Internetseiten wie
www.allianz-hilft.de und
www.kunden-kabeldeutschland.de zeigen, dass Unternehmen ihren Kundenservice nicht einfach in sozialen Netzwerken auslagern. Im Gegenteil: Lightparc-Chef Claas Hansen beobachtet einen Trend, Community Management verstärkt über eigene Websites zu betreiben.
Herr Hansen, Sie prognostizieren, dass es für Unternehmen unattraktiver wird, Kundenbetreuung im Rahmen von Facebook-Communities anzubieten. Wie verbreitet sind solche "Support Communities" bislang überhaupt?
Die Anzahl der aktiven Nutzer von Facebook in Deutschland liegt derzeit bei etwa 26 Millionen, Tendenz weiter steigend. Insofern sind die meisten marktrelevanten mittleren und großen Unternehmen nahezu aller Branchen auf Facebook präsent und leisten hier auch aktiven Kundendialog. Die seit dem Design-Relaunch teils massive "Plakatierung" Facebooks mit Display-Werbung stört jedoch viele User und macht Facebook entsprechend unattraktiver. Gerade deshalb ist aktuell der Trend erkennbar, dass Unternehmen ihr Community Management auf eigene Plattformen verlegen. Hier haben sie zudem wieder volle Kontrolle über den Dialog, den Datenschutz und auch über technische Erreichbarkeit der eingesetzten Servertechnik. Natürlich bleibt Facebook angesichts der extrem hohen Nutzerzahlen im Kundendialog relevant, aber eben nicht mehr dauerhaft als Hauptkanal.
Vergeben sich Unternehmen, die ihren Support über eigene Websites abwickeln, nicht Chancen, den Dialog mit ihren Kunden in der digitalen Welt zu pflegen?
Die Reichweite von Support-Communities, zum Beispiel der eines DAX-Unternehmens wie der Telekom AG, sollte man nicht unterschätzen. Große Unternehmen haben meist sehr viele Kunden, die sie über direkte Ansprache erreichen können - über Social-Media-Dialog hinaus auch via Newsletter-Marketing oder Print, um sie direkt auf die eigenen Communities zu führen. Solche websitebasierten Unternehmens-Communities funktionieren aber natürlich nur dann wirklich gut, wenn User dort abgeholt werden, wo sie sich befinden. Facebook bleibt somit eine relevante Online-Plattform für den Kundendialog. Einfache Fragen werden sicher auch künftig hier beantwortet werden, etwa über Kommentare innerhalb entsprechender Facebook-Seiten der Unternehmen.
Aufgrund des zunehmenden "Nervfaktors" durch Displaywerbung, aber auch aus Angst im Zusammenhang mit Datenschutz sehen wir eine starke Tendenz, dass User geschlossene Unternehmens-Communities nachfragen, wo sie zudem auch Themen diskutieren können, die lieber verschlüsselt kommuniziert werden sollten und privat sind. Auch aus dieser Sicht heraus macht es Sinn, dass zum Beispiel Versicherungsunternehmen wie aktuell die Allianz auf eine eigene Plattform setzen, auf der auch der Austausch sensiblerer Themen, zum Beispiel im Bereich Gesundheit, besser möglich wäre.
Was bedeutet die Entwicklung von Facebook im Hinblick auf das vielbeschworene Content Marketing von Unternehmen?
Wir gehen davon aus, dass Facebook sein Wachstum auch nach dem kürzlich umgesetzten Relaunch erfolgreich fortführen wird. Der Trend vieler Unternehmen zurück zur Selbstbestimmung über eigene Service-Communities könnte in den nächsten Jahren Facebook einerseits zwar gefährlich werden, andererseits ist Facebook auch weiterhin als Einstiegspunkt für Onlinesurfer relevant, denn hier treffen sich User virtuell mit ihren Freunden. Und auch viele Ausgangspunkte zu interessanten Online-Angeboten finden hier ihren Anfang.
Facebook selbst dürfte diese Entwicklung weg von der Community hin zur Werbeplattform vollkommen bewusst umsetzen, denn so lässt sich ein konkurrenzfähiges Gegenangebot zu den Google Ads aufbauen und Budgets abgreifen, die bislang in Google-Ads investiert wurden. Das Content-Marketing selbst dürfte sich dabei künftig stärker wieder auf unternehmenseigene Plattformen verlagern. Die Attraktivität Facebooks wird aber sicher auch durch weitere Zukäufe innovativer Startups weiter forciert werden. Nur so ergibt zum Beispiel die Investition von zweistelligen Milliardenbeträgen in bislang recht kleine Unternehmen wie etwa WhatsApp einen Sinn.
Was sind denn die Voraussetzungen für den erfolgreichen Aufbau einer Unternehmens-Community?
Um eine erfolgreiche Unternehmens-Community aufzubauen, sollten Kunden dort abgeholt werden, wo sie kommunizieren. Um dies herauszufinden, bedarf es im Vorfeld einer entsprechenden Status-Quo-Analyse. Wir würden zunächst herausfinden, wo sich die Zielgruppe innerhalb des User-Generated-Webs bewegt, welche Blogs, Foren und Social-Media-Kanäle am intensivsten genutzt werden und dabei die höchsten Reichweiten generieren. Dann werden Meinungsführer innerhalb der gefundenen Kanäle eruiert, um diese gezielt anzusprechen und in die Unternehmenskommunikation einbinden zu können, wenn es darum geht, diese für den redaktionellen Aufbau der eigenen Community zu gewinnen.
Mit den aus der Social-Media-Research Analyse gewonnenen Informationen lassen sich zum einen für die Zielgruppe relevante Themen auffinden, die das Unternehmen aufgreifen kann, um neue User für die eigene Community zu gewinnen, zum anderen auch ein aktives Dialogmarketing aufbauen. Die direkte Ansprache der Zielgruppe dort, wo sie aktiv Meinungen austauscht, ist nun möglich. User können gewonnen werden und durch Zusatzservices wie Aktionsangebote oder andere Benefits wie Rabatte oder Gewinnspiele gebunden werden. Setzt das Unternehmen neben online geführten Kommunikationsmaßnahmen auch auf zusätzliche Offline-Events, zum Beispiel das Verlosen von Tickets oder Aktionen auf Messen und Events, wird der Erfolg der Unternehmenscommunity sicher nicht auf sich warten lassen.
Claas Hansen ist seit 2013 CEO und Shareholder der Hamburger Lightparc GmbH, eines Spezialisten für digitale Markenführung, Social-Media-Monitoring und Brand Research
Interview: Uwe Förster