„Wir wollen eine Vorbildfunktion einnehmen“
Dr. Stephan Leithner ist Mitglied des Vorstands der Deutschen Bank in Frankfurt und verantwortlich für die Bereiche Compliance und Recht.
Der eingeleitete Kulturwandel ist in die „Strategie 2015+“ eingebettet. Wie soll die Bank am Ende des Weges strukturell und organisatorisch aussehen, wofür inhaltlich stehen?
Wir wollen die führende kundenorientierte globale Universalbank sein. Im Rahmen der „Strategie 2015+“ orientieren wir uns noch stärker an den Bedürfnissen unserer Kunden und bieten ihnen weltweit aus einer Hand alle wichtigen Produkte und Dienstleistungen. Wir stärken unser Kapital und reduzieren unsere Bilanz. Wir investieren in unsere Infrastruktur und verbessern unsere Systeme und Prozesse. Der Kulturwandel ist ein essenzieller Teil unserer Gesamtstrategie. Wir wollen uns als Vorreiter beim kulturellen Wandel in der Branche etablieren und damit auch eine Vorbildfunktion einnehmen.
Im Sommer vergangenen Jahres hat Ihr Haus sechs Maximen für zukünftiges Handeln definiert. Was steht im Alltag konkret hinter diesen ambitioniert formulierten Zielen?
Das möchte ich Ihnen exemplarisch an zwei Werten darstellen. Erstens: Integrität. Vor der Finanzkrise gab es eine lange Boomphase. Dabei ist es in der Finanzindustrie zu Exzessen und Übertreibungen gekommen. In Einzelfällen gab es gravierendes Fehlverhalten und inakzeptable Regelverstöße. Das hat den Ruf der gesamten Branche erheblich beschädigt, und es wird noch geraume Zeit dauern, bis das verloren gegangene Vertrauen zurückgewonnen ist. Persönliche Integrität ist von herausragender Bedeutung. Wir wollen das tun, was richtig ist.
Ihr langjähriger Vorstandschef Josef Ackermann sprach in diesem Kontext von einer rechtlichen und einer ethischen Komponente…
Jede unserer Entscheidungen müssen wir daran messen, ob sie auch in einer längerfristigen Perspektive die richtige ist. Insoweit hängt der Wert Integrität eng mit dem zweiten Wert zusammen, den ich herausstellen möchte: Kundenorientierung. Wir wollen für unsere Kunden ein fairer Partner sein und dürfen ihnen nur Produkte und Dienstleistungen anbieten, bei denen wir überzeugt sind, dass sie auch in der längerfristigen Perspektive wertschaffend sind.
Was heißt das konkret – verzichtet die Deutsche Bank etwa künftig auf Geschäfte, wenn sie diesen Kriterien nicht entsprechen?
Genauso ist es. Die Neuausrichtung hat zu deutlich strengeren Richtlinien geführt, wo und für welche Kunden komplexe Finanzprodukte angeboten werden dürfen. Zudem prüfen wir sehr viel gründlicher als früher, mit welchen Kunden wir in Geschäftsbeziehung treten.
Der Wandel der Deutschen Bank wird wiederholt von einer negativen Berichterstattung begleitet. Fühlen Sie sich diesbezüglich von Politik und Medien fair behandelt?
Uns war von Beginn an bewusst, dass der Kulturwandel kein Sprint sein wird, sondern ein Langstreckenlauf. Kultur ist ja nicht der Startpunkt, sondern das Ergebnis eines Entwicklungsprozesses. Auch wenn wir schon ein gutes Stück vorangekommen sind, müssen wir uns immer noch mit der Aufarbeitung von Altlasten auseinandersetzen. Dies führt naturgemäß auch zu Kritik, aber der stellen wir uns. Klar ist, es gibt zu dem eingeschlagenen Weg keine Alternative.