Agrarbranche geht in Klausur
Moderne Positionierung
Aktivität in der Landwirtschaftsecke: Offenbar sondierte die Branche zuletzt eine weitere Kooperative, um den Wind zu drehen, der hierzulande der Agrar- und Ernährungswirtschaft scharf ins Gesicht bläst. Die Rede ist derzeit von einem „offenen Denkkreis“, von der „Vorstufe einer Allianz“ sprechen andere hinter vorgehaltener Hand – öffentliche Worte aber scheuen alle ob des frühen Stadiums, in dem die Gespräche sind.
Als Treiber sitzen dem Vernehmen nach die großen Chemiekonzerne Bayer und BASF mit am Tisch, die am Anfang der landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette stehen, dazu zeige sich die sonst schweigsame Zuckerindustrie gesprächsbereit, heißt es. Einbinden will man auch den Lebenmitteleinzelhandel, konkrete Gespräche gab es etwa mit Rewe und Edeka. Den Gastgeber gibt die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), die als Verein bei ihren Mitgliedern immer wieder aktive und offene Kommunikationsarbeit anmahnt – insgesamt ist von knapp einem Dutzend Teilnehmern und Gästen die Rede, und zwar aus der Führungsebene.
Bislang, so heißt es, habe es eine Handvoll Termine gegeben. Zu einem Treffen Anfang Oktober waren auch Agenturen und Beratungsunternehmen geladen, um Analysen und Strategien zu präsentieren. „Dieser Branche ist aufgegangen, dass sie sich um ein modernes, um ein ehrliches Bild in der Öffentlichkeit bemühen muss“, sagt ein Teilnehmer der Runde. Von der romantisch-verklärten Idylle, welche die jahrzehntelange Werbekommunikation in den Köpfen von Verbrauchern hinterlassen hat, will man sich verabschieden; sie hat zuletzt den Argwohn kritischer Konsumenten, Medien und NGOs geschürt.
Gemeinsamer Nenner scheint ein langfristiger programmatischer Ansatz und inhaltliche Arbeit zu sein statt einer schnellen Kampagne oder gar aggressiver Lobbytätigkeit – und ein kleines Fragezeichen hinter der Arbeit des Vereins „Die Lebensmittelwirtschaft“, der seit Anfang des Jahres versucht, die Branche aus dem Imagetief zu ziehen.
Kein Geheimnis: Die Branche hatte eine schwungvollere Initiative erwartet, die den großen Kampagnen ihrer Kritiker Paroli bietet. Der Verein jedoch – finanziell schwach auf der Brust – elaboriert einen Ansatz, der auf Stakeholder zielt statt aufs breite Publikum.
Übrigens, erste Anerkennung wird dem Verein gutgeschrieben. Dem Vernehmen nach sitzt auch „Die Lebensmittelwirtschaft“ mit am Tisch, deren inhaltliche Vorarbeit will man nutzen. Es gehe „nicht um eine Konkurrenzveranstaltung, denn Nebenkriegsschauplätze nützen keinem“, heißt es. Idealerweise entstehe eine sinnvolle Ergänzung zum Verein „Die Lebensmittelwirtschaft“.
Konkrete Meilensteine, gar institutionelle Struktur oder eine Kampagne, sind bisher nicht verabredet. Wunschvorstellung: eine autonome Struktur, die sich von den Partikularinteressen einzelner Unternehmen emanzipiert, um flexibel und glaubwürdig handeln zu können.
Mit der konstruktiven „Denkrunde“ scheint der Samen gesetzt.