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Melanie Schyja
22.07.2013   News
"Fotos funktionieren besser als Bewegtbild"
 
Für Deutschlands zweitgrößte Fluggesellschaft Air Berlin verantwortet Melanie Schyja (Foto), 34, seit 2011 die Auftritte auf Facebook, Twitter & Co. Im Interview berichtet sie über Bereitschaftsdienst, verborgene Pinnwände und Air Berlins unwiderstehlichste Attraktion - die Currywurst.

Germanistikstudium, Abschlussarbeit über die Rolle der Frau in Wolfram von Eschenbachs mittelhochdeutschem Versroman "Parzival" - eigentlich ideale Voraussetzungen für eine Laufbahn als Aushilfe in Studentenkneipen. Was ging schief, Frau Schyja?

Melanie Schyja
: Im Gegenteil, es lief erstaunlich gut. Bei der Jobvermittlung beschied man mir nach dem Germanistik-Studium: "Hoffnungslos." War es aber gar nicht. Noch bevor ich mein Abschlusszeugnis in der Hand hielt, hatte ich meinen ersten Job, zunächst als PR-Managerin, dann als Pressesprecherin der Euroweb-Group in Düsseldorf, die Internetauftritte für kleine und mittlere Unternehmen erstellt. Später kam der Aufbau einer Online-Redaktion hinzu. Eine Erfahrung, die mir heute zugutekommt.

Denn seit 2011 sind Sie Leiterin Online & Social Media bei Air Berlin. Was bewog Sie zum Wechsel? Air Berlins "Sansibar"-Currywurst?

Ich liebe diese Currywurst, aber die hatte ich damals gar nicht auf dem Schirm. Mich reizte das Unternehmen. Und die Stadt. Darum bewarb ich mich auf eine Online-Ausschreibung. Eigentlich ging es um eine andere Stelle, aber die war schon besetzt. Der Social-Media-Job hingegen war noch gar nicht ausgeschrieben und daher vakant.

Und da sagten Sie: "Auch okay."

Ich sagte: "Liebend gern." Das Social Web war für mich ja kein Neuland. Ich war 17 oder 18 und ging noch zur Schule, auf ein Erzbischöfliches Gymnasium in Düsseldorf, als ich mich erstmals einer Community anschloss.

Lassen Sie uns raten: ein Online-Gebetskreis katholischer Jungfrauen?

Nein, eine Community mit Veranstaltungstipps der Region und einer rudimentären Chatfunktion. Das Modem quiekte und rauschte, und bis sich eine Seite aufgebaut hatte, konnte man sich in Ruhe einen Tee kochen. Als StudiVZ in den Markt eintrat, war ich schnell mit einem Profil vertreten. Hinzu kamen Twitter, Xing, Linkedin und natürlich Facebook, das ich nach wie vor am liebsten und intensivsten nutze. Alle Kanäle nutze ich natürlich auch, um Air Berlin-Content zu multiplizieren, der für meine Kontakte interessant sein könnte.

Das wird den Chef freuen. Apropos: Wer ist Ihr Chef?

Berichtspflichtig bin ich der Bereichsleitung für Unternehmenskommunikation, mit der ich mich täglich austausche. Was jedoch nicht bedeutet, dass ich Postings zur Freigabe vorlege. Mein Team arbeitet eigenverantwortlich. In heiklen Fragen holen sich die Online-Redakteure von mir erst grünes Licht, bevor sie etwas ins Netz stellen. In Krisenfällen gelten einheitliche Sprachregelungen in der externen Kommunikation, die wir teilweise in den Sozialen Netzwerken sprachlich auf die Zielgruppe zuschneiden.

Mit Sozialen Netzwerken meinen Sie wahrscheinlich Facebook...

Genau.

... Twitter...

Richtig.

... YouTube...

Auch.

... Google+...

Nein, aber Instagram. Und Xing und Linkedin nutzt Air Berlin intensiv für Stellenanzeigen. Zurzeit suchen wir zum Beispiel einen Online-Redakteur.

Mit besonderer Vorliebe für "Parzival"? Oder für Currywürste?

Vorzugsweise für Facebook, Twitter, YouTube und Instagram. Und mit der Offenheit für Bereitschaftsdienst. Das vierköpfige Team ist 24/7 erreichbar, am Wochenende muss zumindest einer morgens und abends die Lage in den Sozialen Netzwerken checken. Erst kürzlich hatten wir den Fall, dass sich ein Fluggast auf Facebook beschwerte und dabei gehörig im Ton vergriff, zugleich hat die Person mit ihrer Formulierung gegen unsere Netiquette verstoßen. Um eine Eskalation zu vermeiden, haben wir das auf die verborgene Pinnwand verschoben. Für die Beschwerdeführerin und Leute, die das bis dato kommentierten, waren die Postings und unsere Antwort noch sichtbar, nicht aber für die übrige Community.

Aufreibend, oder? Wünschen Sie sich bisweilen, Sie hätten sich doch lieber als Aushilfe in Studentenkneipen verdingt?

Überhaupt nicht. Den Alltag dominieren freundliche User. Wenn wir etwa Fotos von Flugzeugen auf Facebook posten, sind viele oft aus dem Häuschen. Ein schöner Türöffner, um Themen zu platzieren. Funktioniert besser als Bewegtbild. Wir informieren zudem über Appetitanregendes wie die neuen Snacks aus der Sylter "Sansibar", die wir seit Mitte Juni an Bord servieren. Und wir veranstalten natürlich Gewinnspiele.

Worauf freuen Sie sich auf dem Flug in den Urlaub mehr: auf die "Sansibar"-Snacks oder die Auszeit von Facebook & Co.?

Die Snacks sind eher eine Entschädigung für die Auszeit über den Wolken. Länger als einen Langstreckenflug nämlich halte ich es ohne Social Media nicht aus.

Seit 2011 leitet Melanie Schyja, 34, neben ihrer Funktion als Sprecherin für Marketing- und Vertriebsthemen den Bereich Online & Social Media bei der Fluggesellschaft Air Berlin. Die Germanistin, die im Nebenfach Informationswissenschaften studierte, kam von der Düsseldorfer Euroweb-Gruppe, wo sie ab 2008 Presse und PR betreute.

Interview: Martin Bell
Social-Media-Manager: Was sie können, sollen dürfen - ihr Berufsbild ist noch undefiniert. Bislang erschienen Kurzinterviews unter anderem mit Thomas Mickeleit (Microsoft Deutschland), Jochen Mai (Yello Strom), Kristin Hentschel (Otto-Versand), Indra Zemzoum (Axel Springer Verlag), Ferdinand von Reinhardstoettner (Telefónica Germany), Anna Ermann (Playmobil), Melanie Gömmel (WWF) und David Görges (Borussia Dortmund). Zuletzt: Corinna Conradi (Deutsche Bank).
 

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