Zeit für ein "neues Selbstverständnis als Business Partner"
Der Radius von Unternehmenskommunikation wird immer größer, ihre Aufgaben immer komplexer und die Erfolgserwartungen immer höher. Höchste Eisenbahn, in neuen Kategorien zu denken, meint Change-Experte Thomas Stach. Er hat ein Konzept unter dem Namen "Communication Business Partner" entwickelt, das herkömmliche Organisationsstrukturen in Frage stellt.
Herr Stach, über den Wert von Unternehmenskommunikation wird seit Jahren diskutiert. Inwiefern muss sie sich immer noch rechtfertigen?
Wir sprechen hier nicht über die "Kommunikation" als solche, sondern über die Organisationseinheit "Unternehmenskommunikation" und ihre Leistungsfähigkeit. Seit vielen Jahren wird etwa das Problem der Strategie- und Business-Ferne beklagt, aber zumeist nur aus fachlicher Perspektive diskutiert. So dreht man sich im Kreis. Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, die Kommunikation aus Organisationssicht zu betrachten. Vielleicht hat das Top-Management ja völlig Recht, wenn es die Kommunikatoren zwar als Fachexperten, aber oft nicht als strategischen Partner ernst nimmt.
Sie sprechen von "prozessualen und strukturellen Herausforderungen". Worin liegen diese?
Jedes Unternehmen und jeder Geschäftsbereich orientiert sich an Prozessen. Die Frage ist: Was muss ich wie tun, um den Unternehmenszielen und Zielgruppenerwartungen so zu entsprechen, dass meine "Kunden" zufrieden sind? Hierfür werden die klassischen Prozesse der Leistungserstellung angeschaut, zum Beispiel in der Produktion, im Vertrieb sowie in der Entwicklung. Dieser Ansatz lässt sich in zweierlei Hinsicht übertragen: Wo spielt hier die Kommunikation als integraler Bestandteil dieser Prozesse und als Unterstützungsfunktion eine Rolle - und wie müssen dann die eigenen Angebote, Prozesse und Strukturen aussehen, um dafür optimal aufgestellt zu sein? Die schon praktizierten Newsroom-Modelle weisen in diese Richtung.
Wie sieht dann Ihr Organisationskonzept "Communication Business Partner" genau aus?
Stellen Sie sich eine Unternehmenskommunikation vor, die über Berater verfügt, die auf Augenhöhe die Business Units unterstützen. Mit Centers of Excellence in Strategiefragen, um strategische Themen wie die Digitale Transformation oder geschäftliche Neuausrichtungen systematisch bearbeiten zu können. Mit Shared Service-Funktionen, in denen standardisierte Tätigkeiten gebündelt oder sogar outgesourct werden, um Ressourcen für das Kerngeschäft zu mobilisieren. Mit Mitarbeitern, die sich über ihre Prozessverantwortung definieren und weniger über Fachabteilungen oder Instrumente. So sind Strategiebezug, Business-Mehrwert und Effizienz zu erreichen.
Ist das ein universelles Konzept?
Diese Herangehensweise ist grundsätzlich empfehlenswert, die Kernprozesse der Kommunikation sind ebenfalls überall ähnlich, aber die Ergebnisse können sehr unterschiedlich sein. Je nach Branche, Größe und Schwerpunkt des Unternehmens beziehungsweise der Kommunikationseinheit. Die neuen Prozesse und Strukturen sind dabei recht schnell konzipiert. Länger dauert es, bis die neuen Rollen und Aufgaben eingespielt sind. Das hängt von der Qualität der Implementierung und Mitarbeitereinbindung ab. Auf jeden Fall ist es ein spürbarer Change-Prozess, der neue Kompetenzen und das Lösen von gewohnten Denkmustern erfordert.
Haben Sie es bereits erprobt?
Der Ansatz des Communication Business Partners befindet sich bereits in der ersten Anwendungsphase bei einem größeren Mobilitätsdienstleister und in einer Bank. Wir greifen dort auch auf unsere Erfahrungen mit der Einführung von Business Partner-Modellen im Human-Resources-Bereich zurück. Hier wird der Ansatz bereits seit Jahren gefahren. Dieses Wissen, gerade was die Stolperfallen betrifft, kommt uns sehr zugute.
Thomas Stach ist Geschäftsführender Gesellschafter der Frankfurter Beratungsfirma Stach's Gesellschaft für Unternehmensentwicklung.
Interview: Uwe Förster