Adidas-Kommunikationschef Jan Runau über die Fußball-Weltmeisterschaft in Putins Russland, die Fifa und Forderungen an sein Unternehmen.
Sie haben seit 1994 keine Fußball-Weltmeisterschaft verpasst, das bevorstehende Turnier in Russland wäre Ihre siebte WM. Ist das für Sie eine Dienstreise wie jede andere auch?Jan Runau: Das ist eine Fußball-Weltmeisterschaft, bei der viele Menschen gerne dabei wären, nie. Deshalb freue ich mich auf die WM.
Adidas ist offizieller Fifa-Partner und rüstet zwölf Teilnehmer-Länder aus. Hat diese WM aufgrund der derzeitigen geopolitischen Situation für Ihr Unternehmen ein höheres Krisenpotenzial, ein höheres Reputationsrisiko als andere Turniere?Das glaube ich nicht. Auch frühere Weltmeisterschaften hatten eine besondere Ausgangslage. Jeder Austragungsort hat spezifische Herausforderungen, das gehört dazu.
Die WM ermöglicht es Russland und Wladimir Putin, sich im besten Licht zu präsentieren. Kann Adidas guten Gewissens mitmachen?Wir entscheiden nicht darüber, wo ein sportliches Großereignis stattfindet. Wir sind bei diesen Ereignissen dabei, weil der Sport im Mittelpunkt steht. Man kann nicht erwarten, dass der Sport politische Probleme lösen kann.
Kann man von Unternehmen wie Adidas erwarten, dass diese zumindest mithelfen, politische Probleme zu lösen?Unternehmen können solche Probleme noch viel weniger lösen, auch wenn das immer wieder gefordert wird. Was heißt das denn im Umkehrschluss? Mit welcher Legitimation sollen Coca-Cola oder McDonald’s politische Probleme lösen? Es ist wichtig, dass sich ein Unternehmen ordentlich verhält gegenüber seinen Mitarbeitern, seinen Kunden und seinen Partnern. Das ist eine berechtigte Forderung, aber es ist nicht die Aufgabe von Unternehmen, politische Probleme zu lösen.
Von Medien schon länger, aber auch zunehmend von Kunden und Mitarbeitern wird gefordert, dass Unternehmen zumindest eine politische Haltung einnehmen.Das ist korrekt. Aber welche Haltung soll ein globales Unternehmen einnehmen? Die von China? Die von den USA? Beide Länder sind große Märkte für internationale Unternehmen. Man sollte also genauer durchdenken, was das heißt: Kann ich jedes Problem durch die – in Anführungszeichen – westliche Brille betrachten? Wenn das so einfach wäre, würden die Vereinten Nationen jedes Problem lösen können.
Ist der Druck auf Adidas in den vergangenen Jahren gestiegen, sich politisch zu positionieren, sich einzumischen?Das hat nicht dramatisch zugenommen. Aber es ist ein allgemeiner Trend, dass das von großen Unternehmen gefordert wird – wenn es um eher politische Fragen geht vor allem von den Medien, nicht unbedingt von den Konsumenten. Wenn es um Nachhaltigkeit geht, um Dinge, die Unternehmen direkt beeinflussen können, hat das Interesse der Konsumenten zugenommen.
Wegen der Skandale bei der Fifa, der Uefa und beim DFB müssen Sie sich seit vielen Jahren mit kritischen Fragen zur Rolle, Verantwortung und der angeblichen Doppelmoral von Adidas herumschlagen. Wir gehen davon aus, dass Sie die Reputations-, Image- und Markenanalysen genau im Blick haben. Wie sehr schaden diese Skandale und Affären Adidas?Der Konsument kann zwischen der Rolle eines Sponsors und Ausrüsters und der Rolle eines Verbands und einer Organisation unterscheiden. Die Fußball-Fans in Deutschland freuen sich auf die WM. Der Confed-Cup in Russland vor einem Jahr ist reibungslos abgelaufen. Diese Aspekte sollte man auch im Auge behalten.
Also perlt an Adidas alles komplett ab?Es ist natürlich nicht gut, wenn es bei unseren Partnern Skandale gibt. Aber wir hatten 2017 ein sehr erfolgreiches Jahr, sowohl was die Umsatz- und Gewinnzahlen als auch was die Imagewerte angeht. Von daher gibt es da keine 1:1-Korrelation.
Was muss passieren, damit Adidas die Reißleine zieht und seine Partnerschaft mit der Fifa auflöst?Wir haben klare Grundsätze. Sollte einer unserer Partner gesetzeswidrig handeln, würden wir entsprechende Konsequenzen ziehen. Ein Beispiel dafür ist Doping. Wir haben viele Verträge mit prominenten Athleten wegen Verstößen sofort gekündigt. Adidas vertritt dabei seit vielen Jahren eine klare Haltung – im Gegensatz zu Wettbewerbern.
Tipp: Bei dieser Passage handelt es sich um einen Auszug aus einem längeren Gespräch mit Jan Runau in der aktuellen Ausgabe des PR Reports (als
Print-Ausgabe,
E-Paper und im
iKiosk). In dem Interview spricht er über die Abhängigkeit von Adidas von "König Fußball", seine Lehren aus dem Krisenjahr 2014 warum er Kritik am Unternehmen persönlich nimmt.