Bundesverband der Hörgeräte-Industrie: Deutschland horcht auf
Projekt: Kampagne „Ear Fidelity“
Aufgabe: Imagewandel für Hörgeräte,
Positionierung als High-Tech-Produkte. Mehr Aufmerksamkeit für das Thema
„Hören“ in der Öffentlichkeit schaffen.
Kunde: Bundesverband der Hörgeräte-Industrie (BVHI)
Agentur: Fink & Fuchs PR, Wiesbaden
Einer Studie zufolge hören mehr als zehn Millionen Menschen in Deutschland schlecht. Dennoch wird darüber nicht gern gesprochen: „Hörminderung“ gilt als altersbedingtes Leiden und Hörgeräte werden als unattraktive, medizinisch indizierte Hilfsmittel wahrgenommen. Um mit den Vorurteilen über Hörgeräte aufzuräumen und Betroffene sowie deren Umfeld über das Thema Hören aufzuklären, hat der Bundesverband der Hörgeräte-Industrie (BVHI) gemeinsam mit Fink & Fuchs Public Relations die mit dem Internationalen Deutschen PR-Preis ausgezeichnete Kampagne „Ear Fidelity“ ins Leben gerufen.
Aufgabenstellung
Das Thema „Hören“ wurde lange Zeit in erster Linie mit Behinderung in Verbindung gebracht und erfuhr in der breiten Öffentlichkeit nur wenig Aufmerksamkeit. Zugleich wurde unterschätzt, wie viele Menschen in allen Altersgruppen nicht optimal hören. In der Konsequenz war auch weitgehend unbekannt, dass sich Hörsysteme in den vergangenen Jahren zu kleinen, leistungsfähigen und optisch unauffälligen High-Tech-Geräten entwickelt haben. Während Brillen heute als ausgesprochenes Fashion-Statement gelten, werden Hörgeräte eher peinlich berührt verborgen. Eine Berichterstattung jenseits – zumeist bezahlter – Branchenpublikationen fand kaum statt. Vor diesem Hintergrund entschied sich der BVHI (damals noch „Vereinigung der Hörgeräte-Industrie“) Ende 2010, einen Imagewandel einzuleiten, dem Thema in der Öffentlichkeit mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen und Hörsysteme angemessen zu positionieren.
Umsetzung
Die strategischen Ziele der Kampagne waren die Schärfung des öffentlichen Bewusstseins für die Themen Hören und Hörminderung sowie die Positionierung von Hörgeräten als High-Tech-Systeme. Als zentraler Absender wurde der BVHI als Stimme der Branche aufgebaut. Als wichtigste Mittlerzielgruppe sollte die technologieaffine Bevölkerung zwischen 25 und 50 Jahren gewonnen werden.
So bildete im Zeitraum von Oktober 2010 bis Februar 2011 der Markenaufbau für den neuen Verband den Ausgangspunkt der Kampagne. Um sich von der Vorgängerorganisation „Vereinigung der Hörgeräte-Industrie“ abzugrenzen, wurde die Institution in den „Bundesverband der Hörgeräte-Industrie“ umgewidmet. Entwickelt wurden ein neues Logo, der Claim „Hören ist High Tech“, eine neue Wort- und Bildsprache sowie ein dezidierter Farbcode. Die neue Verbands-Webseite www.ear-fidelity.de dient seither als zentraler Anlaufpunkt für alle Fragen rund um Hören, Hörminderung und Hörtechnologie. Das neue Corporate Design unterstützt optisch die definierten Markenwerte High Tech, Innovation, Kompetenz, Know-how und Kommunikation.
An der Konferenz zur Vorstellung des neuen Verbands im Februar 2011 in Berlin nahmen 30 Branchen- und Medienvertreter teil, darunter die dpa. Zudem wurden neueste Studienergebnisse zur Situation des Hörens in Deutschland und zur technologischen Entwicklung von Hörsystemen vorgestellt. Die Veranstaltung bildete so den Auftakt der Kampagne „Ear Fidelity“ und stimmte die Akteure der Branche auf den Imagewandel ein.
Im August 2011 initiierte der Bundesverband die regionale Marketing-Aktion „Hören ist High Tech“: Zehn Tage lang zierten drei Imagemotive hoch frequentierte Plätze in den zehn größten Städten Hessens. Die rund 130 ansässigen Hörakustiker bekamen Marketing-Materialien an die Hand und per Materndienst wurde ein Artikel über Hörminderung und Hörgeräte in hessischen Tageszeitungen verbreitet. Nach vier Wochen erreichte die Aktion knapp eine Million Kontakte. Gleichzeitig unterstützte sie die Vermittlung der Botschaften zum Imagewandel an die Hörakustiker, die als einziger Absatzkanal der Industrie für Hörsysteme eine wichtige Mittlerzielgruppe des Verbandes darstellen – mit dem Ziel, auch sie als Verbündete zu gewinnen.
Die Internationale Funkausstellung (IFA) in Berlin bildete einen weiteren Meilenstein der Kampagne. Die Messe gilt als zentrale Plattform für die Präsentation technologischer Neuheiten für den Konsumentenmarkt und eignete sich ideal, um Aufmerksamkeit für innovative Hörgeräte zu generieren und die Mittlerzielgruppe zu erreichen. Da das Thema jedoch relativ neu und die Konkurrenz durch attraktive technologische Neuheiten wie Fernseher und Smartphones groß war, wurde zum einen eine Kooperation mit dem Messeveranstalter initiiert und zum anderen eine Reihe aufmerksamkeitsstarker Aktionen umgesetzt. Die Kooperation war äußerst ertragreich, denn in der gesamten Kommunikation vor und während der Messe wurde immer wieder von der Messegesellschaft auf die innovative Technologie von Hörsystemen hingewiesen. Etwa 10.000 Messebesucher besuchten den Stand, wo unter anderem Showacts, Hörtests und Fotoshootings lockten. Zudem wurde in Zusammenarbeit mit Mitgliedsunternehmen eine Pressekonferenz veranstaltet und in Panel-Diskussionen auf dem Stand über aktuelle Themen im Bereich Hörtechnologie debattiert. Abgerundet wurde das Gesamtpaket vom Besuch der Technik-Botschafterin „Miss IFA“ am Stand, was zusätzliche Aufmerksamkeit auf den Verband lenkte.
Eine weitere Säule der Kampagne war und ist der bundesweite „Tag des Hörens“. Im Rahmen des ersten Aktionstages am 23. November 2011 boten über 630 Hörakustiker Hörtests an und ermöglichten ihren Kunden so, sich mit dem eigenen Hörsinn und dessen Bedeutung im Alltag auseinanderzusetzen. Gleichzeitig fand in Berlin unter der Schirmherrschaft von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr eine Themenkonferenz mit 25 Branchenvertretern und Journalisten statt.
2012 baute der Verband die Aktivitäten aus: Ergänzend zum erneuten IFA-Messeauftritt wurde zum zweiten „Tag des Hörens“ die Aktion „Deutschland macht den Hör-Check!“ ins Leben gerufen. Dazu wurden im Vorfeld des „Tag des Hörens“ Menschen bundesweit aufgerufen, an kostenlosen Hörtests bei Hörakustikern teilzunehmen. Auf einer Microsite konnten sich Hörakustiker für die Teilnahme registrieren und an der Teilnahme interessierte Menschen einen Hörakustiker in ihrer Nähe finden. Die Ergebnisse wurden zum Tag des Hörens veröffentlicht. Um den innovativen Charakter der Branche zu verdeutlichen, wurden zudem Flashmobs unter dem Motto „Ich geHÖRE daZU!“ in München, Berlin und Hamburg an belebten Orten organisiert. Die Flashmobs sorgten nicht nur für ansprechendes Bildmaterial, sondern fanden auch in Social-Media-Kanälen Aufmerksamkeit.
Während des gesamten Kampagnenzeitraums wurden kontinuierlich Kommunikationsanlässe zur Ansprache der Presse geschaffen. Schwerpunkt für das Themenmanagement bildeten dabei insgesamt vier repräsentative Befragungen zum Thema „Hören“, bei denen Bundesbürger zu ihrer Einstellung und alltäglichen Berührungspunkten mit Hörminderung und Hörtechnologie befragt wurden.
Ergebnisse
Mit der Kampagne „Ear Fidelity“ ist es gelungen, Hörgeräte als High-Tech-Produkte für Journalisten berichtenswert zu machen. Auch jüngere Menschen wurden erreicht, wie der Erfolg auf der IFA zeigt: 2012 erhöhte sich durch Einbeziehung der Facebook-Seite „Ear Fidelity“ während der IFA die Zahl der Fans um 2.800. Der Auftritt führte in beiden Jahren zu einer umfangreicheren Beschäftigung mit den Themen Hören, Hörsinn und Hörtechnologie, wodurch immer mehr Journalisten aus verschiedenen Mediengattungen und -formaten auf die Themen aufmerksam wurden. Bis November 2012 wurden mit über 1.600 Presseberichten über 135 Millionen Kontakte in Print, Radio, Online, Fernsehen erreicht. Nachdem zuvor praktisch keine Beschäftigung stattfand, wurde seit 2011 somit jeder Bundesbürger statistisch betrachtet mindestens einmal mit dem Thema konfrontiert.
Der Autor
Hans-Peter Bursig ist Vorsitzender des Vorstands des Bundesverbandes der Hörgeräte-Industrie. Zudem leitet er das Kompetenzzentrum Gesundheitswirtschaft des Elektronikindustrieverbands ZVEI.