr komplex.
Sie haben sich 2015 in einem Positionspapier für strategische Investor Relations stark gemacht. Was hat es damit auf sich?
Die These war, dass viele Unternehmen ihre Investor-Relations-Funktion nicht strategisch verstanden haben. Das hat zwei Gründe. Auf der einen Seite haben die relevanten Vorstände den Investor-Relations-Managern nicht den Raum gegeben, um sich auch zu strategischen Themen zu äußern. Auf der anderen Seite haben Investor-Relations-Manager diesen Raum – selbst wenn sie ihn hatten – nicht ausgefüllt. Sie waren also nicht in der Lage, einen strategischen Rat aus der Sicht des Kapitalmarktes zu geben.
Hat sich seit der Veröffentlichung des Positionspapiers etwas getan?
Ich weiß, dass diese Debatte mehr als noch vor drei Jahren geführt wird. Ob sich in der Tagesarbeit der Investor-Relations-Teams etwas geändert hat, kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Ich sehe immer noch große Unterschiede zwischen Unternehmen. Allerdings besteht aus meiner Sicht eine Bringschuld bei den Investor-Relations-Managern. Sie haben genug Gelegenheit unter Beweis zu stellen, dass sie auch strategisch denken können, da sie viel Zeit mit ihren Vorständen bei Roadshows und anderen Veranstaltungen verbringen. Wenn sie ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen, werden die meisten Vorstände diesen strategischen Sachverstand auch nutzen wollen.
Knapp ein Drittel der Unternehmen gibt laut einer Studie des Center for Research in Financial Communication der Universität Leipzig an, dass die Digitalisierung ihre IR-Abteilung stark oder äußerst stark beschäftigt. Eine spezifische IR-Digitalisierungsstrategie gibt es allerdings nur in acht Prozent der Fälle. Welche Gründe hat das?
Meines Erachtens nach gibt es die Nachfrage nicht. Daher besteht auch nur begrenzt die Notwendigkeit, das Angebot zu ändern. Der Markt möchte über etablierte Kanäle wie Website und E-Mail informiert werden. Anders verhält es sich, wenn die Unternehmensstrategie auf Digitalisierung ausgerichtet ist. Wenn die Strategie eines Konzerns völlig digital ist, der Geschäftsbericht aber noch im Briefumschlag verschickt wird, dann muss man im Bereich Investor Relations nachziehen.
Mit welchen spezifischen Herausforderungen haben Sie als Berater in der Finanzkommunikation im Gegensatz zu anderen Bereichen wie Public Affairs oder Krisenkommunikation zu tun?
Ein Unterschied in der Finanzkommunikation im Vergleich zu anderen Kommunikationsdisziplinen ist der Zeitdruck. Insbesondere bei M&A-Transaktionen ist der Zeitdruck enorm, weil jeder die Kommunikationshoheit behalten möchte und deshalb die Reaktionszeiten sehr kurz sind. Die zweite Herausforderung ist die Präzision. Es dürfen einfach keine Fehler passieren. Wenn wir die Ankündigung zu einer M&A-Transaktion vorbereiten, dann erstellen wir die Pressemitteilung und aus den Inhalten ergeben sich andere Dokumente wie ein Q&A oder eine interne Mitarbeitermitteilung. Jedes Mal, wenn man an einem Dokument in dieser Kette etwas ändert, muss man alle anderen anpassen. Das ist eine Herkulesaufgabe.
Interview: Niklas Tolkamp