Wissen ist Macht – und Vertrauenssache
Adrian Peters Thesen zum Verhältnis von PR und Journalismus (6)
Erfahren Pressesprecher und PR-Berater wirklich alles, was sie wissen sollten? Gelegentlich kann man als sich als investigativer Journalist nur wundern, wie wenig Vertrauen mancher Sprecher im eigenen Unternehmen geniest. In Krisensituationen erfahren sie – so der Eindruck – nur häppchenweise, worum es eigentlich geht und können daher das Unternehmen in der Öffentlichkeit nur unzureichend vertreten. Oft wissen investigative Journalisten mehr. Sie haben interne Quellen, Informanten, Dokumente über Missstände, die Pressesprecher nicht haben, weil sie im eigenen Laden ja nicht investigativ arbeiten können.
Umso selbstverständlicher wäre es, dass Vorstände, Inhaber oder andere Mächtige des Unternehmens ihre Pressesprecher genauestens briefen würden: Über den tatsächlichen Missstand, bisherige Lösungsansätze und Verantwortlichkeiten. Bei Rechtsstreitigkeiten würde jeder seinen Anwalt vollständig ins Bild zu setzen, um mit ihm eine effiziente Strategie zu entwickeln. Doch im Umgang mit Pressestellen ist das offenbar längst nicht immer so. Da werden Pressesprecher mit leicht zu widerlegenden Lügen gefüttert, müssen ihre Aussagen scheibchenweise korrigieren oder werden damit abgespeist, dass alles was der Journalist zu berichten gedenkt, ohnehin gelogen oder Teil einer üblen Kampagne ist. Nur: Warum geben Unternehmen Geld für Pressesprecher und externe Berater aus, wenn sie ihnen nicht vertrauen?
Dafür gibt es mehrere Gründe. Der wichtigste ist Eitelkeit. Selbst im eigenen Unternehmen will kein Chef derjenige sein, der einen Missstand zu verantworten hat. Auch intern werden Skandale gerne heruntergespielt. Schließlich wäre es ja auch ein Eingeständnis des eigenen Scheiterns, der Presseabteilung die ganze Wahrheit aufzutischen. Es geht darum, die Deutungshoheit zu behalten und von eigenem Fehlverhalten abzulenken. Gerade patriarchalisch auftretende Inhaber sehen es oft überhaupt nicht ein, untergeordnete Stellen – wie Pressestellen – an ihrem „Herrschaftswissen“ teilhaben zu lassen.
Dazu kommt die Sorge, durch zu viele Mitwisser erpressbar zu werden. Anwälte haben eine Schweigepflicht. Aber kann man einer PR-Agentur vertrauen, dass sie wirklich dicht hält? Die Krise als boshafte Kampagne von außen darzustellen, erscheint da günstiger. Zumal diese Strategie einen weiteren Vorteil bietet. Wenn das Unternehmen öffentlich am Pranger steht, kann man einen Pressesprecher oder den Berater feuern und das Debakel als Kommunikationsproblem darstellen. Gerade für diese zweite Verteidigungslinie ist es hilfreich, wenn der Sprecher nicht allzu tief mit Firmeninterna vertraut ist oder gar über die kompletten internen Unterlagen zu einem Vorgang verfügt. Auf seine Loyalität kann man dann schließlich nicht mehr bauen.
Die Folge ist, dass Unternehmen mit ihren Argumenten in der Öffentlichkeit oft nicht durchdringen und unglaubwürdig erscheinen. In einer solchen Situation viel Geld auszugeben, um positive Kampagnen über Youtube-Kanäle, Facebook und Twitter zu starten, hat oft keinen Effekt mehr. Wenn das Unternehmen zentralen Vorwürfen keine echten Argumente entgegensetzt, wirken sie nur als hilflose Ablenkungsmanöver.
Peters Thesen
Zehn Thesen zum Verhältnis von Journalismus und PR hat Adrian Peter aufgestellt, CvD bei der SWR-Sendung Report Mainz. Hier präsentiert er seine sechste These, vier weitere stellen wir in loser Reihe vor – und freuen uns über Beifall oder Gegenrede, auf Ihren Kommentar per Mail, auf prreport.de oder bei Facebook, Google+ oder Twitter!