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News / Die ehemals schärfste Waffe: Der Staranwalt
Adrian Peter
27.03.2013   News
Die ehemals schärfste Waffe: Der Staranwalt
 
Adrian Peters Thesen zum Verhältnis von PR und Journalismus (3)

Es gab Zeiten, da erzitterte jede Redaktion, wenn ein Fax mit dem Briefkopf
einer Anwaltskanzlei eintraf: Gegendarstellung, strafbewährte Unterlassung, Schadenersatz. Redaktionsleitern wurde schwindlig und der Journalist, der den Beitrag produziert hatte, geriet schnell in den Verdacht, einen gravierenden Fehler gemacht zu haben.

Warum ist das heute nicht mehr so? Zuletzt haben die Versuche von Unternehmen, kritische Berichterstattung mittels Anwälten zu verhindern, derart Überhand genommen, dass in den Redaktionen und den juristischen Abteilungen inzwischen eine gewisse Gelassenheit herrscht. Natürlich ist jedes Schreiben Anlass, noch einmal genau zu prüfen, ob nicht wirklich ein Fehler oder eine Rechtsverletzung vorliegt. Grund zur Aufregung ist das früher gefürchtete Anwaltsschreiben aber längst nicht mehr.


Selbst eingebrockt
An dieser Entwicklung haben die „Starkanzleien“ und Ihre Auftraggeber selbst den größten Anteil. Wurden früher Anwälte eingeschaltet, weil sich ein Unternehmen tatsächlich in seinen Rechten beschädigt gesehen hat, ist inzwischen das Abmahnen und Unterlassung fordern zum Ritual geworden. Es geht dabei oft längst nicht mehr um Inhalte. Häufig greifen Kanzleien ja überhaupt nicht mehr den Kern der kritischen Berichterstattung an, sondern scannen (die Ewigkeit des Internet macht es möglich) einen Text solange durch, bis sie irgendeine angreifbare Formulierung gefunden haben, gegen die sie vorgehen können, ob sie in der Sache relevant ist – nebensächlich!

Es gibt Unternehmen, von denen Redaktionen wissen, dass es eine juristische Auseinandersetzung geben wird, wenn sie über sie berichten – egal was sie berichten und egal, wie sorgfältig sie ihre Vorwürfe recherchieren. Hier wird der Rechtsbeistand als Drohkulisse missbraucht, um unbequeme Berichte zu verhindern, nach dem Motto: Mit meinem Staranwalt werde ich’s denen schon zeigen! Eine Allmachtsfantasie, die oft an der Realität vorbeigeht.

Manche Kanzlei ist inzwischen so dreist, bereits auf Rechercheanfragen mit einer Klage auf Unterlassung und Schadenersatz zu drohen. Wie absurd das ist, ahnen die Anwälte offenbar selbst: Die Schreiben sind dann meist mit einem Hinweis versehen, dass es verboten wäre, sie zu veröffentlichen. Dass es weder für das eine noch für das andere eine Rechtsgrundlage gibt, verschweigen sie ihren Auftraggebern offenbar. Anders ist es nicht zu verstehen, warum ein Unternehmen für solch einen Unsinn Geld ausgeben sollte.


Neue Solidarität
Im Ergebnis hat der inflationäre Einsatz juristischer Mittel zu einer Solidarisierung zwischen Justiziaren und Redaktionen geführt. Denn auch die Rechtsabteilungen der Verlage und Sender haben erkannt, dass die wenigsten Vorwürfe juristische Substanz haben.

Die Zeiten, in denen Namen wie Schertz, Prinz oder Scheuerl noch für Angst und Schrecken gesorgt haben, sind Vergangenheit – auch wenn Anwälte Unternehmen gerne im eigenen Interesse in diesem Glauben lassen.

Peters Thesen
Zehn Thesen zum Verhältnis von Journalismus und PR hat Adrian Peter aufgestellt, CvD bei der SWR-Sendung Report Mainz. Hier präsentiert er seine dritte These, sieben weitere stellen wir in loser Reihe vor – und freuen uns über Beifall oder Gegenrede, auf Ihren Kommentar per Mail, auf prreport.de oder bei Facebook, Google+ oder Twitter!
 

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