IDEG Informationsgemeinschaft Deutsches Geflügel: Für eine transparente Debatte
Projekt: Gesellschaftskommunikation für die deutsche Geflügelwirtschaft
Aufgabe: Wahrnehmung für die Leistung und die Botschaften der Geflügelwirtschaft schaffen, Versachlichung der emotional geführten Debatte, die Reputation gegenüber zentralen Stakeholdern schützen
Kunde: IDEG Informationsgemeinschaft Deutsches Geflügel, Berlin
Agentur: Edelman, Frankfurt
IDEG Informationsgemeinschaft Deutsches Geflügel Kaum eine Branche stand in den letzten Jahren so oft und so deutlich in der Kritik wie die deutsche Geflügelwirtschaft. Obwohl die deutschen Standards international Maßstäbe setzen, rückten immer wieder Vorwürfe mangelnden Tierschutzes in den Fokus der Öffentlichkeit und wurden symptomatisch für eine pauschale Kritik am „System“ eingesetzt. Die Reputation der Branche war signifikant in Gefahr. Gemeinsam mit der PR-Agentur Edelman hat es sich die deutsche Geflügelwirtschaft zum Ziel gesetzt, durch Transparenz Vertrauen zurückzugewinnen und durch Offenheit und Dialogbereitschaft eine neue Qualität in der Debatte um die Geflügelhaltung zu etablieren.
Aufgabenstellung
Die öffentliche Diskussion rund um die Haltung von Geflügel in Deutschland wird engagiert, aber ebenso einseitig geführt. Leistungen und Fortschritte der Geflügelwirtschaft sind kaum bekannt und kein Gegenstand der öffentlichen Debatte. Gleichzeitig wächst der Druck von Politik und Handel, NGOs mobilisieren die Öffentlichkeit für ihre Zwecke.
Gefragt war daher ein kommunikativer Ansatz, der
Aufmerksamkeit für die hohen deutschen Standards in der Geflügelhaltung schafft,das Vertrauen der Verbraucher stärkt und die Abgrenzung von Skandal-Bildern zu realen Bedingungen der Geflügelhaltung sicherstellt,die „Systemfrage“ umfassend beantwortet und Antworten auf die Zweifel an der modernen Nutztierhaltung findet,den Fortschritt der Branche in allen kontrovers diskutierten Bereichen darstellt und belegt, dass die Geflügelwirtschaft Fortschritt aktiv fördert.
Umsetzung
Mit der Entwicklung des strategischen Ansatzes, der Steuerung der daraus resultierenden kommunikativen Maßnahmen und zur kontinuierlichen strategischen Beratung beauftragte die IDEG Informationsgemeinschaft Deutsches Geflügel die PR-Agentur Edelman, die das Projekt aus Berlin steuerte: Corporate & Public Affairs, Bewegtbild- sowie Online- und Social Media-Aktivitäten wurden hier zentral zusammengeführt. Gemeinsam mit Edelman startete die Geflügelwirtschaft daraufhin eine umfassende Dialog- und Transparenzoffensive, deren Zielgruppe sich aus allen für die Branche relevanten Teilen der Gesellschaft zusammensetzte: Verbraucher, Meinungsführer, Politik, NGOs, Handel und Medien. Dabei setzten Edelman und die IDEG auf zwei getrennte Kampagnenstränge.
Zunächst wandte sich die Branche an Verbraucher:
In den Mittelpunkt der werblichen Kommunikation stellte die IDEG die rund 6.500 Geflügelhalter in Deutschland. Die Botschaft: Die Geflügelwirtschaft ist keine „anonyme Industrie“, sondern die Gemeinschaft von tausenden selbstständigen Landwirten, die sich Tag für Tag um ihre Tiere kümmern. Weiterhin schaffte die Branche Transparenz über Art und Weise der Erzeugung von Geflügelfleisch in Deutschland. Nur wenn Verbraucher genau wissen, wie Geflügelfleisch in Deutschland erzeugt wird, können sie vertrauen. So bietet der „interaktive Stallrundgang“ auf der Informationsplattform www.deutsches-geflügel.de einen Blick in einen echten Geflügelstall. Für den Rundgang wurde bewusst kein Modellstall ausgewählt, sondern ein repräsentativer Hähnchenstall eines echten Landwirts, durch den die Verbraucher dann online navigieren. Neben Transparenz setzt die Branche auf Dialog: Auf www.deutsches-geflügel.de wurde ein Dialog-Bereich eingerichtet, in dem die Branche Verbraucherfragen beantwortet.
Darüber hinaus wollte die IDEG eine ganzheitliche und inhaltlich tiefe Auseinandersetzung zur Geflügelhaltung in Deutschland anstoßen. Dafür entwickelte Edelman in Abstimmung mit der Branche „10 Thesen zur deutschen Geflügelwirtschaft“. Diese Thesen bieten Aussagen der Geflügelwirtschaft zu allen wichtigen Bereichen: Tierschutz, Kontrollen, Umweltschutz, Antibiotika, Verantwortung, Ernährung und Wirtschaftlichkeit. Zum einen sind die Thesen Ausdruck des Selbstverständnisses der Branche, vor allem aber wurden sie anschließend konsequent eingesetzt, um die Stakeholder direkt anzusprechen, eine Auseinandersetzung mit den Thesen anzustoßen und dann in einen sachlichen und konstruktiven Dialog zu überführen.
Im ersten Schritt wurden die 10 Thesen an relevante Stakeholder mit Schwerpunkt Politik und Medien versendet. Angehängt wurde ein Fragebogen, der Zustimmung oder Ablehnung der jeweiligen These abfragte. So konnte die IDEG nicht nur der Zielgruppe gegenüber ihre Thesen kommunizieren, sondern sich gleichzeitig ein Meinungsbild zu denselben verschaffen. Im nächsten Schritt sollten die Thesen auch der interessierten Öffentlichkeit, insbesondere Meinungsführern, Beobachtern und Kritikern der Branche, zur Diskussion gestellt werden. Hierzu wurde die Webseite www.geflügel-thesen.de auf den Weg gebracht, auf der die Thesen präsentiert, wissenschaftlich untermauert, erklärt und dann offen zur Diskussion gestellt wurden. Rund 1.000 Kommentare und weit über 2.000 „Likes“ für die Thesen zeigten, dass die Geflügelwirtschaft damit den Nerv der Menschen getroffen hat. Insbesondere wurde die Diskussion nicht von den Nutzern alleine geführt, sondern die Branche beteiligte sich aktiv mit über 300 eigenen Beiträgen an der Diskussion, um einen echten Dialog zu führen.
Neben der intensiv geführten digitalen Debatte hat die IDEG die kommunikative Klammer der 10 Thesen auch genutzt, um auf politischer Ebene zu kommunizieren. Neben Dialogformaten mit Bundestagsabgeordneten oder Stallbesuchen mit wissenschaftlichen Mitarbeitern des Bundestags konnte die Geflügelwirtschaft insbesondere durch eine offen geführte Diskussion bei wichtigen Stakeholdern überzeugen: „Ist Fleischkonsum heute noch zu verantworten?“, fragte die Branche beim „Zukunftsdialog der deutschen Geflügelwirtschaft“ in Berlin und lud 50 Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft ein, um diese Frage mit einem überwiegend branchenkritischen Podium zu diskutieren. Der Dialog um die 10 Thesen der deutschen Geflügelwirtschaft konnte erfolgreich sein, weil die Branche bewusst kritischen Themen nicht auswich, sondern sie aktiv und öffentlich zu debattieren begann. Dabei wurde im Laufe des Projekts eine Art der Kommunikation etabliert, die sich mit Kritik konstruktiv auseinandersetzt und gleichzeitig die Kommunikation selbst erfolgreich als reputationsbildenden Faktor für die Branche nutzt.
Ergebnisse
Auf Verbraucherseite schafft es die deutsche Geflügelwirtschaft zunehmend, kritische Inhalte im Netz in ein realistisches Verhältnis zu realen Gegebenheiten zu bringen. Die Online-Angebote stellen ein stark genutztes Informationsangebot für Verbraucher dar, um einen realistischen Eindruck von moderner Geflügelhaltung zu gewinnen: 14.000 Aufrufe in vier Wochen für den Stallrundgang und knapp 30.000 Views für die Videos von „Geflügel.TV“ zeugen von großem Interesse.
Auf Seite der Stakeholder hat die deutsche Geflügelwirtschaft nachdrücklich ihre Positionierung als dialogbereite, fortschrittliche Branche stärken können. Multi-Stakeholder-Formate wie der „Zukunftsdialog“ werden sowohl von politischen Gegnern als auch Fürsprechern für ihre Offenheit gewürdigt. Die Ehrlichkeit und das Engagement, mit denen sich die Branche der Debatte stellt, stärken das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der deutschen Geflügelwirtschaft und schützen trotz nach wie vor kritisch geprägten medialen Umfeldes die Reputation dieses wichtigen Zweiges der deutschen Ernährungswirtschaft gegenüber zentralen Stakeholdern.
Der Autor
Dr. Thomas Janning ist Geschäftsführer des Zentralverbands der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) und zugleich Geschäftsführer der seit dem Jahr 2010 aktiven IDEG Informationsgemeinschaft Deutsches Geflügel GmbH.