Kunden verstehen die Positionierung ihrer eigenen Bank nicht
Deutschlands private Bankkunden sind unzufrieden und wechselwillig wie nie zuvor - vor allem die Kunden von Großbanken. Einer der Gründe: Kunden verstehen das Leistungsversprechen ihrer Bank nicht. Was diesen Banken entgehen kann: An zufriedenen Kunden würden sie rund 70 Prozent mehr verdienen, hat die Unternehmensberatung Bain ermittelt.
Schlechteste Branchenwerte
Der von Bain über alle Banken hinweg erhobene Net Promoter Score (NPS) zur Messung der Kundenzufriedenheit liegt aktuell bei minus 13 Prozent - und damit so tief wie noch nie. Der Zorn der Kunden trifft der Studie zufolge vor allem deutsche und ausländische Großbanken, deren NPS minus 27 Prozent beträgt. Das Resultat: 40 Prozent der Großbanken-Kunden sind der Studie zufolge wechselbereit.
Zum Vergleich: Der NPS der Autoindustrie liegt derzeit bei plus 23 Prozent.
Unscharfe Positionierung
Die Autoren sehen dafür zwei Gründe: Viele Kunden verstehen die Positionierung und das Leistungsverspreche der eigenen Bank nicht. Zudem klafft eine enorme Lücke zwischen ihren eigentlichen Bedürfnissen und dem tatsächlichen Angebot.
Kunden wollen der Studie zufolge eine qualitativ gute und vertrauensvolle Beratung, einhergehend mit zuverlässigem und empathischem Service. Erst an zweiter Stelle stehe der Preis - "hier spielt eine einfache, transparente und ehrliche Preispolitik die entscheidende Rolle", schreiben die Autoren.
Was begeisterte Kunden wert sind
Der zentrale Ansatzpunkt für die Stärkung des Retail-Banking liege deshalb in der Begeisterung der bestehenden Kunden: Besonders zufriedene Kunden (Promotoren) halten im Durchschnitt rund 30 Prozent mehr Produkte bei einer Bank als kritische Kunden. Diese Promotoren bleiben einer Bank auch durchschnittlich 1,2 Jahre länger treu als Kritiker. Und während Fans ihre Bank fast dreimal pro Jahr einem Freund oder Bekannten weiterempfehlen, tun das Kritiker kaum. Gerade die Weiterempfehlung spielt bei der Bankwahl mit einem Anteil von bis zu 40 Prozent über alle Sektoren hinweg eine immer stärkere Rolle.
Diese Faktoren führen der Studie zufolge zu höheren Einnahmen: Während ein loyaler Beratungskunde seiner Bank im Jahr durchschnittlich 704 Euro Ertrag einbringe, verdiene das Institut mit einem Kritiker lediglich 455 Euro. Ein treuer vermögender Privatkunde bringe Erträge von durchschnittlich 1.706 Euro pro Jahr, ein Kritiker nur 1.067 Euro.
Woran Banken arbeiten sollten
Zu den von den Autoren genannten Erfolgsfaktoren, um die Zufriedenheit der Kunden zu steigern und nachhaltig profitables Wachstum zu generieren, zählt eine klare "Positionierung und Emotionalisierung der Marke". Derzeit attestieren die Autoren den Großbanken ein "unscharfes Leistungsversprechen": Auf die Frage, welche Schlagwörter sie mit ihrer Bank verbinden, antworteten Kunden von Großbanken meist "Bank" und "groß". Sparkassen und Genossenschaftsbanken werden als "freundlich" und "zuverlässig" bezeichnet, Direktbanken haben mit "günstig", "modern", "schnell" das schärfste Profil.
Die repräsentative Studie "Was Bankkunden wirklich wollen" basiert auf 2.855 Interviews, die Bain & Company im Frühjahr 2012 mit Kunden aller großen deutschen Finanzinstitute geführt hat.