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News / Inflation der Kampagnenvorwürfe
Adrian Peter
25.11.2013   News
Inflation der Kampagnenvorwürfe
 
Adrian Peters Thesen zum Verhältnis von PR und Journalismus (10)
Laut Wikipedia wurde das Wort Kampagne im 17. Jahrhundert in der Bedeutung von „Feldzug“ in die deutsche Sprache übernommen. Seine Ursprünge liegen
im französischen campagne (Ebene) und im lateinischen Begriff campus, der ein (flaches) Feld beschreibt.

Investigativen Journalisten wird von Unternehmen gerne vorgeworfen, sie führten einen Feldzug. Dabei schwingen immer eine Reihe von Unterstellungen mit: Einen Feldzug führt man im Auftrag eines Herrschers, er richtet sich gegen einen Feind, den es am Ende zu vernichten gilt. Dahinter steht nicht selten die abenteuerliche Vorstellung, Redakteure säßen zusammen und überlegten sich, welches Unternehmen sie jetzt mal gezielt angreifen könnten, um es dann mit einer ganzen Berichtsserie zu beschädigen.


Wann die „Kampagne“ beginnt
Der Vorwurf der Kampagne wird geradezu inflationär eingesetzt: Vor allem dann, wenn sich ein Magazin erdreistet, mehr als einmal über ein Unternehmen zu berichten. Es gilt dann die Zählweise „1, 2, Kampagne“.

Die Wirklichkeit in den Redaktionen ist aber meist eine ganz andere: Ein erster Bericht führt meistens zu Reaktionen. Das Unternehmen wehrt sich, weitere Informanten wagen sich aus der Deckung, neue Vorwürfe werden laut. Über all das zu berichten ist legitim und hat mit einer Kampagne so gut wie nie etwas zu tun.

Doch häufig machen sich Unternehmenssprecher und Agenturen gar nicht mehr die Mühe, den Kampagnenvorwurf überhaupt zu untermauern. Mit dem Begriff wird so beliebig um sich geworfen, dass er längst völlig inhaltsleer geworden ist. Nahezu jedes Unternehmen über das ich in den vergangenen Jahren berichtet habe, hat mir vorgeworfen, dass ich eine gezielte Kampagne führe und zwischen den Zeilen unterstellt, ich schone die Konkurrenz oder sei gar in ihrem Sinne tätig.

Wenn die Berichterstattung dann die Konkurrenz traf, hieß es, es handele sich eben um eine Kampagne gegen die ganze Branche.


Meist unbegründeter Vorwurf
Den Kampagnenvorwurf – wenn er nicht wirklich begründet ist – können PR-Agenturen und Pressesprecher getrost aus ihrem Wortschatz streichen: Er ist so abgegriffen, dass er auch in der Öffentlichkeit nur noch gelangweiltes Gähnen hervorruft. Ein unbegründeter Kampagnenvorwurf fällt im Gegenteil sogar negativ auf das Unternehmen zurück: Er ist verräterisch, weil jedem sofort klar ist, dass sich das Unternehmen weigert, sich ernsthaft mit Vorwürfen auseinanderzusetzen und sich hinter einem abgegriffenen Kampfbegriff verschanzt. Das Unternehmen präsentiert sich der Öffentlichkeit als Opfer.
Auf Mitleid zu hoffen, statt selbstbewusst auf Argumente in der Sache zu setzen, ist als Strategie allerdings nie besonders überzeugend.

Mit dieser zehnten These endet Adrian Peters Serie über das Verhältnis von PR und Journalismus, jederzeit nachzulesen auf prreport.de unter dem Stichwort #petersthesen.
 

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