Dachverband der Apotheker spielt auf Zeit
Datenklau Im Bundesgesundheitsministerium
Drei Monate nachdem der „Maulwurf“ im Bundesgesundheitsministerium (BMG) bekannt wurde, droht die Affäre im Sande zu verlaufen. Im November war ein externer IT-Mitarbeiter im Berliner Ministerium aufgeflogen. Er soll über Jahre hinweg vertrauliche Daten kopiert und an einen Branchenlobbyisten verkauft haben. Es handelt es bei letzterem angeblich um Thomas Bellartz, bis Spätsommer 2011 Leiter Gesamtkommunikation der ebenfalls in Berlin ansässigen Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (Abda).
Obwohl die Abda von dem Vorfall mittelbar betroffen ist und der Verdacht mitschwingt, sie vertrete die Interessen der rund 59.000 Apotheker in Deutschland per Scheckbuch, hat die Spitzenorganisation bisher nichts zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen.
Eine Mitte Dezember gegründete, ausschließlich mit eigenem Personal besetzte Arbeitsgruppe sollte unter anderem den Umgang mit Kontakten zu Behörden prüfen, einen Abda-Compliance-Beauftragten ernennen und einen Berater hinzuziehen, der die Prozesse begleitet.
„Wir wollen mit unserem Handeln maximale Transparenz herstellen“, hatte der seit Anfang des Jahres amtierende Abda-Präsident Friedemann Schmidt damals bekräftigt. Bis dato entsteht eher der Eindruck, als wolle der Lobbyverband die Affäre aussitzen – und bei der Aufarbeitung verstrickt sich die Abda wiederholt in Widersprüche. So will die Vereinigung mit dem Datenklau im BMG offiziell nichts zu tun haben, eine Kernaufgabe der Taskforce „Verbands-Compliance“ ist aber, das Verhältnis der Abda zu den Ministerien zu klären.
Entscheidender wäre, die bis 2011 erfolgten Geldflüsse an mit Bellartz verbundene Firmen aufzudecken, darunter die von seiner Ehefrau geführte Agentur El Pato und deren Online-Portal „Apotheke adhoc“. Auch die avisierte Compliance-Offensive stockt: Im Januar ließ Abda-Sprecher Florian Martius wissen, man habe einen Experten verpflichtet, um nun auf Nachfrage einzuräumen, dass der Vertrag erst jetzt aufgesetzt wird: „Wir gehen davon aus, dass der externe Compliance-Berater noch diesen Monat mit der Arbeit beginnt.“
Martius selbst wird das Apothekerhaus in der Jägerstraße zum 1. April 2013 nach nur 15 Monaten wieder verlassen. Mit ihm tritt der vierte Abda-Sprecher in sieben Jahren ab – umso überraschender, als der gelernte TV-Journalist zugleich Mitglied der sechsköpfigen Arbeitsgruppe ist, die im Zuge der Datenklau-Affäre initiiert worden war. Martius nennt für seine Entscheidung familiäre Gründe. Insider wollen zudem eine gewisse Amtsmüdigkeit erkennen. Der 48-Jährige habe sich in dem schwerfälligen Apparat aufgerieben, heißt es.
Die Suche nach dem Nachfolger läuft, doch in der BMG-Affäre ist die Abda schon jetzt verstummt. Trotz staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen gegen ihn verweigert auch Ex-Sprecher Bellartz eine Stellungnahme, „da mir und meinem Anwalt bis heute leider keine Akteneinsicht gewährt wurde“. (bp)