Nun ist es fix: Im Zuge der Fusion der WPP-Schwestern Burson-Marsteller und Cohn & Wolfe wird Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach Deutschland-Chef des neuen Agenturriesen. Die Firma wird mit ihren kombinierten Umsätzen in die Top Ten der deutschen Agenturen aufsteigen.
Am Freitag war durchgesickert, dass der bisherige Burson-Statthalter Alexander Fink
die Firma Ende Juli verlassen wird, um sich neuen Herausforderungen zu stellen, wie es hieß. Wenige Stunden später wurde Lünenbürger in einer internen Mitteilung als „Market Leader“ vorgestellt. Für eine Stellungnahme war er bislang nicht erreichbar.
Lünenbürger führt hierzulande bislang die Geschäfte von Cohn & Wolfe. Seit der frühere Achtung-Manager vor drei Jahren die Leitung übernahm, feierte die Agentur einen rasanten Aufstieg mit exorbitanten Wachstumsraten, wenn auch von niedrigem Niveau aus. Im
aktuellen Pfeffer-Ranking wird Cohn & Wolfe mit einem Honorarumsatz von 7,71 Millionen Euro gelistet, was einem Zuwachs von mehr als 70 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Im Jahr 2015 lag der Umsatz nur bei 2,3 Millionen Euro. Haupttreiber war das Healthcare- und Consumer-Geschäft.
Bei Burson-Marsteller verlief die Entwicklung zuletzt weniger dynamisch. Die globale Traditionsmarke wird hierzulande mit einem Honorarumsatz von 8,36 Millionen Euro auf Platz 18 geführt (plus 2,7 Prozent). Mit einem kombinierten Umsatz von rund 16 Millionen Euro und insgesamt rund 150 Mitarbeitern an vier Standorten (Berlin, Hamburg, Frankfurt und München) würde der neue Agenturriese auf Platz zehn des Rankings vorstoßen.
Globaler CEO ist Donna Imperato, zuvor Chefin von Cohn & Wolfe. Sie soll den Riesentanker mit mehr als 4.000 Mitarbeitern in 42 Ländern zum Erfolg führen. Mit ihr steht erstmals eine Frau an der Spitze einer der globalen Top-drei-Agenturen. Es ist der Lohn für eine bemerkenswerte Erfolgsgeschichte. In ihren mehr als 15 Jahren bei Cohn & Wolfe hat Imperato die einstige Boutique in eine zunehmend integrierte Marketing- und Kommunikationsfirma mit weltweiter Präsenz und enormem Wachstum verwandelt. Das war ausschlaggebend, ihr die Führung zu übertragen, obwohl Burson mit einem Honorarumsatz von 480 Millionen Dollar auf dem Papier mehr als doppelt so groß wie C&W mit 224 Millionen Dollar war. Deshalb machte in der Branche schnell der Begriff des „Reverse Takeover“ die Runde. Auch Europa-Chef Scott Wilson kommt von C&W.
Auch wenn in der Branche mit dem höchsten Respekt von der Powerfrau gesprochen wird, die Nummer wird kein Spaziergang. Beide Firmen scheinen sich gut zu ergänzen: Burson ist vor allem in den Segmenten Corporate Communications, Krise und Public Affairs stark, Cohn & Wolfe im Digital-Bereich und im Consumer Marketing. Aber wie das bei Übernahmen und Fusionen so ist, wird aus eins und eins nicht automatisch drei und oft genug noch nicht einmal zwei.
Die Integration zweier Firmen mit unterschiedlichen Kulturen dürfte mindestens schwierig, vielleicht sogar schmerzlich werden. Ob sich der Deal für Mitarbeiter und Kunden wirklich lohnt, oder ob der Gigant nun jahrelang mit sich selbst beschäftigt ist, bleibt abzuwarten. Lünenbürger steht jedenfalls vor einer großen Herausforderung.
Von Daniel Neuen
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