Eine ethische Grundhaltung ist nicht nur reputationsbildend, sie wird geradezu von Stakeholdern vorausgesetzt. Eine fehlende ethische Grundhaltung führt zum Verlust des Vertrauens in die Führungskräfte mit in der Folge direkte Auswirkungen auf die interne Moral der Mitarbeiter, auf die Kundenloyalität und damit auf die gesamte Wertschöpfung eines Unternehmens.
Während die Ethik das Wie unternehmerischer Handlungen definiert, liefern die moralischen Grundsätze das Warum. Damit werden beide zu einer wichtigen Aufgabe der Unternehmenskommunikation, die in einem Klima von Vertrauen stattfinden und der Glaubwürdigkeit nicht nur die Inhalte, sondern auch die kommunikative Beweisführung erbringen muss.
In der unternehmerischen Praxis gehen Ethik und moralische Grundsätze immer wieder gerne verloren: Spekulationen mit Anlegergeld, hohe Bonuszahlungen bei gleichzeitig hohen bilanziellen Verlusten, Fremdenhass, Doktorarbeiten ohne korrekte Quellenangaben, unzeitgemäßer rigider Führungsstil, fürstliche Abfindungen sind einige Beispiele, wie schnell ethische und moralische Grundsätze in Vergessenheit geraten können. Beispiele hierfür finden sich regelmäßig in der Wirtschaftspresse und in Online-Foren. Die Offenlegung von Gehaltsstrukturen und die dadurch entstandene Transparenz haben an dieser kritischen Einstellung bislang recht wenig verändert.
Lügen, bis sich die Balken biegenUnkorrektes oder unmoralisches Verhalten bleibt dank dem Medium Internet nur selten dauerhaft verborgen und nur wenige haben auf diese neu geschaffene Transparenz eine professionelle Antwort. Im Gegenteil: Auf die Tat folgt dann auch in der Regel schnell das Wort: Leugnen bis der öffentliche Druck zu groß wird - oder die Wahrheit ans Licht kommt.
Lügen gehört anscheinend unweigerlich zur Krise dazu. Offenbar kommt die heutige Leistungsgesellschaft nicht ohne diese verbalen Ungenauigkeiten aus. Peter Stiegnitz, Soziologe auf dem Gebiet der Mentiologie - der Lehre der Lüge - an der Universität Wien, behauptet gar in einem Zeitungsinterview, der Mensch beginne bereits mit dem sechsten Lebensjahr zu lügen - bis zum vorletzten Atemzug. Und dazwischen lüge der Mensch bis zu 200 Mal am Tag!
Sowohl Führungskräfte als auch die Unternehmenskommunikation nehmen eine Vorbildfunktion ein, die sich idealerweise bedingungslos an den unternehmerischen und gesellschaftlichen Werten und Moralvorstellungen orientieren und damit einen verbindlichen Handlungsrahmen schaffen und auch kommunizieren. Transparenz führt zu Glaubwürdigkeit und Vertrauen.
"There is no school for CEOs - except the school of experience. Chief executives must learn on the job how to lead a company, and they must learn while every stakeholder is watching." Auch wenn dieses Zitat aus der Harvard Business Review bereits aus dem Jahr 1996 ist, so hat insbesondere die Tatsache, dass ein CEO nicht nur den Erwartungen unterschiedlichster Stakeholder entsprechen muss, sondern auch jeder seiner Entscheidungen transparent und nachvollziehbar ist, nichts an Aktualität verloren.
Kein Tag vergeht ohne Nachrichten aus den Vorstandsetagen. Die Reputation und der Erfolg eines Unternehmens hängen von einer Vielzahl von Faktoren ab. Doch nichts scheint so reputationswirksam wie das Auftreten und Wirken des CEO, seines Teams und seiner Führungskräfte. Ob Produktrückrufaktionen, Aktienspekulationen, Strategieverfehlungen, Entlassungen, Standortschließungen oder auch die Präsentation eines erfolgreichen Jahresergebnisses: Es ist nicht die Krise an sich, sondern der Umgang damit.
Auf die Akzeptanz von Strategie, Maßnahme und Botschaft übt der Vorstand einen erheblichen Einfluss aus. Durch sein Auftreten und sein der Öffentlichkeit vermitteltes Bild gibt der CEO dem ansonsten abstrakten, anonymen Unternehmen ein Gesicht und personifiziert die definierten Werte und Visionen. Aufgrund dieser Personifizierung stehen sein Ansehen und das des Unternehmens in enger Wechselbeziehung zueinander.
Erlernbare Kompetenzen: Kommunikation und BeziehungspflegeZweifellos verfügt der Vorstand einer Organisation über eine hohe reputative Wirkung - nach innen wie nach außen, positiv wie negativ. Eine Organisation ist zunächst etwas Anonymes, das erst durch die Auftritte des Vorstands und der Führungskräfte in der Öffentlichkeit personifiziert wird. Es spielt nicht nur der finanzielle Erfolg eine Rolle, den der Vorstand verantwortet, sondern seine Visionskraft, sein strategischer Weitblick und sein beobachtbares Verhalten in und außerhalb von Krisen bestimmen wesentlich die Gesamtbeurteilung der unternehmerischen Reputation. Dabei kommt seinen Kommunikationsfähigkeiten eine besondere Bedeutung zu. Ist es doch genau diese Kompetenz, die glaubhaft und für jede Stakeholder-Gruppe, individualisiert über die Leistungsfähigkeit des Unternehmens informiert.
Der CEO ist zum obersten Erwartungs- und Kommunikationsmanager geworden - online wie offline, in und außerhalb von Krisen. Keiner kann wie er glaubwürdig für Identität und Werte des Unternehmens stehen, nachhaltig soziales und gesellschaftlich relevantes Engagement in die Unternehmensstrategie einbauen. Keiner scheint wie er durch sein öffentliches, jederzeit beobachtbares Persönlichkeitsprofil die Reputation des Unternehmens nach innen und außen gestalten zu können. Sind denn diese komplexen Anforderungen von einer einzigen Person überhaupt zu leisten?
Sicher ist: Proaktives und strategisches Reputation Management unterstützt den CEO gezielt in seiner Innen- und Außenwirkung als Führungs- und Verantwortungsfigur und Vertrauensträger. Die "Personenmarke "CEO" sollte eng mit der strategischen Steuerung der Unternehmensmarke koordiniert werden und deren Werte, Kernbotschaften und Leistungen vermitteln. Der CEO muss vor allem glaubwürdig, konsequent und transparent agieren, seine Worte in nachvollziehbare und messbare Taten umsetzen - stets unter kritischer Beobachtung der Stakeholder.
Als die am häufigsten von den Journalisten/Analysten genannten Kommunikationsfehler auf Seiten der Geschäftsführer und Vorstände waren nach einer Studie von Claudia Wüst & Partner aus dem Jahr 2011:
1) Widersprüche zwischen Worten und Taten,
2) Bagatellisierung gravierender Ereignisse und
3) arrogantes Auftreten in den Medien.
Die Erwartungen der Stakeholder an einen Vorstand, seine Haltung und Handlung, an seine Kommunikationsfähigkeit sind aktuell vielfältig und hoch. Es wird daher im Ermessen des Vorstandes selbst liegen, inwieweit er seine Reputations-Verantwortung nach innen und außen wahrnimmt. Positiv- wie Negativ-Beispiele gibt es zuhauf, letztendlich geht es jedoch stets auch um die persönliche Reputation des CEO, die wiederum und idealerweise in Übereinstimmung mit der Identität, den Werten und dem Image des Unternehmens steht.
Cornelia Wüst ist Beraterin für Reputation Management und Kommunikation in München und Salzburg. Zudem ist sie Mitglied der Redaktion des PR-Journals und dort verantwortlich für das Ressort "Reputation Management". In vorerst vier Gastbeiträgen stellt sie hier die Fragen nach Reputationstreibern. Teil 1 behandelte die Frage,
wie Reputation Werte schafft, Teil 2,
wie Mitarbeiter zum USP im Wettbewerb werden und Teil 3,
wie CSR auf die Reputation einzahlt. Weitere Infos zum Thema bietet der von ihr aktuell herausgegebene
Sammelband Corporate Reputation Management, in dem sie auf die verschiedenen Facetten eines langfristig angelegten und ganzheitlichen Reputationsprozesses eingeht.