adidas-Kommunikationschef Jan Runau zu Gast beim LPRS: Im Kamingespräch mit den Leipziger Studenten sprach Runau über Teamgeist beim Sportartikelhersteller, über die weltweite Markenkommunikation und wie es gelingt, internationale Taltente ins fränkische Herzogenaurach zu locken. Nach "Herzo-what!?"
Herr Runau, beim Sport geht es um Spaß und Erfolge, aber auch um Schweiß und Niederlagen. Was macht aus Ihrer Sicht die Sportartikelsparte in der Lifestyle-Branche so besonders und wie zeigt sich das in Ihrer Unternehmenskommunikation?
Runau: Was die Sportartikel-Branche auszeichnet, ist vor allem die Internationalität. Die großen Sportereignisse sind heute globale Plattformen. Wenn ich an die Fußballweltmeisterschaft denke, wenn ich an olympische Spiele denke, dann gibt es eigentlich keine anderen Ereignisse, die so eine große globale Wirkung haben. Für uns als Sportartikelhersteller sind das riesige internationale Plattformen, die wir nutzen, um unsere Produkte, unsere Konzepte und unsere Athleten darzustellen. Ich glaube, das ist die ganz besondere Attraktivität der Sportartikelbranche.
Sie sprechen die großen Bühnen an. Diese müssen mit großem Aufwand bespielt werden. Wie gestaltet sich vor diesem Hintergrund die Zusammenarbeit der Marketing- und der PR-Abteilung bei adidas?
Runau: Wir arbeiten mit allen Kollegen, die Kommunikation machen − auch Markenkommunikation − sehr intensiv zusammen. Wir in der Unternehmenskommunikation sind ja vor allem dafür da, das Unternehmen hinter den Marken darzustellen, das heißt das Unternehmen adidas in all sei-nen Facetten zu präsentieren. Das reicht von juristischen Fragen, über Themen der Produkther-stellung sowie Personalthemen, bis hin zu den Markenthemen, die einen großen Abstrahleffekt auf das Unternehmen haben. Das heißt, es gibt einen sehr intensiven Austausch zwischen uns und allen PR-Leuten der verschiedenen Marken. Wir haben außerdem ein hervorragendes Netz-werk von PR-Experten in unseren 170 Tochtergesellschaften und in allen wichtigen Märkten.
Nun haben Sie die Markenkommunikation schon kurz angeschnitten. Adidas vereint ja eine Vielzahl an Marken, bspw. adidas originals, Reebok, Taylor Made, um nur einige zu nennen. Im Fußball wären das die unterschiedlichsten Spielertypen in einem Kader. Wie meistern Sie die Markenkommunikation und wie ist diese organisatorisch in Ihrem Haus aufgehängt?
Runau: Die Markenkommunikation obliegt jeder Marke selbst. Wir in der Unternehmenskommu-nikation koordinieren das. Wir führen alles zusammen und suchen uns natürlich auch die Themen aus, die über die Bedeutung der einzelnen Marken hinausgehen. Ein gutes Beispiel dafür ist der Auftritt von adidas bei einer Fußballweltmeisterschaft. Das ist zunächst ein reines Markenthema. Allerdings sind Berichterstattung und Umsätze, die während eines solchen Turniers generiert werden, so bedeutend für die gesamte adidas Gruppe, dass wir derartige Events natürlich auch in der Unternehmenskommunikation sehr intensiv betreuen.
Daneben gibt es auch den umgekehrten Weg: Wir bearbeiten all die Themen, die um die Marken herum stattfinden, zum Beispiel juristische Fragen, Personalthemen, die Nachhaltigkeit in unserer Lieferkette usw. Es ist insgesamt ein sehr breites, interessantes Feld.
Nun von den Produktmarken zur Arbeitgebermarke: Anfang des Jahres startete die Employer-Branding Kampagne „
Makeyourmove“, die im Oktober mit dem Internationalen Deutschen PR-Preis ausgezeichnet wurde. Die adidas AG und ihre einzelnen Marken sind weltweit bekannt. Das Unternehmen belegt in zahlreichen Image- sowie Arbeitgeber-Rankings die Medaillenränge. Warum braucht Adidas so eine Kampagne?
Runau: Wir brauchen eine solche Kampagne, weil wir die Medaillenränge in Arbeitgeber-Rankings fast ausschließlich in Deutschland belegen. Dort sind wir sehr präsent, das ist unser Heimatmarkt. Hier denken viele Leute beim Wunscharbeitgeber automatisch an adidas. Das ist aber in anderen Ländern nicht so. Deswegen richtet sich die Kampagne vor allem an Leute, die aus anderen Ländern in die Konzernzentrale nach Herzogenaurach kommen sollen. Das ist eine Zielgruppe für unsere Kampagne.
Zweitens sind wir jedoch nicht der Wunscharbeitgeber in jedem speziellen Feld. Natürlich bekommen wir pro Jahr tausende von Bewerbungen für die Bereiche Marketing und Vertrieb, weil jeder bei dem Namen adidas AG an Marketing und Vertrieb denkt. Wir brauchen aber auch Spe-zialisten für andere Bereiche wie Personal, Finanzen, IT – Bereiche, in denen der Wettbewerb um Spezialisten viel größer ist. Auch an diese Zielgruppe wendet sich die Kampagne. Darüber hinaus wollen wir die Leute ans Unternehmen binden, die neben ihren Fachkenntnissen auch eine große Leidenschaft für den Sport und sportlichen Lifestyle mitbringen − das ist es, was adidas auszeichnet.
Die Microsite, die zur Kampagne geschaltet wurde, legt einen starken Fokus auf den Unternehmensstandort Herzogenaurach und dessen Umland. Werden Sie damit zum Botschafter für Franken? Und wie kam man darauf, dass der Standort der Knackpunkt beim Recruiting sein könnte?
Runau: Dass der Standort der Knackpunkt ist, wissen wir aus vielen Gesprächen mit potentiellen Bewerberinnen und Bewerbern. Das ist leicht nachzuvollziehen. Sehr wenige Menschen träumen davon ihr Leben in Herzogenaurach zu verbringen − gerade wenn sie nicht dort geboren oder aufgewachsen sind. Das heißt, wenn wir die Attraktivität unseres Standortes herausstellen wollen, dann müssen wir uns besonders anstrengen, um gerade im Ausland für uns Werbung zu machen. Natürlich ist das auch eine tolle Imagewerbung für Franken – keine Frage – weil wir sicherlich in der Metropolregion Nürnberg der internationalste, und modernste Arbeitgeber sind. Das eine ist von dem anderen nicht zu trennen.
Welche Kernwerte der Arbeitgebermarke soll die Kampagne außerdem noch vermitteln?
Runau: Der erste Schritt war es, alle Vorurteile über Deutschland, Franken und Herzogenaurach aufzuweichen und mit der Stimme unserer Mitarbeiter zu konterkarieren. Denn „Herzo-what!?“ hat als Arbeitsplatz sicher auch viel Schönes zu bieten. Heute setzen wir unsere Kampagne fort: Dafür haben wir eine sogenannte „Employee-Value-Proposition“ erarbeitet. Wir haben erfasst, was die Mitarbeiter aus verschiedensten Bereichen und Regionen daran schätzen, bei adidas beschäftigt zu sein. Dafür haben wir sie gefragt, was für sie die Attraktivität von adidas als Arbeitgeber ausmacht.
Das Ergebnis: Die Mitarbeiter schätzen besonders den sportlichen Lifestyle, den wir ihnen bieten. Sie wertschätzen es, dass in unsere Produkte noch echte Handwerkskunst einfließt und dass sie ihre Kreativität und Originalität einbringen können. Dass wir als internationales Unternehmen auch globale Karrieren zu bieten haben, ist ein weiterer Pluspunkt. Zudem haben die Mitarbeiter das Gefühl, dass wir alle eine große Familie sind. Die Grenzen zwischen Kollegen und Freunden verschwimmen. Das sind die fünf wesentlichen Dinge, die von den Mitarbeitern an uns zurückgespielt wurden und die wir in externe und interne Kommunikationsmaßnahmen für das Employer-Branding und Recruiting haben einfließen lassen.
Wenn die Employer-Branding Kampagne erfolgreich ist und die fünf Werte, die Sie angesprochen haben, nun neue Bewerber nach Herzogenaurach ziehen – wie viele Liegestütze müssen diese dann im Assesment Center schaffen? Und wie viele schaffen Sie selbst als Ex-Iron-Man Teilnehmer?
Runau: Ich glaube, dass ich relativ viele schaffen würde (lacht). Das ist aber natürlich kein Ein-stellungskriterium bei adidas. Wenn man bei uns in der Kommunikation anfangen will, dann muss man auch Aufgaben aus der Kommunikation lösen. Es kann schon sein, dass man innerhalb des Bewerbungsgesprächs einen Text schreiben oder eine schnelle Antwort auf Journalistenfragen finden muss – man wird mit Situationen konfrontiert, die aus dem täglichen Leben eines Kommunikators gegriffen sind. Einen Sporttest muss bei adidas niemand absolvieren.
Jan Runau ist seit 2006 Kommunikationschef bei adidas und arbeitet bereits seit 1991 im Unternehmen, das er Ende der 90er-Jahre für einen Abstecher zu Hugo Boss verließ. Interview: Silvia Constanze Zösch, Studentin Master Communication Management, Universität Leipzig