Das Sündenregister der Deutschen Bank
Er sei „betroffen im wortwörtlichen Sinne“, hatte Co-Vorstandschef Jürgen Fitschen betreten Ende vergangenen Jahres auf einer Veranstaltung in Berlin erklärt. Gemeint waren nicht nur die beiden Ermittlungsverfahren, die gegen den Deutschbanker persönlich liefen, sondern insbesondere eine nicht abreißende Kette vorsätzlicher Verfehlungen seines Hauses.
„Die Häufung der Dinge wird ein Gefühl vermitteln, das wir als Unbehagen bezeichnen müssen“, bilanzierte Fitschen. Wo immer es etwas zu verdienen gab, war die Deutsche Bank mit von der Partie, oft unter Beugung geltenden Rechts, stets unter Ausblendung aller ethischen Maßstäbe. Den Medienunternehmer Leo Kirch öffentlich diskreditiert, windige Hypothekendeals in den USA geschlossen, die Referenzzinssätze Libor und Euribor manipuliert, im Devisenhandel mit illegalen Tricks satte Gewinne eingestrichen ñ schon dieser kurze Ausschnitt aus einem langen Sündenregister zeugt von krimineller Energie. In Erwartung empfindlicher Strafzahlungen hatte die Bank allein bis Ende 2013 Rückstellungen von 4,1 Milliarden Euro gebildet.
Manches hat sich inzwischen erledigt, sei es durch einen Vergleich wie im Fall Kirch (rund 925 Millionen Euro) oder per Strafzahlung wie in Sachen Libor/Euribor (725 Millionen Euro). Bei der Deutschen Bank verweist man darauf, dass die meisten Vorfälle der Zeit vor der Finanzkrise zuzurechnen seien und man vor allem durch den eingeleiteten Kulturwandel im Haus die Weichen dafür gestellt habe, dass derlei Dinge nicht mehr vorkommen (können). Doch erstens war und ist das Institut auch nach 2008 in zweifelhafte Geschäfte verwickelt; so werden der Bank in Japan zwischen 2010 und 2012 reihenweise Verstöße gegen Anti-Korruptionsregeln vorgeworfen. Und bis heute unterhält sie einer Studie der Organisation „Facing Finance“ zufolge enge Beziehungen zu einer Vielzahl der ob ihres Business-Models oder Verletzung von Umwelt- und Sozialstandards global umstrittensten Unternehmen. Zweitens lässt es die Deutsche Bank an Konsequenz fehlen. So wird der Ausstieg von Ausstieg aus Agrarspekulationen („keine eindeutigen Beleg für Zusammenhang mit weltweitem Hunger“) kritisiert.
Zumindest Fitschen selbst scheint glimpflich davon zu kommen: Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München (Prozessbetrug im Kirch-Verfahren) dürfte er durch Zahlung einer Geldstrafe beenden. Und auch im Verfahren um betrügerische Umsatzsteuerkaruselle beim CO2-Rechtehandel (Staatsanwaltschaft Frankfurt) hat Fitschen begründete Hoffnung, sich freikaufen zu können. (bp)