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News / Die Nachwuchsdebatte
25.03.2014   News
Die Nachwuchsdebatte
 
Der Anspruch an Kommunikation seitens der Kunden hat sich verändert und damit auch die Anforderungen an Neueinsteiger. Die wiederum bemängeln, dass ihr gewachsenes Know-how, was etwa Digitalkompetenz und internationales Know-how angeht, nicht gewürdigt wird. Agenturen müssen an sich arbeiten. Von Uwe Förster

Ist es tatsächlich so schlecht um den Nachwuchs in PR-Agenturen bestellt? Wer Alexandra Groß, Personalvorstand bei Fink & Fuchs, lauscht, würde vermuten, das Gegenteil sei der Fall. Nachwuchs zu finden, sei überhaupt kein Problem, sagt Groß. „Alle anderthalb Jahre schreiben wir einen neuen Volontariatsjahrgang aus, zwischen 250 und 300 Bewerbungen gehen jeweils ein. Und es sind immer richtig gute Leute.“ Doch die Wahrheit liegt, wie so oft, wohl irgendwo in der Mitte. Benedict Rehbein, Geschäftsführer†von Pioneer Communications in Leipzig, stellt fest: „Die PR-Branche boomt, und das führt zu einer Verknappung der Bewerber für die ganze Branche.“ Zunächst aber seien die kleineren und weniger bekannten Agenturen davon betroffen.

Denen eilt der Ruf voraus, viel zu fordern und wenig zu bieten. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Nicht nur die Kommunikationslandschaft und die Ausbildungsmöglichkeiten haben sich in den vergangenen zehn bis 15 Jahren verändert, auch in den Köpfen von Agenturleuten und Bewerbern hat sich viel getan.

Uwe Kohrs, Präsident der Gesellschaft PR-Agenturen (GPRA), beklagte im vergangenen Jahr, es fehle an geeigneten Nachwuchskräften mit den notwendigen Soft Skills für den Beruf des PR-Beraters, und trat damit die fortdauernde Nachwuchsdebatte los. Der Impact-Chef berief sich bei seinem Vorwurf auf die Erkenntnisse in den GPRA-Mitgliedsagenturen. Er hätte für seine Kritik auch eine von vielen Studien über das heutige Ausbildungsniveau von Studenten bemühen und Statements über das Bachelorstudium, das angeblich wenig Raum für die Entwicklung sozialer Kompetenzen lässt, hervorkramen können. Dem steht entgegen, dass sich die Professionalisierung der PR-Ausbildung anerkanntermaßen verbessert hat und die Absolventen – anders als potenzielle Quereinsteiger aus Geistes- und Sozialwissenschaften – mit einer gehörigen Portion Fachwissen in die Arbeitswelt entlassen werden.

Die PR-Agenturen wiederum befinden sich aufgrund des Medienstrukturwandels in einem Orientierungsprozess. Der Wissensbedarf, um die neuen Anforderungen an Kommunikation zu bewältigen, ist immens. Bei der Frage, woran es gerade noch mehr mangelt – an Generalisten oder an Spezialisten, landet vermutlich mancher Agenturchef verzweifelt bei der eierlegenden Wollmilchsau.

So sind auf Arbeitgeber- wie auf Arbeitnehmerseite die Ansprüche gewachsen. Agenturen hätten mittlerweile extrem hohe Anforderungen entwickelt, sagt Jörg Jelden. „Diese zusätzlichen Ansprüche werden im Gegenzug jedoch nicht gleichermaßen höher entlohnt.“ Für die Generation Y aber sei Zufriedenheit eben nicht mehr nur eine Frage des Geldes. Frühere Statussymbole, etwa auf welchen Marken man arbeitet, werden von Jüngeren nur noch bedingt als solche angesehen. „Führungskräfte unterschätzen Punkte wie Wertschätzung, Freiräume, Förderung“, meint der Hamburger Zukunftsforscher und Organisationsentwickler.


Zielstrebig und gut informiert
Gleichzeitig haben die heutigen Bewerber viel konkretere Vorstellungen von ihrer beruflichen Zukunft als frühere Jahrgänge. Das gilt auch für die jungen Kommunikations- und Medienwissenschaftler oder Betriebswirtschaftler mit Schwerpunkt Marketing, die bei Fink & Fuchs unterkommen wollen. Ein Grund für deren Bewerbung bei den Wiesbadenern sei, so Groß, dass die Agentur schon auf ihrer Website transparent darstelle, wie das Ausbildungsprogramm aussieht. Wenn andere Agenturen über zu wenig Bewerber klagen, dann liege dies vermutlich eben an fehlender Transparenz. „Die Post Graduates schauen sehr genau, wo sie ihre Karriere starten“, sagt Groß, „und die sind wahnsinnig gut informiert“. Die angehenden Volontäre verschafften sich eine Überblick über die Top-Agenturen. Potenzielle Arbeitgeber, die mit Informationen zur Ausbildung geizten, würden ganz einfach aus der Karriereplanung gestrichen.

Quereinsteiger haben bei Fink & Fuchs eher wenig Chancen, etwas bessere dagegen bei Palmer Hargreaves. Die Agentur belegt, dass im Zuge Disziplinen übergreifender Kundenbedürfnisse auch Mitarbeiterwissen aus ganz verschiedenen Fachrichtungen gefragt ist. Für B-to-B-Kommunikation seien Kollegen wichtig, die sich in Themen intensiv einarbeiten und zugleich über den eigenen Tellerrand hinausschauen, erläutert Geschäftsführerin Iris Heilmann. Die 80 Köpfe starke Agentur ist breit aufgestellt und hat dementsprechend viele Spezialisten an Bord, darunter technische Redakteure und Videofilmer. „Der Mix macht’s“, sagt Heilmann, und zwar aus Kreativen und Strategen einerseits und andererseits den Scientists, Menschen mit Technik-Know-how wie etwa SEO-Experten.

Auch Orca van Loon beschäftigt Fachleute für verschiedene Aufgabenbereiche, darunter Media, Events und Social Media. Was jedoch Strategie- und Konzeptentwicklung angeht, setzt Geschäftsführer Timo Lommatzsch auf Allrounder: „Wir haben in der ORCA-Gruppe Kommunikationsstrategen, die Generalisten sind und sich sowohl in klassischer Werbung, als auch in der Public Relations und dem digitalen Marketing bestens auskennen. Da ist sozusagen ,Werber- und PR-Denke’ integriert in einem Kopf, und zwar von Anfang an.“

Gemeinsam ist den Agenturen jeglicher Couleur, dass Employer Branding für sie kein nachgeordnetes Thema mehr sein sollte. Und doch ist die Bedeutung des Arbeitgeberimages offenbar noch nicht überall erkannt worden. „Heute gibt es leider längst nicht in allen Agenturen eine faire Behandlung, Wertschätzung, Entwicklungsmöglichkeiten und so etwas wie eine Work-Life-Balance“, vermutet Rehbein. Er fordert, dass Agenturen ihr Geschäftsmodell verändern und nachhaltiger mit ihren Angestellten umgehen müssten „Das müssen wir nicht nur so kommunizieren, sondern auch genau so leben.“

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