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News / Lobbyregister in Deutschland? Ja, aber ausgewogen
Axel Wallrabenstein
19.05.2014   News
Lobbyregister in Deutschland? Ja, aber ausgewogen
 
Der Beitrag von Interessenvertretern aus Wirtschaft und Gesellschaft ist für das Funktionieren einer pluralistischen Demokratie und für die Arbeit von Politikern essentiell. Der Informationsaustausch über Bedeutung und Auswirkungen von Gesetzesvorhaben ist notwendig für Sachentscheidungen, die dem Gemeinwohl unserer Gesellschaft dienen sollen. Aber Lobbyismus braucht Regeln, um seine Legitimität in der Praxis zu untermauern. Die Entscheidungsmacht der Legislative darf trotz vielseitiger Interessensvertretung nicht in Frage stehen.

Ein Lobbyregister ist für viele der Schlüssel zur notwendigen Legitimierung von Lobbying. Lobbyisten wären schlecht beraten, sich der Forderung nach einem solchen Register zu verschließen. Es würde die Skepsis gegen die Branche nur stärken.

Allerdings muss ein Lobbyregister zwei Anforderungen erfüllen, um nicht ein verzerrtes Bild der Lobbyaktivitäten zu zeichnen: Fairness und Vergleichbarkeit.

Ein Register muss alle Lobbyisten erfassen oder keinen

Ein Register muss alle einbeziehen, die Interessen gegenüber der Politik vertreten. Nicht nur Wirtschaftsverbände und Unternehmen betreiben Lobbying. Gewerkschaften, Umwelt- oder Verbraucherschutzorganisationen sind zum Großteil hoch professionelle PR- und Lobbying-Organisationen. In aller Regel ist ihr einziger Zweck die Vertretung spezieller Interessen und die Beeinflussung der öffentlichen und politischen Meinung.

Auch die Akteure professioneller Politikberatung müssen durch das Register gleich behandelt werden. Neben Public Affairs-Beratern tummelt sich eine Schar von Anwälten auf der politischen Bühne Berlins. Auch sie vertreten die Interessen ihrer Auftraggeber gegenüber der Politik. Viele Anwaltskanzleien sprechen im Auftrag ihrer Mandanten mit politischen Entscheidungsträgern über juristische Fragen eines Rechtsvorhabens. Oder sie formulieren für ihre Mandaten Anträge, Anfragen oder Gesetzesvorschläge, die dann in den Gesetzgebungsprozess einfließen. Nicht wenige Juristen wechseln nach ihrem Politikerleben in Kanzleien, wo sie alte Kontakte wiederbeleben und sie für ihre Mandanten nutzen. Kaum eine Anwaltskanzlei macht ihre Lobby-Arbeit jedoch transparent.

Ein Register muss Vergleichbarkeit schaffen

Ein Lobbyregister muss zum Zweiten eine umfassende Vergleichbarkeit zwischen allen Akteuren ermöglichen. Ist nicht eindeutig, welche Angaben zu machen sind, hat immer derjenige den größten Nachteil, der seine Aktivitäten am transparentesten macht. Denn de facto wäre ein Lobbyregister in erster Linie ein Recherche-Pool, aus dem sich vor allem Journalisten und Blogger bedienen würden. Wer am meisten über sich offen legt, bekommt den meisten Gegenwind.

Die entscheidende Frage ist, welche Aktivitäten und Ressourcen als Lobbyarbeit öffentlich gemacht werden müssen. Denn die Grenzen zwischen Lobbying, Reputationsmanagement und klassischer Öffentlichkeitsarbeit sind meist fließend. Wann fällt beispielsweise eine öffentliche Kampagne unter den Registerzwang? Sie könnte ja den politischen Meinungsbildungsprozess beeinflussen. Wann dient eine Kommunikationsmaßnahme nur der Reputation, wann beeinflusst sie einen politischen Meinungsbildungsprozess? Müssten öffentliche Kampagnen gelistet werden, würden sie das Bild stark verzerren, da sie meist mit erheblichen Budgets hinterlegt sind. Sie richten sich in aller Regel aber an eine viel breitere Öffentlichkeit und werden von politischen Entscheidern nur am Rande wahrgenommen. Ein Lobbyregister muss hier differenzieren.

Die Vergleichbarkeit muss auch zwischen Public Affairs-Agenturen und Kanzleien bei der Auflistung von Kundenmandaten möglich sein. Aus Kanzleien heißt es regelmäßig, dass sie sich an einem verbindlichen Lobbyregister nicht beteiligen könnten. Die Anonymität ihrer Mandate und ihre Verschwiegenheitspflicht seien unantastbar. Es würde das Streben nach mehr Transparenz in der Branche ad absurdum führen, wenn sich Anwaltskanzleien hinter dem Mandantenschutz verstecken könnten, Public Affairs-Agenturen aber nicht.

Axel Wallrabenstein ist Deutschland-Chairman der französischen Netzwerkagentur MSLGroup, gemeinsam mit Wigan Salazar (CEO) und Martin Dohmen (Chief Strategy Officer). Zuvor arbeitete vor allem in der politischen Kommunikation, etwa als Sprecher des Senators für Wissenschaft, Forschung und Kultur in Berlin.
 

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