"Wir wollen externe Medien nicht ausgrenzen"
Stefan Mennerich, Direktor Medienrechte und Neue Medien beim FC Bayern, über die strategische und inhaltliche Ausrichtung von FCB.TV, dem offiziellen Bewegtbildangebot des Vereins.
Der FC Bayern liefert den Medien jeden Tag Stoff für Geschichten. Seine Spiele flimmern über alle Bildschirme. Weshalb braucht es da noch Ihr vereinseigenes Online-Angebot FCB.TV?
Stefan Mennerich: Wir wollen unsere Fans direkt informieren und ihnen Inhalte bieten, von denen wir denken, dass sie von Interesse für sie sind und einen Mehrwert zum Angebot der externen Medien schaffen.
Worin besteht denn dieser Mehrwert, wenn ein Spieler im Video von seiner Verletzung berichtet oder man sich die Highlights der jüngsten Partie nochmals anschauen kann? Das alles ist doch auch in anderen Medien verfügbar.
Mennerich: Für die Fans des FC Bayern besteht der Mehrwert schon allein in der Tatsache, dass wir ihnen Bewegtbild-Informationen bieten. Außerdem lassen sich unsere Inhalte zeitsouverän nutzen und wir zeigen in den Highlights alle Tore des FC Bayern - angefangen vom Freundschaftsspiel in Ismaning bis zur Champions-League-Partie gegen Valencia. Unser Kamerateam ist immer dicht bei der Mannschaft, wir berichten aus erster Hand und haben natürlich einen ganz besonderen Zugang zu Spielern, Trainern und Klubverantwortlichen. Wir berichten aber auch über Themen, die eher für unsere Fans wichtig sind und bei externen Medien weniger Anklang finden. So berichten wir beispielsweise auch über Besuche bei Fanclubs, stellen das "Team hinter dem Team" vor oder machen ausführliche Live-Chats mit unseren Spielern.
Die Bayern polarisieren wie kein anderer Fußballverein in Deutschland und sind immer wieder Gegenstand kritischer Medienberichte. Soll FCB.TV einen eigenen Medienkosmos schaffen, in dem sich Ihr Verein von störenden Außengeräuschen abschirmt und nur seine eigene Fan-Community im Auge hat?
Mennerich: Sie glauben doch nicht, dass sich negative Berichterstattung der klassischen Medien mit eigenen Medien überspielen lässt. Da unterschätzen Sie die Kollegen. Wir wollen die externen Medien auch nicht ausgrenzen. Im Gegenteil: Uns ist an einer Koexistenz zwischen ihnen und unseren Clubmedien sehr gelegen. FCB.TV versteht sich als zusätzliches Angebot, das in Symbiose zu anderen Medien funktioniert.
Heißt das, Sie verzichten auf eigene exklusive Berichte, um Bild, tz und Co. nicht zu verärgern?
Mennerich: Keiner unserer Spieler ist gezwungen, als erstes mit FCB.TV zu reden. Unser Trainingsgelände steht externen Medienvertretern offen wie nirgendwo sonst - national und international. Wir bieten den klassischen Medien zum Beispiel tägliche Pressekonferenzen, -gespräche und Einzelinterviews. Der FC Bayern bietet allen eine sehr offene Medienpolitik an.
Wie ist Ihr Bewegtbildangebot in die sonstige Kommunikation des FC Bayern eingebettet?
Mennerich: Auch hier ist FCB.TV eine wunderbare Ergänzung zu den klassischen Kommunikationsmöglichkeiten wie Pressekonferenzen, Presseerklärungen oder Interview unserer Spieler und Klubverantwortlichen.
Vor wenigen Wochen haben Sie Ex-Sky-Mann Dieter Nickles als Moderator für FCB.TV gewonnen. Er soll Formate für Sie entwickeln und das neue Gesicht Ihres Angebots werden, hieß es in Medienberichten. Wie weit sind die Pläne gediehen?
Mennerich: Wir haben Dieter Nickles nicht verpflichtet, damit er neue Formate entwickelt. Er wurde verpflichtet, um unsere FCB News zu moderieren und redaktionell zu begleiten. FCB News ist das neueste Format von FCB.TV.
Die allermeisten Unternehmensmedien kommen kostenlos zu Kunden, Mitarbeitern oder zu wichtigen Entscheiderzielgruppen. Bei FCB.TV müssen die Fans hingegen ein kostenpflichtiges Abo abschließen, wenn sie Höhepunkte der Spiele zeitversetzt sehen wollen. Welches Geschäftsmodell steckt dahinter?
Mennerich: Die Regularien der Deutschen Fußball Liga (DFL) und der Uefa schreiben uns dieses Bezahl-Modell vor. Es hat den Zweck, die Inhaber von teuren Übertragungsrechten vor Konkurrenz durch die Vereine zu schützen. Wir bemühen uns darum, das Angebot so günstig wie möglich zu halten. Seit dem Start im Jahr 2004 verlangen wir dafür nur drei Euro im Monat, obwohl wir die Inhalte seither immer weiter ausgebaut haben. Kein anderer Bundesliga-Verein bietet das so günstig an wie wir.
Wie viel von den Abo-Erlösen dürfen Sie behalten und reicht das Geld, um FCB.TV zu refinanzieren?
Mennerich: FCB.TV wirtschaftet kostendeckend. Die Abo-Erlöse dürfen wir komplett behalten. Weitere Einnahmen erzielen wir durch Werbung bei FCB News, dort ist Bwin unser Partner. Der Verkauf von Bewegtbildinhalten an ausländische TV-Stationen stellt eine weitere Umsatzquelle für uns dar.
Wie stark wird Ihr Bewegtbildangebot genutzt?
Mennerich: Die News erzielen pro Sendung bis zu 200.000 Abrufe netto; zur Zahl der Abos machen wir keine Angaben.
Stefan Mennerich ist Direktor Medienrechte, Neue Medien und IT beim FC Bayern. Der Diplom-Kaufmann wirkt seit 1997 beim Bundesliga-Rekordmeister und arbeitete zuvor als freier Mitarbeiter bei der Münchner "Abendzeitung".
Interview: Guido Schneider