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Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach ist Managing Director Germany bei Cohn & Wolfe (Foto: Cohn & Wolfe)
19.01.2018   Karriere
"Wir stoßen manchmal an Grenzen"
Teilzeitangebote sind schön und gut, aber wenn alle nur vormittags arbeiten, aber niemand nachmittags, werde es schwierig, meint Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach. Der Deutschland-Chef der Netzwerkagentur Cohn & Wolfe ist auf der Suche nach neuen Teilzeitmodellen. Ein Gast-Kommentar.
Wir, Cohn & Wolfe, wachsen seit zwei Jahren sehr stark. Und bisher konnten wir uns nicht darüber beklagen, zu wenige Menschen zu finden, die mit und bei uns arbeiten wollen. Was auch damit zusammenhängt, dass wir bewusst dabei sind, eine "Agentur für Erwachsene" zu bauen, also erwachsen mit Bedürfnissen von Mitarbeiterinnen und Kundinnen und Kunden umgehen, einen guten Mix schaffen.

Teil dessen ist, dass wir Fach- und Führungskräfte, die beispielsweise aus einer Elternzeit zurückkommen, nicht auf die beliebten Parkplätze Eigen-PR, Personal oder so was abschieben – sondern flexible Formen von Karrieren und Verantwortungen ermöglichen, von denen dann auch unsere jungen Erwachsenen profitieren. Insofern ist das Problem, in das wir gerade laufen, sicher auch teilweise hausgemacht.

Wir freuen uns, dass wir sowohl sehr viele Initiativbewerbungen als auch Bewerbungen auf Stellen, die wir ausschreiben, bekommen. Von richtig, richtig guten Leuten, die weniger als Vollzeit bei uns arbeiten wollen. Und Teilzeit ist kein Problem. Jedenfalls nicht an sich: Kundinnen und Kunden können und wollen gut damit leben, dass nicht alle in ihren Teams (und auch nicht alle, die da besondere Verantwortung tragen) jeden Tag den ganzen Tag in der Agentur sind. Arbeit können wir gut organisieren und auf mehrere Köpfe verteilen.

Aber auch wir stoßen manchmal an Grenzen. Denn es gibt in diesem Land keine Tradition und quasi keine Möglichkeiten, die Teilzeit selbst und flexibel zu gestalten. Teilzeit heißt fast immer entweder weniger Tage pro Woche, früher gehen oder beides. Nur funktioniert dieses System nicht, wenn alle vormittags arbeiten und niemand nachmittags. Da es aber keine Kinderbetreuung nur nachmittags gibt, können auch wir nur weniger Teilzeit anbieten, als wir eigentlich möchten.

Am Ende ist es ein Teufelskreis, über den wir reden müssen, wenn wir wie Erwachsene arbeiten wollen. Denn das Problem für uns Agenturen sind nicht Menschen, die Teilzeit arbeiten wollen – sondern wenn wir nachmittags so schwach besetzt sind, weil es keine Nachmittagsteilzeit gibt.

Was ich mich frage:
• Wieso gibt es nur einheitliche Tagesabläufe für Familien? Keine Kinderbetreuungen nur für nachmittags? Kein soziales Leben für Familien, das sozusagen andersrum funktioniert?
• Wieso gibt es so wenige andere Teilzeitmodelle für Menschen, die nicht in der unmittelbaren Familienphase sind? Wieso will niemand am Vormittag frei haben?
• Wie können wir echte Tandemlösungen schaffen? Vielleicht auch ganz anders – beispielsweise zwei Menschen, die sich eine (volle) Stelle teilen und sich mit Vor- und Nachmittagen abwechseln?
• Wie können wir Arbeitskulturen schaffen, die Teilzeitmodelle auch für Menschen attraktiv machen, die nicht in der Familienphase sind? Und wie schaffen wir es, dass wir anderen das akzeptieren und nicht merkwürdig finden? Wir haben bei uns die ersten, die es so machen, aber auch wir sind da noch ganz am Anfang.

Grundsätzlich mache ich sehr gute Erfahrungen mit Menschen, die in Agenturen in Teilzeit arbeiten. Aus den unterschiedlichsten Gründen – vor allem aber, weil sie in der anderen Zeit etwas erleben, das uns in unserem Beruf hilft. So ist es ja mit allen, die neben ihrem Beruf ein Hobby, ein Engagement, eine Lebensaufgabe haben. Es bereichert, es erdet, es schafft Perspektiven, die in unserem Beruf wertvoll sind. So wie ich selbst auch Kreativität und Kraft tanke durch meine körperliche Arbeit auf unserem Hof und durch meine Pferdezucht.
 

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